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Erinnerungen an den alten Kirchendiener Jakob Zahs (geb. 1858 in Neulußheim, verstorben 1939 in Reilingen ) (Teil 3)

[Online seit 01.08.2022]

(Nach den 36 Seiten im kleinen Büchlein in deutscher Schrift von Otto Braun
aufgeschrieben!)
Im August 1939 wurde der evangelische Pfarrer Otto Braun zu den Soldaten eingezogen. (Erst im Jahre 1947 kam er aus der Kriegsgefangenschaft wieder zurück als Reilinger Ortspfarrer!) Am 1. September 1939 überfiel das nationalsozialistische Deutschland das Nachbarland Polen und der Beginn des Zweiten Weltkrieges war entstanden. Viele Gemeinden sind damals verwaist, weil Otto Braun und viele andere Pfarrer als Soldaten ins Feld ziehen mussten.
Kirchendiener Zahs wartete 1939 auf den Urlaub von Pfarrer Braun der in der Kompanie auf der Insel Sylt stationiert war. Der „feldgraue“ Pfarrer Otto Braun und seine Frau besuchten an den Sterbenden an seinem Bett. Er erkannte den Pfarrer und begrüßte ihn mit brüchiger Stimme. Er schlug seine müden Augen auf und reichte dem Pfarrer mit leuchtenden Augen seine Hand. Am andern Tage fand ein häusliches Abendmahl statt. Nach einer schweren Nacht, sagte er am drittletzten Tag zu seiner treuen Gefährtin: „Heute mach ich noch eine weite Reise!“. „Wohin“ fragte sie. „Nach Jerusalem!“, sagte er und war still eingeschlafen. Nun ward er im Ziel! (verstorben am 7.11. 1939).


Foto von Fritz Kief des Pfarrers Hermann (kath. Pfarrer in Reilingen, 1922 bis 1942, gest. 1945 in Buchen)
Foto von Fritz Kief des Pfarrers Hermann (kath. Pfarrer in Reilingen, 1922 bis 1942, gest. 1945 in Buchen)

Eine große Trauergemeinde hatte sich vor dem Sterbehause versammelt. Jeder hatte den treuen Alten gerngehabt. ‘‘Der Kirchenchor, der Männergesangverein gaben ihrem, jahrzehnte langen Sangesfreund das letzte Geleit. Als sich der Trauerzug in Bewegung setzte, mischte sich plötzlich in den hellen Klang des Beerdigungsgeläutes der evangelischen Kirche, der tiefe Ton der Totenglocke vom katholischen Kirchturm. Die katholische Schwestergemeinde entbot dem entschlafenen Kirchendiener ebenfalls ihren letzten Gruß. „Es tut mir sehr leid“, hatte Pfarrherr Hermann zum evangelischen Amtskollegen Braun gesagt, „dass ich morgen Mittag nicht hier sein kann. Ich wäre sehr gern mitgegangen zu seinem Grabe. Wissen Sie, wir sind dem alten Zahs viel dank schuldig. Wenn ein Glockenseil gerissen war, wenn die Turmuhr stehen blieb, immer war er da und half. Als unsere katholische Orgel umgebaut wurde, hat er für drei Wochen sein eigenes Harmonium in unsere Kirche gestellt. Darum soll ihm auch unsere Totenglocke läuten, als kleines Zeichen unserer Dankbarkeit.

Der Leichenzug bog in das Friedhoftor ein. Das Lied des Kirchenchors klang nach Gemeinde-brauch grüßend über Leichensteine und frischaufgeworfenen Erdhügel hinweg:
„Ich weiß, dass über allem Staube der Letzte, mein Erlöser lebt!“
In lauschendem, und undächtigem Schweigen stand die dunkle Menge der Trauergemeinde um das Grab gedrängt. Über die offene Gruft und den schwarzen Sarg klang aus dem Mund des „feldgrauen“ Pfarrers wie eine Deutung des Lebens das uralte Wort der Gottessehnsucht und der Freude zum Heiligtum aus dem 84. Psalm: „Meine Seele verlanget und sehnet sich nach den Vorhöfen des Herrn! Ich will lieber der Türe hüten in meines Gottes Haus, denn wohnen in der Gottlosen Hütten! Wohl denen, die in deinem Hause wohnen, die loben Dich immerdar!“

Phillip Bickle
Fotos: Phillip Bickle

Titel des Buches mit Schrift zum Büchlein von Otto Braun.
Titel des Buches mit Schrift zum Büchlein von Otto Braun.
Kirchendiener Jakob Zahs mit Anna im Fenster und Johann Bickle mit Frau Lenchen (Bild um 1925).
Kirchendiener Jakob Zahs mit Anna im Fenster und Johann Bickle mit Frau Lenchen (Bild um 1925).

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