Aus dem Vereinsleben

Tag der Heimat in Reilingen
Tag der Heimat in Reilingen

Zurück zur Startseite - Zur Kategorie-Übersicht


Das hatte es bisher noch nicht gegeben. Der Saal des Josefshauses war am Sonnagnachmittag bis auf den letzten Platz besetzt, als Eberhard Winge am Flügel mit einem Andante und Rondo von Diabelli den diesjährigen Tag der Heimat eröffnete. Eine stattliche Anzahl von Ehrengästen konnte der Geschäftsführer des Ortsverbandes Jens Kilian außer den einheimischen Reilinger Bürgern und den Heimatvertriebenen aus Reilingen und den Ortsverbänden Hirschberg, Ketsch, Schwetzingen und Hockenheim begrüßen. Sein besonderer Willkommensgruß galt dem Festredner, Minister für Umwelt und Verkehr, Stefan Mappus von der Landesregierung. Wie in jedem Jahr waren auch der Stellvertreter des Landrats, Dr. Bodo-Falk Hoffmann, Landtagspräsident i.R. Dr. Lothar Gaa und Bürgermeister i.R. und neuer Ehrenbürger von Reilingen, Helmut Müller zu der Feier erschienen. Außer ihnen konnte Jens Kilian den Leiter des Ordnungsamtes II Heidelberg, Herrn Köpfer, den Vorsitzenden der Kultur- und Sportgemeinschaft Siegfried Heim, die Vorsitzende des Kreisverbandes Hannelore Kilian und deren Stellvertreter Herbert Hüpsel sowie den Bürgermeister-Stellvertreter Walter Saam aus Neulußheim willkommen heißen. Darüber hinaus galt sein Gruß dem Kreisrat und Bürgermeister-Stellvertreter Bernhard Krämer, den Ehrenmitgliedern, Mitgliedern des Gemeinderates und den Vorsitzenden des Sängerbundes, des Hausfrauenbundes, der CDU und des VdK.

Das Totengedenken, in diesem Jahr von Herbert Hüpsel gesprochen, bekam seine besondere Note durch das Andenken an die unvergessene erste Vorsitzende Anneliese Vierk. Immer wieder gern gehört sind die Auftritte von Mizzi Schlesinger, die in einfühlsamen Worten das Gedenken an die sudetendeutsche Heimat in Reime fasst.
Die Böhmerwald Jugendtanzgruppe unter der Leitung von Markus Rieg zeigten in zwei Blöcken mit viel Beifall belohnte Folklore-Tänze aus der alten und neuen Heimat. Mit der „Träumerei“ von Schumann, am Flügel dargeboten, erfreute Eberhard Winge noch einmal die Festgäste. Hannelore Kilian, die in wohltuend prägnanter Weise durch das Programm führte, beschrieb die Geschichte des Ostkreuzes, das vor genau 50 Jahren auf dem Reilinger Friedhof aufgestellt wurde. Leider sind über die Anfänge des BdV in Reilingen keine Unterlagen vorhanden, so dass nur durch Befragungen herausgefunden werden konnte, dass der erste Vorsitzende Anton Kellner und seine Vorstandsmitglieder Herr Streck, Silvester Czinsky, Ludwig Pelzl und Hilde Schwärzel als Initiatoren der Aufstellung gelten. Paul Dibke, Willi Kratzel und Willi Berger errichteten das Kreuz, das in Oberhausen gefertigt wurde. Zum 50jährigen Bestehen haben Werner Weihert, Jens und Walter Kilian das Mahnmal einer gründlichen Renovierung unterzogen. Die Bepflanzung und Pflege hat seit Jahrzehnten Liesel Winge übernommen, wofür ihr und allen anderen Beteiligten herzlicher Dank gesagt wurde.

Bürgermeister Walter Klein verzichtete in seinen Grußworten weitgehend auf die schon oft beschriebene Flucht und Vertreibung. Vielmehr lobte er die Aufbauarbeit der Heimatvertriebenen, die im Laufe der Zeit ein Teil der Dorfgemeinschaft wurden und in allen Vereinen und Institutionen voll integriert sind. Dabei sei den Vertriebenen etwas Wichtiges und Wertvolles gelungen und darin läge eine ihrer großen Leistungen: „Die Vertriebenen haben ihren Kindern und Enkeln nicht Hass und auch nicht den Wunsch nach Vergeltung eingepflanzt, sondern die Überzeugung und den Willen, am Aufbau eines besseren Deutschlands und vor allem eines friedlich geeinten Europas mitzuarbeiten.“ Im Hinblick auf das Leitwort des Tages führte der Bürgermeister aus, dass die Zeiten nie günstiger waren, um in Deutschland und im zusammen wachsenden Europa mit unseren Nachbarn den Dialog zu suchen, in der Hoffnung auf eine friedliche Zukunft.

Siegfried Heim, erster Vorsitzender der Kultur- und Sportgemeinschaft gratulierte herzlich im Namen der Vereine zum Tag der Heimat und dem 50. Jubiläum des Ostkreuzes. Wenn man von den 50 Jahren spreche, von denen er selbst die Hälfte bewusst verfolgt habe, müsse man auch von Anneliese Vierk sprechen, über ihr Engagement für die Vertriebenen und die Spätaussiedler. Ihr Wirken wurde von höchster Stelle anerkannt und gewürdigt. Mit einer Anekdote über sie, von denen es viele gebe und dem Dank an ihre Nachfolger Jens und Hannelore Kilian schloss Heim seine Grußworte.

