Ortsgeschichte

Das ehemalige Bahnwärterhäuschen 26a
Das ehemalige Bahnwärterhäuschen 26a

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Vor einigen Jahren noch, stand es an der Bundesbahnstrecke "Karlsruhe - Mannheim" - auf halbem Wege zwischen Neulußheim und Hockenheim, - ein Bahnwärterhäuschen mit Bahnübergang. Es gehörte, wie wohl nur wenige wissen, zur Gemarkung Reilingen, die an dieser Stelle über die Bahnlinie bis zur B 36 reicht.

Das erste und letzte Bahnwärterhäuschen auf unserer Gemarkung wurde im Zuge des Eisenbahnbaues um die Jahrhundertwende errichtet und hatte für die Landwirte unserer Gemeinde eine wichtige Funktion. An dem Bauwerk führte ein Feldweg vorbei, der dort die Bahnlinie überquert. Für Landwirte, die ihre Felder über der Bahn oder auch Wiesen- oder Obstgrundstücke in der Rheinniederung beim Luxhof bewirtschafteten, war dieser Übergang in früheren Zeiten unersetzlich. Wenn man bedenkt, dass zu diesen Zeiten Kuh- und Pferdefuhrwerke die einzigen Transportmittel für die Einbringung der Ernte waren. So bedeutete der Übergang eine wesentliche Abkürzung gegenüber der Landstraße über Neulußheim oder Hockenheim.

Neben dem Bedienen der Schranken gehörte das Anzünden der Signallampen an den Vor- und Einfahrtssignalen in Richtung Neulußheim und Hockenheim lange Jahre zu den Aufgaben der Bahnwärtsleute, den Eheleuten Thorn (später wohnhaft in Neulußheim).

Man lebte bescheiden in einem solchen Haus. Elektrisches Licht gab es nicht; des Abends wurde eine Petroleumlampe angezündet. Erst nach der Elektrifizierung der Bundesbahnstrecke in den 50 er Jahren, wurde auch ein elektrischer Anschluss verlegt. Brauchwasser holte man mittels einer Kolbenpumpe aus dem ca. 6 m tiefen Brunnen im Garten.

Vielen älteren Reilingern wird dieser Brunnen noch in guter Erinnerung sein. Nach schwerer Feldarbeit holte man sich dort regelmäßig einen kühlen Schluck. Oftmals füllte man dort auch die Wasserfässer für das Setzen von Rüben- und Tabakpflanzen denn der Weg nach Reilingen war weit.

Ernährungsprobleme gab es bei den Bewohnern wenige. Im Stall standen 2 - 3 Ziegen, der Hof war voller Hühner, Enten und Gänse. Auf einigen Äckern in der Nähe wurden Getreide, Kartoffeln und Gemüse angebaut. Die ärztliche Versorgung war wegen der Abgeschiedenheit, vor allem in den Wintermonaten, etwas schlecht, und Post und Zeitung holte man sich selbst auf dem Postamt in Neulußheim. In die dortige Gemeinde gingen auch die Kinder einen oft mühsamen Weg zur Schule. Die Kriegsjahre hat das Bahnwärterhaus mit Ausnahme einiger zerbrochener Fensterscheiben und abgedeckter Ziegel unversehrt überstanden. Der Eigentümer weiß noch eine abenteuerliche Geschichte aus den Kriegszeiten zu erzählen, als an Ostern 1945 ein deutscher Jagdflieger von alliierten Flugzeugen abgeschossen wurde. Der Pilot wich mit einiger Mühe dem Bahnwärterhaus aus und zerschellte auf dem Acker des verstorbenen Eintracht-Wirtes Georg Schneider, in etwa 50 m Entfernung.

In den folgenden Jahren wurde der Bahnübergang für den Verkehr attraktiver, als die Stadt Hockenheim das Schwimmbad und die Mittelschule gebaut und viele Schulkinder aus Neulußheim die Schranke mit ihren Fahrrädern tagtäglich passierten. Derart in Anspruch genommen, wurde der Übergang von der Bundesbahn auf Fernbedienung umfunktioniert. Die Schranken konnten somit auf Anruf von einem Stellwerk in Hockenheim aus geöffnet und geschlossen werden.

Da auch die Signalanlagen schon seit langem elektrisch beleuchtet waren, gab es für die Bahnwärtsleute keine Arbeit mehr und das Häuschen wurde aus wirtschaftlichen Gründen im Jahre 1965 abgerissen.

-Th-
( 07.04.2006 - 11:07)

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