Ortsgeschichte

Ein Kurfürst in Wersau

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Aus dem Tagebuch Friedrich IV.
Teil 1


Er ist auch heute noch relativ bekannt; Nicht so sehr durch seine Leistungen als Herrscher, als vielmehr durch seinen Hang zum Alkohol und seine (vergeblichen) Versuche, diesem Laster zu entsagen:
Gemeint ist Friedrich IV. von Pfalz-Zweibrücken-Simmern, 13. Kurfürst von der Pfalz, der 1574 geboren wurde und von 1592 bis 1610 Landesherr der Pfalz war. Er wurde unsterblich durch ein Studentenlied, dessen erste Strophe folgendermaßen lautet:

Wütend wälzt' sich einst im Bette Kurfürst Friedrich von der Pfalz.
Gegen alle Etikette brüllte er aus vollem Hals:
"Wie kam gestern ich in's Nest?
Bin, scheint's, wieder voll gewest!"

Der Text übertreibt natürlich, enthält aber eben auch Wahres. Er beruht auf einem Tagebuch des Fürsten, das uns in Abschrift zugänglich ist: In der "Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins", Band 33, (1880), S.201-243, ist es veröffentlicht. Dort lassen sich die täglichen Eintragungen Friedrich IV. über eine Zeitspanne von gut drei Jahren, genau vom 9.1.1596 bis zum 26.1.1599, nachlesen.
Dieses äußerst lebendige Zeugnis des Lebens eines Fürsten bekommt einen zusätzlichen Reiz dadurch, dass in der genannten Zeitschrift direkt anschließend ein Ausgabenbuch des Kurfürsten für die Zeit vom 3. Juni 1599 bis zum 10. Juni 1600 abgedruckt ist.
Das Tagebuch weist zunächst aus, wie der Kurfürst seine Herrschaft auch durch Bereisung seines Territoriums in den einzelnen Orten ausübte: Es enthält Angaben, wann er wohin gezogen ist, welche Persönlichkeiten er dabei getroffen hat und welcher Art die Staatsgeschäfte waren.
Daneben geben das Tage- und das Ausgabenbuch Aufschluss über die Privatbeschäftigungen und Interessen eines Fürsten, der in der spannungsgeladenen Zeit der Reformation, aber noch vor dem 30-jährigen Krieg lebte. Eine gut funktionierende Administration ermöglichte es ihm buchstäblich, "fürstlich" zu leben:
Es ist viel vom Jagen und vom Wettschießen die Rede, auch vom Ringrennen (vom Pferd aus mit einer Lanze einen aufgehängten Ring auffädeln). Maskeraden, Tanzveranstaltungen, Schlittenfahren und Turniere, aber auch Ballspiel und Kartenspielen werden erwähnt.
Friedrich IV. notierte Unwetter und Unfälle. Er schrieb auf, wann er sich in den Staatsrat bemühte bzw. wann er zum Gottesdienst ging. Das "wichtigste" Ereignis jedes Tages fand jeweils seinen Niederschlag und sei es nur folgendes: "hat sich ein hass an einen Stein zu tocht (Tod) geloffen ".
Man liest auch wiederholt von Tafelrunden und Umtrünken, die ihm zum Teil nicht gut bekamen, und von Verabredungen, das Trinken lassen zu wollen.
Das Ausgabenbuch weist ihn als Fürst aus, der einzelnen Untertanen bei Gelegenheit als Belohnung Geldstücke zusteckt, und als Freund von Künstlern. Erhebliche Beträge gab er für Kostbarkeiten und im Spiel aus.
In den Reilinger Chroniken wurde bisher nicht erwähnt, dass einige Eintragungen im Tagebuch sowie eine Eintragung im Ausgabenbuch auch Wersau betreffen. Sie werden im folgenden buchstabengetreu wiedergegeben. Zunächst die Auszüge aus dem Tagebuch, wobei in Klammern gestellte Wörter Ergänzungen bzw. Erläuterungen sind:

1598

Abrilis
29. seint wir nach Werschaw gezogen.
30. hab ich dass best mit der buxsen gewonnen, welichs der hertzog Gustavus zum besten geben.
Maij
1. haben wir zum ringgerennt und ihm hoff bargeloffen (sattel los reiten)
2. ist hertzo(g) Hanß faltzgrave her kummen.
3. ist hertzog hanßger fol gewesen.
4. bin ich von der tafel aufgestanden, ist mi rubel worden.
5. hab ich borgation (Abführmittel) eingenummen.
6. bin ich hetzen gezogen.
7. haben wir in hoffgarden geßen.
8. ist hertzog Hanß wegezogen und hat der grafe von Orden berg daß ben brochen.
9. ist graf Filibs von Hana (= Hanau) kummen.
10. ist graf filibs von Holoch (= Hohenlohe) kummen.
11. haben wir den Kergemer (=Kirchheimer) Weier gefischet NB. mein gemahl
12. hab ich etwas zum besten geben mit der armbrust.
13. seint wir nach Turlach gezogen.
16. seint wir von Turlach weggezogen nach Werschau, und hat deß Krumstorfs pfert den von man Mansfeld geschlagen.
17. seint wir von Werschau nach Heidelberg gezogen

Junij
21. seint wir von Durlach auf Werschen gezogen, ist der dochter Graf krang worden.
22. von Werschau nach Schwetzigen.
30. seint wir von Heidelberg nach Werschau gezogen.

Julij
1. seint wir von Werschau nach Durlach gezogen.


Fortsetzung folgt
Verfasser: U. Mehlhaus
( 28.07.2008 - 10:04)

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