Aus dem Rathaus

Einblicke in Strategien der rechten Szene

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Sechs Millionen Juden und mehr als 75000 Behinderte und psychisch Kranke - so viele Menschenleben forderten Vorurteile allein im Dritten Reich. Andersartige auslöschen, um die reine Rasse der "Arier" wieder herzustellen - eine Ideologie, über die heute viele den Kopf schütteln, die aber seinerzeit auf zahlreiche Anhänger gestoßen ist. Seinerzeit?

Wölfe im Schafspelz
"Es ist leichter einen Atomkern zu spalten als ein Vorurteil", hat einst Albert Einstein gesagt. Hat sich in den vergangenen Jahrzehnten also wirklich so viel verändert? Oder wurde das Feindbild "Juden" nicht einfach nur durch Türken und Farbige ergänzt?

Die Ausstellung "Hass ist ihre Attitüde" in der Stadtbibliothek macht es deutlich. Seit Montag gibt diese im Rahmen der Sicherheitswoche einen Einblick in die rechte Szene und klärt anschaulich über deren Symbole, Marken, Musik und Strategien auf. Denn gerade dann, wenn die NPD - das Sammelbecken für Rechtsradikale - nicht nur mehr Wählerstimmen, sondern auch Sitze im Landtag gewinnt, dann gilt es besonders, junge Menschen frühzeitig zu informieren.

In einem anhaltenden Umbruch befindet sich die radikale Rechte in Deutschland. Während sich früher allein schon am Äußeren festmachen ließ, wer politisch rechts gesonnen ist (Paradebeispiel: Skinheads gekleidet in Pit-Bull-Bomberjacken und Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln), tarnen sich die Szenenzugehörige heute als "Wölfe im Schafspelz".

Auffällige Hakenkreuze und die doppelte Sigrune sind Zahlencodes gewichen, mit denen sich ungestraft verbotene Parolen öffentlich verbreiten lassen, wie zum Beispiel die 88 für HH ("Heil Hitler").

Neben dem Hauptzielen politisch Fuß zu fassen ("Kampf um die Parlamente") und ihre Ideologie durchzusetzen ("Kampf um die Straße"), so genannte "Freie Kameradschaften" versuchen es auf militärischem Weg, besteht ein großes Interesse der von Männern dominierten Szene darin, eine Jugendkultur zu etablieren. Dieser "Kampf um die Köpfe" gehört ebenfalls zu dem "Drei-Säulen-Konzept", das Mitte der 90-er Jahre geschaffen wurde.

Wie es den Rechtsradikalen gelingt, Einfluss auf die Meinungs- und Bewusstseinsbildung von jungen Menschen zu gewinnen? Eine der 14 Infotafeln der Ausstellung macht es deutlich: Musik ist die "Einstiegsdroge", sie übermittelt Botschaften und verbindet. Rechtsextremes Gedankengut verpackt in Hardrock, HipHop oder Schlager- nicht selten gezielt auf Schulhöfen in Umlauf gebracht, um sich frühzeitig Nachwuchs zu ziehen und Wählerstimmen zu sichern.

Symbole, Zeichen, Musik und Marken - nach außen hin harmlos, im Innern strotzen sie vor Rassismus, Antisemitismus und Gewaltbereitschaft. Der Holocaust wird verharmlost, Menschen in höhere und minderwertige Gruppen eingeteilt, Adolf Hitler und sein "Stellvertreter" Rudolf Hess als Helden und Märtyrer verehrt.

"Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hängt mit der Blödheit der Bewunderer zusammen", so CDU-Politiker Heiner Geißler. Dabei besitzt gerade derjenige, der genau hinsieht und nachdenkt dann, wenn es darauf ankommt, die mächtigste Waffe: Nämlich die Zivilcourage, um "Nein!" zu sagen.
Vanessa Schäfer aus SZ
( 09.07.2008 - 09:35)

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