Ortsgeschichte

Huldigungsliste der Reilinger Bürger von 1685

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Ein glücklicher Zufall (Manfred Fuchs aus Leimen) spielte mir die Kopie der Huldigungsliste der Reilinger Bürger von 1685 in die Hände. Die ganze Kirchheimer Zehnt, alle Untertanen der Dörfer im Zehntverband, zu dem ja auch Reilingen gehörte, legten in unregelmäßigen Abständen ihren Untertaneneid anlässlich einer Zehntgerichtssitzung oder bei einer allgemeinen Huldigung ab. So huldigten 1685 die Zehntbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten, ihrem neuen Landesherrn Kurfürst Philipp Wilhelm. Aus diesem Anlass notierten die Zehntschreiber die Personen von allen Orten, die gehuldigt hatten, auf. Auch die, welche nicht erschienen waren, wurden zum Teil unter Angabe des Grundes aufnotiert. Die Huldigungsliste gibt uns Aufschluss über die genaue Anzahl der männlichen Einwohner Reilingens im Jahre 1685. waren 44 Personen, die über 18 Jahre alt waren. Das für manche Reilinger Bürger in genealogischer Hinsicht interessante ist die namentliche Erfassung aller männlichen Bewohner.

Als ich bei der Erstellung der Ortschronik mit dem Beitrag "Glaubensflüchtlinge in der Kurpfalz" (S. 251) mithalf, war mir diese Huldigungsliste leider noch nicht zugänglich. So konnte ich, als von der Ansiedelung der französischen Flüchtlingsfamilien in Reilingen die Rede war, die Namen derselben nicht erwähnen. Dies will ich an dieser Stelle nachholen und meinen Beitrag von damals versuchen zu vervollständigen.

Die Huldigungsliste erfasst nämlich nicht nur die alteingesessenen deutschen Bürger von Reilingen, sondern zählt auch die 1.685 frisch angekommenen "welschen" Flüchtlinge auf, die vom Kurfürsten in Reilingen brachliegendes Land zugewiesen bekommen hatten. Das Dorf sollte durch die Aufnahme von Piemontesen wieder zu leben erweckt werden, da es im Dreißigjährigen Krieg weitgehend entvölkert worden war. Mehr als die Hälfte der männlichen Einwohner Reilingens im Jahre 1685 waren französisch sprechende Flüchtlinge. Da anzunehmen ist, dass der zahlenmäßige Anteil der Frauen dem der Männer entsprach, dürften ungefähr an die 100 Personen in Reilingen gewohnt haben.

Wie aus der Liste zu ersehen, müssen augenscheinlich mehr französische Familien in Reilingen gesiedelt haben, als in den zugänglichen Quellen bisher angegeben wurden. In den "Weistümern der Zehnt Kirchheim", S. 181, sind 6 Familien genannt, in der "Amtlichen Kreisbeschreibung" III. S. 776 ist von12 Familien die Rede. Laut Huldigungsliste sind 18 "welsche" Bürger aufgezählt, die verschieden lautende Nachnamen haben. Da der Kurfürst daran interessiert war Familien anzusiedeln und keine Junggesellen, darf man wohl davon ausgehen, dass sich mindestens 18 französische Familien 1685 in Reilingen als Neusiedler niederließen.

Wie der Jacob Chimio einzuordnen ist, der bei den "Söhnen über 18 Jahren" steht, ist unklar, da er dem Namen nach zu keiner der erwähnten Familien passt.

Nro. 8 Reylingen
Schultheiß Hans MicheIl Zahn
Benedikt Weißbrodt
Hans - Peter Hofschneider
Hans Zwilling
Hans Christof Eichhorn

Bürgerschaft
Lorentz Eichhorn
Hans Erhardt Grob
Henrich Eisinger
Johann Morion
Peter Güldener ist Dorfwächter
Hans Georg Schell
Jakob Mayer
WendeIl Nicolaj
Anthoniy SchlegelI
Georg Bittner

Welsche Bürger, so aus Frankreich anhero kommen
Jaquedts Dieur
Pierre Gillion
Chas Mietsch
Vessan Gilbo

Mehr Welsche Bürger
Joset Marell
Simon Chollet
Pierr Givo
Daniel Givo
Isacc Flaman
Nicolaus Posset
Francois Lipo Jean
Thomas Noe
Daniel Odini
Nicola Manson
Isacc de Chön
Pierre Mersi
Simon Mersi
Jacob Divoir
Esaie Lasey
Simon Cornet

Ledige Söhn so über 18.Jahr alt:
Arnolt Eichhorn - kann nicht gehen
Christof Adrian, ist nicht erschien
Ludwig Poset
Jacob Noe
Jacob Chimio

Beysaßen oder Taglöhner
Christian Wolff
Jakob Großman, hats gebott gehabt aber nicht erschienen

Erb: oder Temporaibeständer
Christoft Sitt, herrschaftficher Müller im Schloß
Valentin Müller, Schäffer im herrschaftlich Schafhof wohnhaft

Summa aller Personen zue Reylingen und Wersaw so gehuldiget haben ist
Schultheiß undt Gericht: 5
Bürgerschaft: 30
ledige Söhn: 5
Beysaßen: 2
Temporalbeständer: 2
Sa. 44 Personen

Die Huldigungsliste von 1685 gibt uns aber nicht nur Aufschluss über die Namen der damals in Reilingen ansässigen Bürger, sie vertieft auch unser bisheriges Wissen über die Pachtzeit der "Hofbeständer" auf Wersau.

So sind in der Chronik (S. 110) die einzelnen Pachtperioden von Wersau aufgezählt und es heißt dort: "Die dritte Periode dauerte von 1678 bis 1684 ..“. Auf diese Pachtzeit folgt eine Unterbrechung, bis die vierte Periode 1686 beginnt und1693 endet."
Durch die Huldigungsliste ist diese Lücke in der Pachtzeit von Wersau nun ausgefüllt. Unter den Erb - oder Temporalbeständern Vom Jahre 1685 ist ganz klar ein Christoff Sittals herrschaftlicher Müller im Schloss ausgewiesen.

Valentin Müller ist zur gleichen Zeit Schäfer und wohnt im Schafhof. Er hatte schon 1676 bis 1679 die Schäferei übernommen.

Im Erbbestandsbrief von 1680 verleiht Kurfürst Karl Ludwig die Schäferei auf 9 Jahre an Theobald Hofmann und Balthasar Ernst (Chronik S. 122) . Da Valentin Müller aber in der Huldigungsliste von1685 als Schäfer erwähnt wird, muss ein frühzeitiger Wechsel vor Ablauf der 9. Jahresfrist im Erbbestanderfolgt sein.

Da dies eine Vervollständigung meines Beitrages "Glaubensflüchtlinge in der Kurpfalz" in der Ortschronik darstellt, wäre es für die Reilinger Burger, die die Chronik besitzen, eventuell von Interesse, wenn sie den Artikel ausschneiden und ihn der Vollständigkeit halber zwischen die Seiten 250 und 251 legen.

Heimatgeschichtlicher Beitrag von Dieter Rapp
( 11.07.2008 - 07:50)

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