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Wie es um 1900 beim Friseur zuging oder wie der Kirchendiener auch Haare schnitt! (Teil 1)

[Online seit 25.01.2021]

Foto: le
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Wenn wir in unserer Ortsgeschichte einen Rückblick auf das Friseurgewerbe halten wollen, dann sprechen wir grundsätzlich von einem Herrenfriseur. Die Berufsausübung erfolgte manchmal als Nebentätigkeit, ohne eigenes Ladengeschäft. Es gab aber 1958 in Reilingen auch schon drei weibliche  Friseurinnen mit eigenem Salon für die weibliche Kundschaft. Es waren dies: Lina Frey, Hauptstraße  146,  Frieda Templin, Hockenheimer Straße  18 und Marianne Schwab in der Wilhelmstraße 32.  Als männliche Friseure sind Otto Astor (Hauptstraße 143, wie Tochter Lina), Erhard Frey (Hauptstraße 73), Hermann Kneis , später dessen Sohn Rudi (Friedrichstraße 13)  und Karl Herzog in der Blumenstraße 5 aufgeführt.

Früher war der Friseur am Ort meist auch der Arztersatz und nannte sich Bader, Barbier, Rasierer und Leichenbeschauer. Er wurde mundartlich auch etwas abwertend als „Schnutenputzer“ bezeichnet. Das ist ein Namen, welchen sich das  sehenswerte Altlussheimer Friseurmuseum von Willi Dörr zum Eigennamen als „Schnuteputzer-Museum“ zugelegt hat.  Der „Bader“ alter Art zog auch Zähne, ließ Kranke zur Ader oder verpasste  „Schröpfköpfe“. Bei Verstopfungen setzte er auch Klistiere. 

Schon früh machten die Behörden Auflagen, wie die Friseure sich verhalten mussten, um mit hygienischen Schutzmaßnahmen niemanden zu gefährden.

Einen Einblick in solche Hygienemaßnahmen wollen wir heute vorstellen, wie sie aus schriftlichen Unterlagen des Friseurmuseums Altlußheim  aus der Zeit um 1900 ersichtlich sind.  

So meldet das Bürgermeisteramt Altlußheim an das Großherzogliche Bezirksamt Schwetzingen im Oktober 1903 (Original in Kurrent geschrieben):  „ Maßregeln gegen die Ausbreitung der Bartflechte (Hautkrankheit) den Betrieb des Friseur- und Barbiergewerbes
betr.:


(Die Bartflechte ist eine durch Staphylokokken verursachte Haarbalgentzündung. Es treten oberflächliche Pusteln und Knötchen auf. Es juckt und brennt scharf. Es beginnt ein Rasierverbot. Eine Ansteckung ist leicht durch Rasiergerät möglich.)
„Ergebenst zu berichten, dass:

1. in hiesiger Gemeinde keine besonderen Friseure bzw. Rasierstuben mehr lediglich für diesen Zweck bestimmt und dementsprechend eingerichtet sind, bestehen. 


2. In hiesiger Gemeinde keine Berufsfriseure und Barbiere vorhanden sind.


3. Die hier vorhandenen Barbiere (4 an der Zahl) wovon einer davon Landwirtschaft betreibt und den Kirchendienerdienst versieht, einer ein Cigarrenmacher ist, und zwei in Ziegeleien arbeiten, das Haarschneiden und Rasieren durch Gehen von Haus zu Haus besorgen.


4. dass die Barbiere hier ihr Gewerbe derart ausüben, dass sie unmittelbar nacheinander  eine Reihe Kundenhäuser besuchen und bei allen Kunden  das gleiche Haarschneide- und Rasiergerät benutzen und eine besondere Säuberung der Geräte zwischen der Bedienung der einzelnen Kunden nicht stattfindet.“



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Bald wurden behördliche Vorschriften über dringend notwendige Hygienemaßnahmen herausgegeben. Damit werden wir uns im zweiten Teil befassen.  

Quellen:  Dankenswert aus dem Altlussheimer Friseurmuseum: „Bericht an das Großherzogliche Bezirksamt Schwetzingen vom 8. Oktober 1903“ . Vielen Dank auch an Willi Krüger, der beim Lesen der Kurrentschrift behilflich war! –Bild 1: Aufnahme mit Friseurmeister Erhard Frey ( um 1980 ) in der Hauptstraße 73. Das Haus wurde inzwischen abgerissen. –Bild 2: Bereits 1916 hatte Vater Adam Frey (geb.1888) in der Hauptstraße einen Friseurladen, aber auf der anderen Straßenseite. Hier sehen wir auch noch  den Kolonialwarenladen Claus, neben der evangelischen Kirche.

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