Herbert Hüpsel überbrachte als Stellvertretender Vorsitzende die Grüße des Kreisverbandes. Im Hinblick auf das Jubiläum des Ostkreuzes dankte er allen ehrenamtlichen Helfern für die Renovierung und Erhaltung der Gedenkstätten im Kreisverband, welche die immer wieder das Unrecht der Vertreibung wach halten sollten. Zur Erhaltung des Reilinger Ostkreuzes übergab Hüpsel eine Geldspende an den Geschäftsführer Jens Kilian.

Minister Stefan Mappus nahm den Leitspruch des Tages als Grundlage seiner Festrede. Spreche man mit Jüngeren, so der Minister, bekomme man immer wieder die Antwort, das sind ja schon mehr als 60 Jahre her, wir dürfen damit unsere östlichen Nachbarn nicht belasten. Dies sei eine Gedankenlosigkeit, denn der ehrliche Umgang der Länder untereinander schaffe erst ein geeintes Europa. Es waren gerade die Heimatvertriebenen, die bereits 1950 in ihrer Charta sich zur friedlichen Einigung und Schaffung eines geeinten Europas bekannten. Diese Handlungsweise präge sie auch heute noch und er, der Minister, sei ausdrücklich dafür, dass der 5. August, der Tag der Verkündung der Charta zum nationalen Gedenktag für die deutschen Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation zu erheben. Für die Weigerung der Bundesregierung, eine entsprechende Entschließung des Bundesrates durchzuführen, habe er kein Verständnis. Getreu dem Leitspruch seien die Heimatvertriebenen weiter auf dem Weg der Verständigung mit den Nachbarländern. Jedoch werde von einigen Nachbarn der Dialog verweigert. Es zeuge davon, dass es diesen Ländern schwer falle, sich von dem Gedanken der Kollektivschuld zu lösen. Es gebe, so der Minister, keine kollektive Schuld, es sei immer nur der einzelne Mensch, der Schuld auf sich geladen habe. Dazu gehöre auch die Bereitschaft, zu bekennen, dass die Vertreibung Unrecht war, denn „kein Unrecht rechtfertigt Unrecht und kein Krieg rechtfertigt Vertreibung“.
Im weiteren Verlauf seiner Rede ging Minister Mappus auf die Diskussion um die Errichtung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin ein. Die östlichen Länder griffen hierzu Argumente aus den Zeiten des Kalten Krieges auf. Sie unterstellten den Heimatvertriebenen revanchistische Motive und gar eine Umdeutung der Vergangenheit. Er bezweifle auch, dass die Äußerungen des Bundeskanzlers anlässlich seiner Polenreise geeignet seien und zu einer vorurteilsfreien Sichtweise beitrage. Dies belegte der Minister mit Zitaten aus der Rede. Die baden-württembergische Landesregierung teilte den Landtagspräsidenten, deren SPD-Fraktion die Errichtung einer zentralen Gedenkstätte in Berlin ablehnt, mit, dass sie dieses Vorhaben des Bundes der Vertriebenen unterstützen und weiterhin unterstützen wird. „Mit uns wird es keine Vertreibung der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen aus der Erinnerung geben.“ Am Schluss seiner Rede rief der Minister, besonders den Landtag, dazu auf, darüber nachzudenken, ob man nicht auf der Basis dieses vereinigten Europas arbeiten solle, um Geschichte in seiner ganzen Vielfalt aber auch vor allem in seiner ganzen Wahrheit entsprechend aufzuarbeiten. Zu den Gästen gewandt sagte der Minister: „Sie haben allen Grund dazu, sich weiterhin mit Genugtuung, Freude und Stolz auf Vergangenes zu besinnen und getreu dem Leitsatz ‘Dialog führen - Europa gestalten’ Kontakte mit der alten Heimat zu pflegen und neue zu knüpfen, damit der Weg der Verständigung weiter beschritten werden kann.“
Als gelungenes Beispiel zur Pflege der Erinnerung halte er diese Feier zum Tag der Heimat in Reilingen und wünschte, dass es weiterhin so bliebe. Bevor Jens Kilian seinen Dank an alle Mitwirkenden aussprach und die dritte Strophe des Deutschlandliedes gesungen wurde, konnte Siegfried Heim als erster Vorsitzender der Kultur- Sportgemeinschaft ganz unerwartet eine seltene Ehrung entgegen nehmen. Für 20 Jahre Treue zum BdV überreichte die Kreisvorsitzende dem völlig Überraschten eine entsprechende Urkunde und ein Präsent. Der Minister wurde zum Abschied mit einem echten Reilinger Käskuche bedacht.
svs / Fotos: svs
( 21.09.2004 - 09:37)

Zurück zur Startseite - Zur Kategorie-Übersicht

Viele Gäste fanden den Weg ins JosefshausViele Gäste fanden den Weg ins Josefshaus
Die Böhmerwald Jugendtanzgruppe zeigte Folklore-Tänze Die Böhmerwald Jugendtanzgruppe zeigte Folklore-Tänze aus der alten und neuen Heimat
Festredner: Stefan Mappus, Minister für Umwelt und VerkehrFestredner: Stefan Mappus, Minister für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg

© Gemeinde Reilingen 2004