Gemeinderat

Gemeinderatssitzung am 10. Dezember 2001

Haushaltsplan 2002 beraten

Die vorweihnachtliche Stimmung mit den brennenden Kerzen auf den Ratstischen wollte im Bürgersaal des Reilinger Rathauses am Montagabend nicht so recht zu den von Bürgermeister Walter Klein vorgelegten Zahlen für den Haushaltsentwurf 2002 passen. Da im Gegensatz zu den Vorjahren nicht nur externe und somit kaum beeinflussbare Einnahmen und Ausgaben zum geringen Wirtschaftsüberschuss des Verwaltungshaushaltes der Spargelgemeinde beitragen werden, sondern auch eigene Mindereinnahmen, wird es nun im kommenden Jahr mit 55.000 Euro nach Darstellung des Gemeindeoberhaupts „nur eine äußerst bescheidene Zuführungsrate" an den Vermögenshaushalt geben.

 

So wird das wichtigste Merkmal für die Leistungsfähigkeit eines Verwaltungshaushaltes mit gerade Mal 1,87 Prozent zu den geplanten Investitionen des Vermögenshaushaltes beitragen. „Ein Wirtschaftsergebnis des Verwaltungshaushaltes in dieser geringen Höhe ist mittelfristig absolut nicht ausreichend", machte Walter Klein deutlich. Nur Dank der angesammelten Rücklagen aus den „guten Vorjahren" könne im Vermögenshaushalt auf eine Kreditaufnahme verzichtet werden.

 

Um die Kosten für die dringend notwendige Sanierung und Erweiterung des Feuerwehrhauses (rund 1,9 Millionen Euro) und des Grundschulgebäudes (1,2 Millionen Euro) decken zu können, müssen im kommenden Jahr nicht nur 1,7 Millionen Euro aus der Rücklage, dem „Sparbuch" der Gemeinde, entnommen werden, sondern auch die eingeplanten Zuweisungen und Zuschüsse in Höhe von 600.000 Euro sowie Grundstücksveräußerungserlöse von 500.000 Euro auch auf der Gemeindekasse eingehen.

 

Damit das neue Jahr nochmals ohne Kreditaufnahme bewältigt werden kann, muss zudem der geplante Bau eines neuen Sportgeländes in der Nachtwaid auf die Jahre ab 2004 verschoben werden. „Ab dem Jahr 2003 wird die Rücklage nicht mehr für Investitionen zur Verfügung stehen", machte der Bürgermeister deutlich. So seien bereits im Finanzplanjahr 2003 Kreditaufnahmen von rund 700.000 Euro eingeplant.

 

Trotz dieser angespannten Situation sei es aber „sehr erfreulich", dass mit dem Feuerwehrhaus und dem Grundschulgebäude gleich zwei neue Projekte begonnen werden können. „Diese haben als Pflichtaufgaben der Gemeinde unabdingbaren Vorrang vor anderen freiwilligen Aufgaben." Mit weiteren Bauausgaben würden insgesamt fast 2,2 Millionen Euro das krisengeschüttelte heimische Baugewerbe unterstützen, betonte Klein.

 

Die schlechte Finanzsituation führte der Bürgermeister vor allem auf den kräftigen Einbruch bei der Gewerbesteuer in diesem Jahr zurück. So musste also der Ansatz von 540.000 Euro um über 175.000 Euro reduziert werden.

 

Belastet wird der Gemeindehaushalt 2002 aber auch von einer um 25.000 Euro geringeren Finanzzuweisung, einem Ansteigen der Kreisumlage um 25.000 Euro und einer Finanzausgleichsumlage in gleicher Höhe. „Nur diese drei Positionen bedeuten eine Mehrbelastung von 75.000 Euro für unseren Haushalt", rechnete Klein den Ratsmitgliedern vor.

 

Da aber der Ausgabenbereich des Verwaltungshaushaltes nach Angaben des Gemeindeoberhauptes „äußerst knapp kalkuliert" worden sei, habe die gestellte Herausforderung letztendlich doch zufriedenstellend gelöst werden können. Klein: „Trotz allem sind die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen für den Verwaltungshaushalt noch voll erfüllt und die Finanzplanung kann auf einer soliden und finanziell machbaren Grundlage aufbauen." So weise der Haushaltsplan für 2002 ein Gesamtvolumen von 13,1 Millionen Euro aus, wovon auf den Verwaltungshaushalt 10,2 und auf den Vermögenshaushalt 2,9 Millionen Euro entfallen würden.

