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Reilinger "Amici" beim Spargelfest in Mezzago

[Online seit 26.05.2011]

Spargelprinzessin Julia mit Bürgermeister Colombo auf dem Spargelacker
Spargelprinzessin Julia mit Bürgermeister Colombo auf dem Spargelacker
Italiener stehen auf Kurpfälzer Delikatess-Stangen
“Una Crepe con Asparagi!” tönt es laut durch die große Küche. „Parla in tedesco“, lautet die lapidare Antwort der Frauen, die für die Essensausgabe zuständig sind. Giovanni rollt kurz mit den Augen und wiederholt dann aber mutig auf Deutsch „Spargelgemuse und Pannküche“, wobei er jede Silbe extra betont. „Bravo!“ Alle Umstehenden freuen sich und applaudieren begeistert, so dass ein breites Grinsen Giovannis Gesicht überzieht. Schnell werden zwei Pfannkuchen auf einen Teller gelegt, ein großer Schöpflöffel voll Spargelgemüse darüber gegeben und Giovanni trägt das Essen in den Speisesaal des Palazzo Archinti, wo um diese Zeit am Sonntagmittag bereits viele hungrige Gäste warten.
Seit mehr als fünfzig Jahren wird in Reilingens italienischer Partnergemeinde Mezzago jedes Jahr im Mai die „Sagra degli Asparagi“ gefeiert, im wahrsten Sinne ein Volksfest für den Spargel, den Asparago Rosa, der auf den Feldern rund um Mezzago angebaut wird. Während des „Maggio Mezzaghese“ bietet sich dabei an jedem Wochenende, das gleiche Bild: Im Hof vor dem Eingang zum Restaurant im Palazzo Archinti hat sich bereits eine lange Schlange von Wartenden gebildet. Aus der gesamten Region um Mailand kommen die Menschen zum Spargelessen nach Mezzago.
Hat man es endlich geschafft und ein Plätzchen am Tisch ergattert, lässt einem schon der Blick auf die Speisekarte das Wasser im Mund zusammenlaufen. Von Frittata, Risotto und Antipasti über Spargel mit Hühnchen, mit Lachs, verschiedenen Fleischsorten oder auch nur mit zerlassener Butter, Spiegelei und Parmesan bis zu köstlichen Desserts bleiben keine Wünsche offen. Dazu werden ausgesuchte Weine aus der Region kredenzt.
In diesem Jahr wurde die Speisekarte noch um ein weiteres Hauptgericht ergänzt: Spargelgemüse mit Pfannkuchen. Und da diese Variation eines Spargelgerichts in Mezzago bisher gänzlich unbekannt war, reifte in der Vorstandschaft des Partnerschaftsvereins „Amici Reilingen-Mezzago“ bereits nach der Begegnung im letzten Jahr der Entschluss, sich an einem Wochenende beim Spargelfest der italienischen Partnergemeinde zu präsentieren. Dort wurde die Idee mit Begeisterung aufgenommen. Mit einer kleinen Gruppe von sieben Personen brach man freitags Richtung Norditalien auf. Mit von der Partie war auch Reilingens Spargelprinzessin Julia Großhans, deren Eltern 50 kg besten Kurpfälzer Spargel kostenlos zur Verfügung gestellt hatten, der am Reisemorgen frisch geschält, vakuumiert und in drei großen Kisten gut gekühlt, mit nach Mezzago genommen wurde.
Etwa hundert ehrenamtliche Helfer aus den Reihen der „Pro Loco Mezzago“, einer gemeinnützigen Vereinigung 4000-Einwohnergemeinde, sind an jedem Maiwochenende von Freitag- bis Sonntagabend im Einsatz, um alle Spargelliebhaber zu verköstigen. Dabei fällt auf, dass nicht nur Erwachsene, sondern auch sehr viele Jugendliche beim Fest mitarbeiten. „Das ist die Tradition, sie alle freuen sich, auch etwas beitragen zu können“, erklärt Dario Biffi. Im Nebenraum ist der 81-jährige Mario mit dem Geschirrspülen beschäftigt, und ein 11-jähriger Junge hilft im Restaurant mit. „So hat ein jeder seine Aufgabe und macht, was er kann“, so Dario weiter.
Bereits dienstags treffen sich die Hausfrauen des Ortes, um gemeinsam den Nudelteig für das nächste Wochenende für Pasta, Lasagne und Ravioli herzustellen. Und am Freitagabend nach der Arbeit gehen dann alle in den Palazzo zum Helfen. „Über das ganze Spargelfest verarbeiten wir zwei Tonnen Spargel“, erklärt Dario Biffi. Doch diese Menge muss zunächst geerntet, gewaschen und sortiert und dann auch geschält werden, bevor das edle Gemüse in den Kochtöpfen beim Spargelfest landet. Annähernd 1000 Essen gehen an jedem Maiwochenende über die Theke. „Und wenn mal etwas übrig bleibt, etwa vom Risotto, werden daraus Knödel geformt, in Panade gewälzt und frittiert.“
