Aus dem Rathaus

Unwetter: Gesamtes Gemeindegebiet betroffen / Sperrmüll-Sonderabfuhr / Pumpen halten durch

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Die Folgen des schweren Unwetters vom frühen Freitagabend in Reilingen (wir berichteten) beschäftigten immer noch die Bevölkerung. Der sintflutartige Regen sorgte nicht nur für Überschwemmungen und voll gelaufene Keller im gesamten Ortsgebiet, er zerstörte auch Kellerwohnungen oder andere bauliche Einrichtungen.

Das ganze Wochenende waren die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Reilingen noch im Einsatz, um alle gemeldeten Notfälle abzuarbeiten. Wie viele Keller, Garagen oder Gartenhäuser nun wirklich unter Wasser standen (oder noch immer stehen), weiß keiner genau. Sicher sei nur, dass rund 130 Notrufe bei der Feuerwehr eingingen, bestätigte Feuerwehrchef Florian Petzold im Gespräch mit unserer Zeitung.

Schnelles Netzwerk der Hilfe
Dank der schnellen Überlandhilfe der Feuerwehren aus Hockenheim, Alt- und Neulußheim sowie der Unterstützung durch Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks aus Heidelberg und Oberhausen seien noch in der Nacht zum Samstag die schlimmsten Fälle abgearbeitet worden: "Dort, wo es um Menschenleben und Wohnraum ging, wurde zuerst geholfen." In manchen Keller- und Einliegerwohnungen stand dabei das Wasser fast hüfthoch.

Dass weitaus mehr Wohnhäuser, Gewerbe- und Industriebetriebe von den Folgen des Unwetters betroffen sind, machen auch die ersten Zahlen bei den Gebäudeversicherungsträgern deutlich. Den ganzen Tag über gingen gestern die Schadensmeldungen ein, die sich bereits gegen Mittag auf knapp 300 beliefen. Und da nicht wenige Familien, die über das Wochenende unterwegs waren oder sich noch im Urlaub befinden, erst jetzt den Schaden entdeckten oder darüber informiert wurden, dürfte die Zahl der Betroffenen mit Sicherheit noch weiter ansteigen.

Tiefgarage vollgelaufen
Nach Mitteilung der Verwaltung standen am Freitagabend die beiden Einkaufsmärkte unter Wasser, die Tiefgarage und Werkstatträume der Fritz-Mannherz-Hallen seien vollgelaufen. Durch Blitzschläge seien Telefon, Internet und Stromversorgung teilweise bis zu drei Stunden unterbrochen gewesen. Ebenso sei das Verbandswasserwerk Südkreis Mannheim mehr als zwei Stunden ohne Strom gewesen. Da aber die Notstromaggregate sofort angesprungen seien, habe zu keiner Zeit ein Versorgungsengpass an Trinkwasser bestanden. Probleme bereiteten derzeit viele tote Ratten, die immer wieder zu finden seien.

Schadensmeldestelle vor Ort?
Inzwischen überlegt man sich bei der Gebäudeversicherung der Sparkassenversicherungen, eine Schadensmeldestelle vor Ort in Reilingen einzurichten, um den Betroffenen den bürokratischen Aufwand zu erleichtern. Außerdem hat sich die Gemeindeverwaltung inzwischen mit dem AVR in Verbindung gesetzt, um eine Sondermüllabfuhr für die Hochwasserschäden zu ermöglichen (Nummer siehe Textende).

Hatte es am Freitagabend zunächst so ausgesehen, dass schwerpunktmäßig die Wohngebiete "Viehtrieb" und "Holzrott" betroffen seien, musste dieser Eindruck bereits am Samstagmorgen revidiert werden. Praktisch im gesamten Gemeindegebiet sind Unwetterschäden zu verzeichnen. Davon kündete auch weithin sichtbar die Uhr der katholischen Wendelinskirche, wo um 18.50 Uhr der Blitz in den Turm eingeschlagen hatte. Dass dort nicht mehr passierte, ist ebenso ein Wunder, wie es keine direkten Personenschäden gab.

Herzinfarkt im Kampf gegen Nass
Ein Reilinger erlitt im Kampf mit den Wassermassen zwar einen Herzinfarkt, ist aber nach schneller notärztlicher Hilfe auf dem Weg der Besserung. Glücklich über spontane Nachbarschaftshilfe ist eine junge Familie in der Wilhelmstraße, deren Kellerwohnung "abzusaufen" drohte. Bei allem Unglück gab es hier für die Einsatzkräfte auch einen Moment der Erheiterung, als sie die beiden kleinen Kinder quietschvergnügt im ungewohnten Nass plantschen sahen.

Weniger vergnügt dürfte ein Handwerksmeister sein gerade neu renoviertes Haus am Ortsrand betrachtet haben. Binnen kürzester Zeit wurde hier all das wieder zerstört, was in den vergangenen Monaten gebaut, renoviert und saniert worden war. Ähnliche Horrormomente hatten auch einige Bauherren, denen nicht nur die komplette Baugrube volllief, sondern denen die Wassermassen auch das kurz zuvor gelegte Fundament zerstörten.

Immer lauter wird inzwischen in Reilingen natürlich die Frage gestellt, warum es zu diesem Schadensausmaß kommen konnte. Dass von Seiten der Gemeinde Reilingen alles Menschenmögliche getan wurde, um den Ort von noch größerem Schaden zu bewahren, macht der stundenlange Einsatz nicht nur der Feuerwehr, sondern auch der Bauhofmitarbeiter deutlich.

Bereits mit Ausbruch des Unwetters hätten die Hebeanlagen im gesamten Dorfgebiet Hochwasseralarm ausgelöst. Die Trupps des Gemeindebauhofs rückten sofort aus, um alle Anlagen und Pumpen zu kontrollieren.

"Wir hatten in ganz Reilingen keinen Pumpenausfall", bestätigten Bürgermeister Walter Klein und Bauhofleiter Ludwig Annweiler. "Alle drei Pumpen im Bereich des Klärwerks liefen auf Hochtouren und pumpten pro Sekunde 4200 Liter aus dem bei so einem Unwetter total überforderten Kanalnetz."

60 und 75 Liter pro Quadratmeter
Wenn man bedenkt, dass während des 30-minütigen Wolkenbruchs auf Reilinger Gemarkung zwischen 60 und 75 Liter Wasser pro Quadratmeter niederstürzten, wird schnell klar, warum der Kanalrückstau sich in die Keller, aber auch in den Kraichbach und den Nachtwaidgraben entlud. So glich vor allem der Bereich des Festplatzes und der daneben liegenden Felder einem einzigen See.

Da in der Gemeinde sowieso an der Neuaufstellung eines Entwässerungsplanes gearbeitet wird, werden natürlich auch die Ereignisse vom Freitagabend in die Bewertung mit einfließen. Sicher sind sich aber alle Experten, dass dies nicht das letzte Unwetter war.

Dies bedeutet auch für die Reilinger, sich noch intensiver als bisher um den persönlichen Hochwasserschutz zu kümmern. Am Samstag jedenfalls und auch am gestrigen Montag gab es in der Spargelgemeinde keinen Meter Schlauch oder Pumpen mehr zu kaufen.

Weitere Informationen: Die AVR bietet wegen der Unwetterschäden eine Sperrmüll-Sonderabfuhr an. Betroffene Reilinger Bürger können sich kurzfristig unter Telefon 952-207 anmelden.
Otmar A. Geiger aus SZ
( 03.06.2008 - 07:46)

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