Ein Blick in die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2003 bis 2005 machte aber zugleich auch deutlich, dass die für diese Zeit geplanten Investitionen von rund neun Millionen Euro nur durch Kreditaufnahmen von über vier Millionen Euro auch bewältigt werden können. Dafür soll Reilingen aber nicht nur ein neues Sanierungsgebiet im alten Ortskern und das bereits versprochene Sportgelände in der Nachtwaid bekommen, sondern auch allgemeine Straßenumgestaltungen, Veränderungen im Bereich des Friedhofs sowie ein ausgebautes Wasserleitungs- und Kanalisationsnetz.

 

Die Planentwürfe für die beiden Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung weisen im Erfolgsplan nur geringe Gewinne aus (Wasser = 4.000 Euro, Abwasser = 29.500 Euro), die ausschließlich zur Reduzierung des vorhandenen Verlustvorträge aus Vorjahren verwendet werden. Die Gebühren können auf dem seitherigen Niveau belassen werden.

 

Die im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung geplanten Investitionen haben ein Volumen von rd. 1,3 Mio. Euro, wovon auf den Eigenbetrieb Wasser 500.000 Euro und auf den Eigenbetrieb Abwasser 800.000 Euro entfallen. Zur Finanzierung dieser Investitionen sind neben der Erhebung von Beiträgen in Höhe von 400.000 Euro auch neue Kredite in Höhe von rd. 800.000 Euro notwendig.

 

Mit blumigen Worten machte Bürgermeister Walter Klein schließlich dem Gemeinderat Mut, die geplanten Projekte auch anzugehen: „Aus heutiger Sicht werden sich die dunklen Wolken am finanziellen Horizont ab dem Jahr 2003 langsam aber stetig entfernen und erste Sonnenstrahlen lassen dann wieder die Finanzierung künftiger Vorhaben in einem besseren und wärmeren Licht erscheinen."

 

Stellungnahmen der Fraktionen

 

BLR-Fraktionssprecher Karl Dagenbach konnte dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf 2001 nicht zustimmen. In der derzeitigen Situation müsse Sparen oberste Priorität haben, damit die Gemeinde auch in Zukunft handlungsfähig bleibe.

Die BLR ist daher gegen den Ausbau eines Internetcafes im Jugendzentrum „Cosmos“. Sie befürwortete, dass die Friedrich-von-Schiller-Schule den Computerraum für das Jugendzentrum öffnet. Außerdem hielt Dagenbach die Kosten für den Umbau des Feuerwehrgerätehauses für überhöht Alternativen oder Einsparungsmöglichkeiten seien dem Gemeinderat bislang nicht vorgelegt worden.

Durch Einsparungen und Sparsamkeit könnten nach Ansicht der BLR Gelder für andere Projekte umgeschichtet werden.

 

Für die SPD-Fraktion stellte Karl Bickle heraus, dass die Zuführung zum Vermögenshaushalt an von 55.000 Euro nicht zufriedenstellend ist. „Der Verwaltungshaushalt erscheint wegen seiner Höhe und der Finanzierung absolut am Limit“, machte der SPD-Sprecher deutlich. Bei weiteren Finanzierungen stände die Gemeinde mit dem Rücken an der Wand.

Bickle bemängelte ebenfalls die Höhe der Kreisumlage, die mittlerweile 1,37 Mio. Euro (200 Euro pro Einwohner) beträgt. Eine wichtige Aufgabe für die SPD ist die Unterstützung der Kindergärten mit 350.000 Euro. Begrüßt wurde der Ausbau des Internetcafes im Jugendzentrum Cosmos.

 

FWV-Fraktionssprecher Friedrich Feth betonte, dass trotz der immensen Investitionen der vergangenen Jahre und deren Folgekosten der Verwaltungshaushalt ausgeglichen und der Vermögenshaushalt ohne Kreditaufnahme finanziert werden kann. Trotzdem sei die Haushaltslage insgesamt nicht befriedigend. Ziel der Gemeinde müsse es nach Ansicht von Friedrich Feth sein, im Verwaltungshaushalt 10 Prozent Überschuss zu erwirtschaften. Dies sei notwendig, um auf Dauer Investitionsspielräume zu erhalten.

Feth wies darauf hin, dass im Haushaltsplan 1999 für den Schulhausumbau bereits eine Kreditaufnahme geplant war. Aufgrund der seither guten Rechnungsergebnisse  hätten aber alle Maßnahmen ohne Fremdmittel finanziert werden können. Um die Handlungsspielräume künftig zu erhalten, sei es notwendig, permanent den Haushalt nach Ausgabeneinsparungen abzuklopfen.

