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Die Währungsreform von 1948

[Online seit 03.12.2012]

Die Abbildung zeigt eine Lebensmittelkarte von 1946 aus dem Buch " 700 Jahre Reilingen", S.335
Die Abbildung zeigt eine Lebensmittelkarte von 1946 aus dem Buch " 700 Jahre Reilingen", S.335
"Jetzt isch unnsa Geld schunn widda vareckt!" (Teil 1)
1948 wohnte ich als 7jähriges als Kind in der Reilinger Ziegelgasse. Eines Morgens trat unsere Nachbarin, Frau Hoffner, von der Staffel auf die Straße und rief meinem Vater zu. " Martin, jetzt isch unnsa Geld schunn widda vareckt!" Ungläubig fragte ich meinen Vater, wieso Geld "verrecken" könnte. Nun ja, die ältere Generation hatte 1923, nach dem verlorenen 1. Weltkrieg, eine Inflation erlebt, bei der viele Sparer ihr Geld einbüßen mussten. In vielen Familien hatte man die wertlosen Millionengeldscheine noch aufbewahrt, und meine Großmutter Lina hatte mir oft die Redensart " Millione unn Milliarde, hewwä ma all schunn g´hadde!" vorgesagt. Was war aber 1948 geschehen?

Nach dem Krieg waren viele Waren knapp oder nur in geringer Qualität und Quantität und nur mit "Marken" oder "Bezugsscheinen" zu erhalten. Anstelle der wertlosen Reichsmark wurde mit "Zigarettenwährung" bezahlt. Viele "Hamsterer" aus den Städten und Dörfern fuhren zum Bauer auf das Land, um dort z. B selbstgedrehte Zigarren oder andere Wertgegenstände gegen Nahrung ( Mehl, Schinken, Speck , Öl u. a. ) einzutauschen. Mir gedenkt noch, wie mein Vater eines Abends aus dem Jourdan-Bus stieg, der damals über Nacht im Spritzenhaus in der Kirchenstraße stationiert war, und im Hamsterer-Rucksack einen kräftigen " Keitel" (dickes Stück) eines Schwarzbrotes und ein Stück Schinken mitbrachte, die er für selbstgemachte , unverzollte Zigarren ("Schlottel") auf dem
Schwarzmarkt beim Bauern im Bauland eingetauscht hatte.
Bereits 1947 hatte man in Amerika, heimlich und gut gehütet, neues Geld für Westdeutschland gedruckt. Am Wochenende, freitags nach Bankenschluss (am 18. Juni 1948) gaben die Militärregierungen über alle Rundfunksender bekannt, dass am Sonntag, dem 20. Juni 1948 die Währungsreform durchgeführt werde, bei welcher jeder Bürger zunächst 40 D-Mark "Kopfgeld" gegen alteReichsmark umtauschen könne. Am nachfolgenden Samstag waren die meisten Geschäfte wegen "Krankheit", "Umbau" oder ähnlichen Gründen geschlossen. Löhne und Gehälter würden im Verhältnis 1:1, Sparguthaben aber im Verhältnis 1:10 umgewertet. Eindeutige Verlierer waren also die Sparer und Besitzer von Bargeld. Wer Sachwerte ( Haus, Vieh, neue Schuhwaren oder Textilien gehortet hatte, war über Nacht reich. In den nachfolgenden Tagen gab es plötzlich in den Geschäften wieder Waren für neues Geld zu kaufen. Ein Schelm, der Schlechtes denkt, warum es kurz vorher fast nichts mehr zu kaufen gab. Bald darauf wurden auch die Marken und Bezugsscheine abgeschafft. Ludwig Erhard verkündete: "Der einzige Bezugschein ist jetzt die Deutsche Mark!" Bald sollte eine Zeit kommen, die später den Namen "Deutsches Wirtschaftswunder" bekommen sollte. Die Reilinger Bürgerin Anna Heilmann geb. Althaus (1907 geboren) schreibt in ihrem Tagebuch am 20. Juni 1948: " Heute ist "Währungsreform", das heißt "Inflation". Das Geld ist von 10 RM (Reichsmark) auf 1 DM (Deutsche Mark" zurückgeschmolzen. Alles Geld ist beschlagnahmt. Der Staat nahm alles an sich; man konnte nichts mehr kaufen."
(Fortsetzung folgt demnächst)

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