Wir berichten
Was man 1892 vom "Turnen" hielt
[Online seit 29.05.2017]
Im „Schatzkästlein vom guten Rat“ ( Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart , Berlin, Leipzig, 1892) lesen wir:
„Für ältere Kinder bietet das Bewegungsspiel in seinen zahlreichen Variationen das trefflichste Mittel der Muskelübung. Es sollte besonders auch im schulpflichtigen Alter, von Knaben sowohl als von den Mädchen mit Fleiß geübt werden. Während vieler Stunden des Tages sind sie gezwungen, ruhig zu sitzen, zahlreiche Muskeln in Unthätigkeit zu halten und wenig gute Luft einzuatmen. Deshalb ist es nötig, dass sie nach Beendigung der Unterrichts-
zeit gehörig in freier Luft sich tummeln, alle Muskeln des Körpers gleichmäßig gebrauchen und so die unvermeidlichen Nachteile der Schule möglichst ausgleichen. Allerdings gibt die letztere auch Gelegenheit zum Turnen. Aber so hoch man diese Muskelübung auch schätzen muss, so ist sie für sich allein doch nie und nimmer ausreichend. Kann es denn genügen, wenn ein Schulkind zweimal in der Woche eine Schulstunde am Turnunterricht teilnimmt? Nein, täglich soll es mehrere Stunden hindurch seine Muskeln üben.
Der Jüngling wird sich wie das Schulkind durch Turnen die nötige Übung schaffen können. Das Velociped (Fahrrad)fahren dient gleichfalls zur Übung des Muskelsystems. Weil es aber anstrengender, sollte es mit Maaß und nur von denen betrieben werden, die frei von Herz- oder Lungenfehlern sind.
Auch für den geistig tätigen Menschen ist eine solche regelmäßige Musekelübung vollends ein Bedürfnis, da sie die beste Erholung für das ermüdete Gehirn ist.
Würden die Leibesübungen von jung und alt mehr und systematischer betrieben, als dies bisher der Fall war, so hörten wir viel seltener die Klagen über allgemeine Schwäche, über Schlaffheit und mangelhafte Elastizität und das frühzeitige geistige Erlahmen des Körpers, wie des Geistes. Wir sind speziell überzeugt, dass die Blässe, die Energielosigkeit und das frühzeitige geistige Erlahmen so vieler Schüler der höheren Lehranstalten zum großen Teile dadurch bedingt ist, dass vom Tage des Eintritts in die Schule, die Muskelübungen so gut wie ganz aufhören. Auch Blutarmut und die Schwäche unserer Mädchen und Jungfrauen in den Städten sind zweifellos sehr wesentlich durch den fast absoluten Mangel an jenen Übungen hervorgerufen.
Die Sonntagsruhe ist notwendig. Der Mittagsschlaf ist für Jünglinge und jüngere Erwachsene entschieden unzuträglich. Ein altes Sprichwort sagt: „Nach der Mahlzeit sollst du stehen oder tausend Schritte gehen!“ Schwächliche und ältere Personen bedürfen aber eines Ausruhens nach der Mittagsmahlzeit. Wird es ihnen unmöglich gemacht, so leidet darunter die körperliche und geistige Elastizität.“
Philipp Bickle
„Für ältere Kinder bietet das Bewegungsspiel in seinen zahlreichen Variationen das trefflichste Mittel der Muskelübung. Es sollte besonders auch im schulpflichtigen Alter, von Knaben sowohl als von den Mädchen mit Fleiß geübt werden. Während vieler Stunden des Tages sind sie gezwungen, ruhig zu sitzen, zahlreiche Muskeln in Unthätigkeit zu halten und wenig gute Luft einzuatmen. Deshalb ist es nötig, dass sie nach Beendigung der Unterrichts-
zeit gehörig in freier Luft sich tummeln, alle Muskeln des Körpers gleichmäßig gebrauchen und so die unvermeidlichen Nachteile der Schule möglichst ausgleichen. Allerdings gibt die letztere auch Gelegenheit zum Turnen. Aber so hoch man diese Muskelübung auch schätzen muss, so ist sie für sich allein doch nie und nimmer ausreichend. Kann es denn genügen, wenn ein Schulkind zweimal in der Woche eine Schulstunde am Turnunterricht teilnimmt? Nein, täglich soll es mehrere Stunden hindurch seine Muskeln üben.
Der Jüngling wird sich wie das Schulkind durch Turnen die nötige Übung schaffen können. Das Velociped (Fahrrad)fahren dient gleichfalls zur Übung des Muskelsystems. Weil es aber anstrengender, sollte es mit Maaß und nur von denen betrieben werden, die frei von Herz- oder Lungenfehlern sind.
Auch für den geistig tätigen Menschen ist eine solche regelmäßige Musekelübung vollends ein Bedürfnis, da sie die beste Erholung für das ermüdete Gehirn ist.
Würden die Leibesübungen von jung und alt mehr und systematischer betrieben, als dies bisher der Fall war, so hörten wir viel seltener die Klagen über allgemeine Schwäche, über Schlaffheit und mangelhafte Elastizität und das frühzeitige geistige Erlahmen des Körpers, wie des Geistes. Wir sind speziell überzeugt, dass die Blässe, die Energielosigkeit und das frühzeitige geistige Erlahmen so vieler Schüler der höheren Lehranstalten zum großen Teile dadurch bedingt ist, dass vom Tage des Eintritts in die Schule, die Muskelübungen so gut wie ganz aufhören. Auch Blutarmut und die Schwäche unserer Mädchen und Jungfrauen in den Städten sind zweifellos sehr wesentlich durch den fast absoluten Mangel an jenen Übungen hervorgerufen.
Die Sonntagsruhe ist notwendig. Der Mittagsschlaf ist für Jünglinge und jüngere Erwachsene entschieden unzuträglich. Ein altes Sprichwort sagt: „Nach der Mahlzeit sollst du stehen oder tausend Schritte gehen!“ Schwächliche und ältere Personen bedürfen aber eines Ausruhens nach der Mittagsmahlzeit. Wird es ihnen unmöglich gemacht, so leidet darunter die körperliche und geistige Elastizität.“
Philipp Bickle