 

Für die CDU-Fraktion stellte Rudi Askani fest, dass sich nicht nur in unserer Gemeinde die schwache Konjunktur bemerkbar macht. Nach dem Einbruch der Gewerbesteuer 2001 mussten die geplanten Einnahmen in diesem Bereich für 2002 reduziert werden. Ein Zeichen dafür, dass die Verwaltung besonnen mit den Geldern der Gemeinde umgeht und es auch ohne Unternehmensberatung versteht, die Leistungen mit einem vernünftigen Personalbestand zu bewältigen, sah er in den Einsparungen bei den Personalausgaben, die trotz geringfügiger Lohnerhöhungen und Höhergruppierungen möglich waren. Durch die engen wirtschaftlichen Verhältnisse sei das Erschließen neuer Geldquellen in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft wichtig. Dies würde nach seiner Ansicht eventuell zu einer neuen Herausforderung der Gemeinde.

 

GR Peter Schell (F.D.P.) betonte, dass trotz einer finanzpolitisch schwierigen Lage ein zukunftsfähiger Haushaltsplanentwurf vorgelegt wurde. Neben dem sparsamen Wirtschaften sah er drei Auswege, um die Handlungsfähigkeit der Gemeinde zu erhalten: Privatisierungen, Verschlankung von Verwaltung und Bauhof, Umlegung des neuen Industrie- und Gewerbegebietes.

 

Anträge der Fraktionen

 

Abgestimmt wurde über die Wünsche der Gemeinderatsfraktionen. Mehrheitlich beschloss der Gemeinderat, für das Jugendzentrum Cosmos eine weitere Betreuungskraft auf 630 Mark-Basis einzustellen. Dies kann im Rahmen der bereits eingestellten Haushaltsansätze erfolgen. Zusätzliche Mittel sind nicht erforderlich. Der Gemeinderat lehnte es mehrheitlich ab, die vorgesehenen Kosten für den Ausbau des Internetcafes „Cosmos“ zu streichen. Künftig wird sich die Gemeinde freiwillig an der Behandlung herrenloser Katzen mit einem Betrag von bis zu 500 Mark pro Jahr beteiligen. Der Betrag wird ausschließlich auf Behandlungsnachweis an den Katzenschutz Reilingen ausgezahlt.

 

Nach dem schlechten Wetter beim Straßenfest 2001 beschloss der Gemeinderat, 5.000 Euro für die Anschaffung einer Bühnenüberdachung in den Haushalt einzustellen. Die Kultur- und Sportgemeinschaft Reilingen e.V. soll sich ebenfalls an den Kosten beteiligen. Reilinger Vereine können die Überdachung dann auch mieten. Für die Installation eines versenkbaren Stromanschlusses auf dem Festplatz „Nachtwaid“ wurden 5.000 Euro bereitgestellt.

 

Ebenfalls in den Haushaltsplan 2002 werden Planungskosten für den Umbau der Haydnallee aufgenommen. Das Bereitstellen von Baukosten bereits 2002 wurde mehrheitlich abgelehnt, da zuerst eine Planung und Zuschusszusagen vorliegen sollten.

 

Einig war sich der Gemeinderat darüber, dass die Verwaltung künftig quartalsweise über die Einnahmen und Ausgaben des Verwaltungs- und Vermögenshaushaltes informieren muss. Für die mittelfristige Finanzplanung 2003 bis 2005 soll eine Prioritätenliste erstellt und dem Gemeinderat im ersten Quartal 2002 vorgelegt werden. Außerdem erinnerte der Gemeinderat daran, für den Umbau und die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses schnellstmöglich Alternativen aufzuzeigen und Kosteneinsparungsmöglichkeiten zu eruieren.

 

Mit Übernahme der beschlossenen Änderungen stimmte der Gemeinderat mehrheitlich dem Entwurf des Verwaltungs- und Vermögenshaushaltes für das Haushaltsjahr 2002 und dem Entwurf der Wirtschaftspläne für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung im Wirtschaftsjahr 2001 zu. Die Verwaltung wurde beauftragt, die Haushaltssatzung zur Gemeinderatssitzung am 14. Januar 2002 zur Beschlussfassung fertig zu stellen.

 

 

Benutzungsordnung für das Franz-Riegler-Haus und Fritz-Mannherz-Hallen

 

Mit der Euro-Umstellung zum 1.1.2002 waren auch die Benutzungsordnungen für das Franz-Riegler-Haus und die Fritz-Mannherz-Hallen zu überarbeiten. Die Benutzungsgebühren wurden auf glatte Euro-Beträge im Verhältnis 1:2 angepasst.

