Kirche

Der Gesang setzt elementare Gefühle frei
Rhythmen der Glory Gospel Singers reißen das Publikum mit

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Sie treten besonders gerne in Kirchen auf, denn dort finden sie Menschen, die ihren Glauben an Gott teilen, die Echtheit ihrer Gefühle anerkennen. Gemeint sind die Glory Gospel Singers, die am Montagabend in der evangelischen Kirche konzertierten.

Das sechsköpfige Ensemble aus dem 70 Sänger starken New Yorker Chor "WWRL Community Chorale" war bereits zum dritten Mal zu Gast in Reilingen. In jeweils unterschiedlicher Besetzung, denn der Chorleiter setzt in Phylliss McKoy Joubert schickt zwar immer exzellente, aber nie die gleichen Sänger und Sängerinnen auf Europatournee.

So gut besucht wie bei den vergangenen Auftritten war die evangelische Kirche diesmal allerdings nicht. Das mochte am Wochentag, an der Jahreszeit, vor allem aber an der Hitze gelegen haben. Diejenigen jedoch, die gekommen waren und das Kirchenschiff zu gut zwei Drittel füllten, ließen sich nicht lange bitten. Sie machten mit, standen auf und klatschten, schnalzten mit den Fingern und bewegten sich zum Rhythmus der Musik. Wann immer die Glory Gospel Singers mit "We need your help" dazu aufforderten, waren die Reilinger da.

Die Stimmung während des Konzerts war locker und gelöst, zu weiten Teilen sogar ausgelassen und temperamentvoll. Bei "Down by the riverside" und "When the saints go marching in" kam buchstäblich das ganze Kirchenschiff in Bewegung.

Niemand konnte sich entziehen, keiner bleib ruhig auf seiner Kirchenbank sitzen. Text und Rhythmus waren schließlich bekannt, jeder hatte die Gospels schon einmal gesungen oder gehört. In Bewegung war man auch bei "Praise the Lord": Die Sänger hoben winkend Hände und Arme, das Publikum tat es ihnen gleich und winkte begeistert zurück. Der Funke war übergesprungen. Zum dritten Mal in Folge und trotz Temperaturen, bei denen man im Normalfall am liebsten alle viere hätte von sich strecken wollen.

Dass dem nicht so war, sprach wiederum für die Glory Gospel Singers. Für die Lebendigkeit der schwarzen amerikanischen Kirche, die sie so überzeugend zum Ausdruck brachten, für einen tief im Glauben verwurzelten Gesang, der das ganze Gefühlsspektrum zwischen Himmel und Erde freisetzte. Das wurde vor allem in den ruhigeren, vielfach solistisch dargebotenen Gospels deutlich. In dem viel beklatschten "Nobody knows the trouble I see" zum Beispiel oder "Amazing grace", das in einer ungewöhnlich hohen und gesanglich sehr anspruchsvollen Version präsentiert wurde.

Nirgends wird die Wiege der Gospels deutlicher als hier. Ausdruck innigen Glaubens, leidenschaftlicher Hoffnung und Sehnsucht nach der verlorenen Heimat und Freiheit - so fing eben alles an. Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts, als afrikanische Sklaven auf den Baumwollfeldern der Südstaaten aus tiefer Not zu singen begannen. Einzig im Glauben und in der Gemeinschaft fanden sie Halt und Hoffnung, weshalb beides auch heute noch in jedem Gospelkonzert eine wichtige Rolle spielt.

Am Montagabend ging die Interaktion zwischen Publikum und Sängern sogar so weit, dass Kinder bei "He's got the whole world in his hands" nach vorne gebeten wurden und mittels Körpersprache den Text dieses Gospels demonstrierten. Erst schnalzten sie mit den Fingern, dann deuteten sie in einem großen Kreis die Erdkugel und damit Gottes Wirkungskreis an.

Das Publikum stieg sobald mit ein. Und so waren sich beim letzten Gospel "Oh happy day" alle einig. "Oh glücklicher Tag, oh glücklicher Tag, als Jesus meine Sünden wegwusch" heißt es im Refrain, der die Stimmung an diesem Abend widerspiegelte. Die Glory Gospel Singers hatten es verstanden, Freude, gesangliches Können und tiefe Religiösität zusammenzubringen. Das beglückte auch das Publikum. sei aus SZ
( 04.07.2005 - 13:58)

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