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Fronleichnamsprozessionen in früherer Zeit
[Online seit 07.06.2021]
Fronleichnamsprozessionen in früherer Zeit
In den fünfziger Jahren feierten die Reilinger Katholiken in reichlichem Ausmaß den Fronleichnamstag. Am Donnerstag 60 Tage nach Ostern ist „Fronleichnam“. Schon lange vorher wurden in den Wohnungen die Heiligenbilder geputzt, die Heiligenfiguren und die Kruzifixe vorbereitet, denn sie sollten ja am Fronleichnamstage auf der Prozessionsstrecke zum festlichen Umzug bereit sein. Die Wandbehänge wurden fein gebügelt und gestärkt. Schon Tage vorher hatte man geschaut, wo sich roter Klatschmohn oder andere farbige Feldblumen befanden, welche man brauchte, um einem bunten Blumenteppich auf die Straße zu legen. Die Musiker der Blaskapelle übten Fronleichnamslieder.
In aller Morgenfrühe des Fronleichnamstages wurde fleißig gewerkelt und gebaut. Hoffentlich würde das Wetter mitmachen! Regen und Sturm konnte man nicht brauchen! Die im Wald frisch geschlagenen Buchenzweige, wurden zur Ausschmückung der Häuserfront verwendet. Die Familien, welche einen Prozessionsaltar aufbauten, brauchten auch Tannen- oder Birkenreisig. Die Fahnenstangen wurden an den Obergeschossen angebracht und bald flatterten die gelbweißen Flaggen entlang des Prozessionsweges durch die Kirchenstraße, den vorderen Teil der Wilhelmstraße, über die Hockenheimer Straße, bis hin zur Hauptstraße, am Rathaus entlang und zurück bis zur Wendelinskirche.
Mit auf dem Umzug war der „Himmel“ (ein Stoffbaldachin, getragen von Männern des Stiftungsrates). Unter dem „Himmel“ schritt, wie heute in Reilingen wieder üblich der Priester mit einer „Monstranz“ und der konsekrierten Hostie. Unter Gesang und feierlichen Gebeten zog der Festzug dann zu den bis zu vier Stationen („Altären“), an welchen ein Abschnitt aus dem Evangelium vorgetragen wurde. Dazu wurden auch Fürbitten ausgesprochen. Beim Umzug läuteten auch die Glocken der Kirche. Beim Umzug dabei waren auch die Kommunionskinder, der Cäcilienchor, die Reilinger Schwestern (Kindergarten- und Krankenschwestern) und andere kirchliche Gruppierungen. Oft wurde auch auf einem Tragegestell eine Prozessionsheiligenfigur mitgeführt.
Zurück in der Kirche feierte man dann den Abschluss der Prozession mit dem „Tantum ergo“ und dem Te Deum“.
Die heutige Sinngebung der Prozession geht in der Regel vom Bild des „wandernden Gottesvolkes“ aus, dessen Mitte Christus ist, das „Brot des Lebens“. Die Verbindung von Prozession und heiliger Messe wird stärker betont.
Die Freunde Reilinger Geschichte suchen noch ältere Bilder von Reilinger Fronleichnamsumzügen für die nächste Sonderausstellung „Zwischen den Kirchtürmen“. (Religiöses Leben in Reilingen von 1900 bis 1960.)
Philipp Bickle/Fotos: Philipp Bickle