 

Stromvertrag mit der EnBW verlängert

 

Der bestehende Kommunalvertrag läuft zum 31.12.2001 aus. Die EnBW hatte der Verwaltung ein neues Angebot vorgelegt, das mit Ausnahme des Preises inhaltlich dem des bestehenden Vertrages entspricht (15,85 Pfg./kWh statt bisher 13,21 Pfg./kWh).

 

Derzeit läuft eine europaweite Bündelungsausschreibung des Gemeindetags Baden-Württemberg mit dem Ziel, einen günstigen Preis zu erzielen. Es wird erwartet, dass das Ausschreibungsverfahren im Sommer 2002 abgeschlossen sein wird und Vertragsbeginn der 01.01.2003 sein könnte.

 

Der Gemeindetag Baden-Württemberg hatte daher den Mitgliedsgemeinden, deren Stromverträge zum 31.12.2001 auslaufen, empfohlen, diese für 12 Monate bis zum 31.12.2002 zu verlängern. Diesem Rat schloss sich der Gemeinderat an.

 

 

Häckselplatzsatzung geändert

 

Dem Euro anzupassen war auch die Satzung über die Häckselplatzgebühren. Die Abgabe von Kleinmengen bis 0,5 cbm wird auch weiterhin kostenlos bleiben. Mit dem kostenlosen Angebot wird die ökologisch wünschenswerte Abgabe von Häckselgut weiter gefördert und die Bürger für ihr umweltfreundliches Verhalten nicht mit zusätzlichen Kosten belastet. Die Umstellung für Mengen über 0,5 cbm erfolgte im Verhältnis 2:1.

 

 

Nichtöffentlich entschieden

 

In der zurückliegenden nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung am 19. November wurde über den Abschluss eines Ingenieurvertrages „Tragwerksplanung“ für die Sanierung und Erweiterung Grundschulgebäude Schiller-Schule entschieden.

 

 

Anfragen der Sitzungsbesucher

 

Anfragen galten dem historischen Brunnen in der Oberen Hauptstraße. Da der Brunnen teilweise auf Privatgelände liegt, muss die Gemeinde das Ergebnis weiterer Eigentümergespräche noch abwarten. Die Firma Fröschlin hat sich bereit erklärt, einen historischen Brunnen zu stiften. Eine weitere Nachfrage galt der Ruftaxilinie Reilingen – Walldorf.

 

 

Jahresrückblick

 

Für den Gemeinderat hielt Karl Dagenbach (BLR) Rückblick auf die politische Arbeit. Als Neuling in dem Gremium bedauerte er, dass eine Vielzahl von Vorlagen an den Gemeinderat nur zur Kenntnis zu nehmen bzw. nicht zu entscheiden sind, da übergeordnete Interessen entgegen stehen. Auch sei es kleinen Fraktionen kaum möglich, die Mehrheit des Gemeinderates von der eigenen Meinung zu überzeugen. Häufig hielten Fraktionen an Meinungen fest, die in internen Beratungen der Parteien und politischen Vereinigungen abgesprochen wurden. Wünschenswert wäre es, so Dagenbach weiter, manchmal intensiver über die Folgen der vom Gemeinderat getroffenen Entscheidungen nachzudenken und vorauszudenken, welche Auswirkungen damit in Kauf genommen werden.

 

In seiner Ansprache blickte Karl Dagenbach über den Tellerrand hinaus und erinnerte an miserable Zustände in weiten Teilen dieser Welt. Ungerechte Besitz- und Eigentumsverteilung, Hunger und Existenznot seien Ursache von Kriminalität, Terror und Krieg. In Anbetracht dessen relativierten sich die Probleme, die eine Gemeinde wie Reilingen habe. Trotzdem müssten die Probleme und Schwierigkeiten der Reilinger Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden.

 

In seinem Jahresrückblick erinnerte Bürgermeister Walter Klein an die Projekte, die die Gemeinde 2001 realisieren konnte. Viele Aufgaben werden die Gemeinde auch 2002 weiter beschäftigen. Das Gemeindeoberhaupt nutzte deshalb die Gelegenheit, allen zu danken, die sich im Jahr 2001 einbrachten, um die Gestaltung von Reilingen und dessen kulturelle und sportliche Ausstrahlung zu stärken und die Arbeit der Gemeindeverwaltung zu unterstützen. Sein Dank galt insbesondere den Damen und Herren des Gemeinderates und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung.

 

Wie sein Vorredner Karl Dagenbach wünschte Bürgermeister Walter Klein allen Reilinger Bürgerinnen und Bürgern ein besinnliches, friedvolles Weihnachtsfest im Kreise der Angehörigen und Freunde und für das Jahr 2002 Gesundheit und Wohlergehen.