Ortsgeschichte

Die Geschichte von Wersau und die Anfänge von Reilingen
1794: die Ruine Wersau auf der Kriegskarte von L. Rheinwald

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Teil 4: Niedergang der Burg Wersau

Zur Erinnerung: Die Burg Wersau lag auf dem Gelände der heute noch bestehenden "Schlossmühle" auf der Insel zwischen Kraichbach und seinem Nebenarm, dem Kaltbach.

Wersau war zu seiner Blütezeit eine stattliche Burg mit Ringmauer, einem Palas, zwei großen Türmen und zahlreichen weiteren Gebäuden. Mit Vorburg, Mühle, Kapelle und Schafhof gehörten so 24 oder mehr Gebäude zu dieser Anlage. Die gesamte Burganlage war von Wassergräben umgeben. Diese Burg dürfte nicht mehr die anfängliche Anlage darstellen. Anzunehmen ist, dass mehrere Bauten z.T. auf uralten Fundamenten wiedererrichtet werden.

Bis zum endgültigen Übergang an Kurpfalz im Jahr 1462 wurde die Burg in verteidigungsmäßigem Zustand gehalten. Kurfürst Friedrich I. ließ in der Fehde gegen Speyer die Burg befestigen und besetzen. Die Historiker nehmen an, dass die Burg nach dem Übergang an Kurpfalz, zumindest was die Verteidigungsanlagen betrifft, allmählich zerfällt. Auch bei der Mainzer Stiftsfehde 1462 könnte die Burg Wersau beschädigt worden sein. Indiz ist, dass nach 1448 die urkundlich erfassbaren Aufenthalte von hochrangigen Personen schlagartig aufhören.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wird eine Schlosskapelle erwähnt, da der 1498 neu ernannte Reilinger Pfarrer einmal wöchentlich die Messe im Schloss lesen soll.

Im 16. Jahrhundert verfällt das Wersauer Schloss. Dafür sind die Auswirkungen des Landshuter Erbfolgekriegs (1503/04) und die bald darauf folgenden Bauernunruhen verantwortlich.

In der Schlacht vom 27. April 1622 bei Wiesloch, wo Markgraf Friedrich von Baden vereint mit Graf Ernst von Mansfeld Tilly noch besiegen konnte, wurde „sowohl der inwendige Teil vor Schloss Wersau gar als auch der Vorhof zumal zu Aschen gelegt". Das verbrannte Wersauer Schloss wird im Jahre 1629 dem Erzbischof Philipp von Trier, Bischof zu Speyer, überlassen.

Der Bericht des Kellers Ezechias Meiß vom 1. November 1649 gibt einen guten Überblick über den Zustand der Anlage nach dem Dreißigjährigen Krieg. Danach ist das Schloss ganz verbrannt und neben "verbrochenen Mauern" nur noch der Brunnen im Hofe und das Kellergewölbe erhalten. Der Hof- und Jägermeisterbau im Vorhof sei total abgebrannt und die ein Stockwerk hohe Mauer noch gut erhalten. Auch in gutem Zustand, abgesehen von der Dachdeckung auf der Außenseite, ist der Marstall mit zwei Speichern im Obergeschoss. Ziemlich gut erhalten sei auch das "Pfortenhaus oder Turm". Der "Hinterturm" werde aber bald einfallen und eine Scheuer gefährden; besser wäre es, man würde ihn abbrechen und die Ziegel zum Ausbessern der anderen Gebäude verwenden. Ebenfalls in gutem Zustand sei noch die Heuscheuer mit vier Ställen darunter, und die Mühle. Reparaturbedürftig sei die gewölbte Brücke am Zollturm.
Somit muss der sehr stattliche Burgkomplex Wersau damals aus mindestens 24 Gebäude bestanden haben.

Die Ruine wurde nochmals notdürftig instand gesetzt und diente über längere Zeit hinweg den Kurfürsten als Jagdschloss. Vor allem im Herbst herrschte auf und um Wersau ein buntes Treiben, denn die kurfürstlichen Hirschjagden galten als gesellschaftliches Ereignis. Während die männlichen Einwohner Reilingens und Hockenheims als Treiber zum Dienst verpflichtet waren, mussten die Frauen der Dörfer bis zu 600 Mahlzeiten für die Jagdgesellschaften herrichten.

Ein Plan aus dem 17. Jahrhundert zeigt eine von einer Mauer mit nach außen gerichteten Strebepfeilern im Oval umzogene Innenburg mit innerem quadratischem Turm. Die Vorburg beherbergt die Gebäude zwischen zwei Armen der Kraich; sie ist wiederum in zwei Teile getrennt.
Das Schlossgut umfasste 1686 eine bebaubare Fläche von 154 Morgen Ackerland und 30 Morgen Wiesen in der Ketschau.

Im pfälzisch-orleanischen Erbfolgekrieg wurde das Schloss 1689 zerstört. Auch die inzwischen beim Schloss eingerichtete Mühle brannte bis auf die Grundmauern ab. Die Gebäudereste ließ man verfallen und 1764 erhielt Reilingen einen Teil des Gemäuers als Steinbruch zurück. Aus diesen Steinen wurde u.a. eine Friedhofsmauer gebaut, diese aber auch zum Teil für den Bau der ersten steinernen Kraichbachbrücke durch den kurfürstlichen Baumeister Rabaliatti in Hockenheim.

Von der ganzen Burg- und Schlossanlage ist heute fast nichts mehr zu sehen. Lediglich ein Gewölbekeller und ein alter Tiefbrunnen erinnern an die Burg. Besonders spannend ist es aber, einmal mit einem Flugzeug über die ehemalige Burg Wersau zu fliegen. Je nach Stand der Sonne kann man den früheren Verlauf der Burganlage erahnen, was auch Fotos der Luftbildarchäologie bestätigen.

Fortsetzung folgt
( 20.08.2007 - 11:04)

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1823: Renovationsplan vom Schloss1823: Renovationsplan vom Schloss
1966: der Kraichbach vor der Einmündung in die TurbineSchlossmühle 1966: der Kraichbach vor der Einmündung in die Turbine. In den 1970er Jahren wurde dieser Teil des Bachbettes zugeschüttet.
Schlossmühle - Datierung unbekanntSchlossmühle - Datierung unbekannt

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