„In diesem Jahr haben wir rund 50 Prozent weniger Ertrag“, klagt dagegen Mezzagos Bürgermeister Antonio Colombo, der die Reilinger Gruppe zur nahe gelegenen Spargelsammelstelle und den Spargelfeldern führt. „Seit März hat es nicht mehr geregnet.“ Knochentrocken und fast steinhart ist der Boden, in dem der Asparago Rosa wächst, davon können sich die Reilinger an diesem Wochenende überzeugen. „Kein Vergnügen, hier Spargel zu stechen!“ bestätigt auch Spargelprinzessin Julia, die sich gleich ein Spargelmesser aushändigen lässt, und beginnt die Dämme mit kundigem Blick abzusuchen. In guten Erntejahren werden die Supermärkte der Region mit dem berühmten Spargel aus Mezzago beliefert, der größte Teil geht in den Direktverkauf. „Da in diesem Jahr der Ertrag nicht ausreichend ist, gehen die Supermärkte weitgehend leer aus und auch der Verbraucher muss sich heute schon vormerken lassen, wenn er morgen Spargel auf dem Tisch haben will, ansonsten brauchen wir alles für das Spargelfest“, erklärt der Bürgermeister weiter.
Da kommt der weiße Spargel aus der Kurpfalz, den die Reilinger mitgebracht haben, gerade richtig. Schließlich will man den italienischen Freunden ein Leibgericht der kurpfälzer Küche „Spargelgemüse und Pfannkuchen“ schmackhaft machen. Während am Sonntagmorgen draußen bunte Stände für das Straßenfest „Spaventamaggio“ aufgebaut werden, darunter natürlich auch ein Reilinger Stand, erhalten Andrea Ballreich sowie Ingrid und Ralf Müller ihre feierliche Unterweisung in der Küche. „Das ist die Proleta Küche, ihr seid in der VIP Küche, wo die Hauptspeisen zubereitet werden“, witzelt der Küchenchef Pierangelo. Eine riesige Schüssel für den Pfannkuchenteig wird hingestellt, Pierangelo deutet auf Ralf Müller, „er muss den Teig machen, ihr Frauen könnt ja nicht über den Schüsselrand schauen“ meint er mit Blick auf unsere Größe. Großes Gelächter in der Küche, ja überhaupt ist die Stimmung fröhlich und entspannt und die Italienerinnen schauen interessiert zu, wie die Spargel „auf Reilinger Art“ zubereitet werden. Obwohl mittlerweile Hochbetrieb im Saal und in der Küche herrscht, ist von Hektik nichts zu spüren. Das Bedienungspersonal gibt eine Bestellung nach der anderen ab, und immer öfter wird auch ein „Spargel und Pfannkuchen!“ über die Theke gerufen. Damit die Gäste schneller versorgt werden können, bindet sich Dario schnell eine Schürze um, greift sich eine weitere Pfanne und hilft Ralf Müller beim Pfannkuchenbacken. „Eine italienisch-deutsche partnerschaftliche Zusammenarbeit wie sie fast nicht besser sein kann“ schmunzelt Dario. Sah es zu Anfang noch aus, als wolle die riesige Teigschüssel niemals leer werden, ist der Teig nach fast vier Stunden und rund 200 Pfannkuchen doch aufgebraucht. „Könnt ihr noch mal Teig machen“ fragt Dario „die Leute, die gearbeitet haben, wollen alle euer Essen probieren“.
Nach getaner Arbeit folgt ein Bummel über das Straßenfest, bei dem der Stand der Reilinger einer der Anziehungspunkte ist. Dort wird Spargelschnaps ausgeschenkt und von „Principessa Julia“ persönlich gereicht. Der „Grappa di Reilingen“ mit dem dekorativen Spargel in der Flasche findet viel Anklang, und stolz wird jede erstandene Flasche nach Hause getragen. Doch auch alle anderen Stände, an denen kulinarische Spezialitäten aus der Lombardei angeboten werden, sind gut besucht an diesem Sonntagnachmittag.
Bis zum Monatsende dauert der „Maggio Mezzaghese“ noch, dann wird Bilanz gezogen und der Erlös des Festes einem gemeinnützigen Zweck in der Gemeinde zugeführt. So konnte schon ein Fahrzeug angeschafft werden, mit dem ältere Mitbürger oder Kranke zu ärztlichen Behandlungen nach Mailand oder Bergamo gefahren werden können, wenn keine Angehörigen zur Verfügung stehen, die das übernehmen.
„Wie schafft man es, so viele ehrenamtliche Helfer für ein Fest dieser Dimension zu gewinnen“, fragte die Gruppe aus Reilingen sich zu Anfang. Die Antwort konnte man sich nach dem Wochenende selbst geben: Es ist die Bereitschaft jedes Einzelnen, gemeinsam etwas zu bewirken, von dem alle profitieren; und für ein Wochenende durften die Reilinger ein Teil dieser beeindruckenden Dorfgemeinschaft sein.
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Die Gruppe am Reilinger Stand
Die Gruppe am Reilinger Stand

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