Ortsgeschichte

Das ehemalige Gasthaus "Zum Adler" wurde abgerissen
Das ehemalige Gasthaus \

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Dieser Bericht wurde 1979 veröffentlicht.

Nachdem am letzten Samstag ein Bagger die Fassade des Hauses in der Hauptstraße 79 endgültig beseitigte, ist ein Stück Reilinger Geschichte für immer verschwunden. Es dürfte ganz interessant sein, die Entstehungsgeschichte zurückzuverfolgen:

Am 27.8.1805 erwarb der Schutzjude Raphael Mayer (Handelsmann) einen "Acker an der gemeinen Straß, oben im Ort, Kaufpreis 50 Gulden". Dieser erste Eigentümer dürfte dann später das Haus erstellt haben. 1864 übernahm der Sohn Jonas Mayer das Gebäude, ehe es von seinem nächsten Besitzer Lazarus Mayer (Hopfenhändler) im Jahre 1871 an Michael Bickle I (Metzger) kam. Am 3. Oktober 1871 erteilte der Schwetzinger Bezirksrat unter Vorsitz des großherzoglichen Oberamtmannes Richard dem Reilinger Metzgermeister Michael Bickle die Konzession zum Betreiben einer Gastwirtschaft in seinem Hause. Am 4. November 1871 genehmigte das großherzogliche Bezirksamt dem Michael Bickle die Errichtung des Schildes "Zum Adler"

Bis zum Jahre 1887 betrieb Michael Bickle die Gastwirtschaft in dem bereits im Jahre 1819 erbauten Hause. Bereits 1875 wird Adam Eichhorn (Bierbrauer) als neuer Besitzer in den Akten vorgefunden, 1877 ist es Philipp Eichhorn I, 1887 Franz Heinrich Eichhorn und 1895 Bernhard Weißbrodt. Wir wissen auch, dass Peter Läuser ab 1905 den "Adler" gepachtet hatte, ehe 1913 Peter Decker folgte. 1919 erwarb Georg Brandel Gasthaus und Anwesen. 1926 bis 1928 hatte Rudolf Bickle das Lokal gepachtet. In diese Pachtzeit hinein fiel der Todestag des Eigentümers, Georg Brandel, der am 10.4.1927 starb. Seine Witwe übernahm 1928 wieder die Wirtschaft und führte sie weiter bis zu ihrem Tode im Jahr 1960. Nach ihrem Tode führten die Kinder die Gaststätte bis zum Juni 1961 weiter.

Aber auch in kultureller Hinsicht war der „Adler“ ein Stück Reilinger Geschichte. Seit dem Jahre 1905 war der "Adler" das Lokal des Männergesangvereins "Sängerbund 1897", dessen Aufschwung eng mit dem Lokal und seinen sangesfreudigen Wirtsleuten verbunden war. Aber auch zahlreiche andere Vereine fühlten sich im "Adler" wohl. Im großen Saal fand manch ein Ball statt und viele Theaterstücke gelangten auf der Adlerbühne zur Vorstellung. Im Jahre 1952 wurde dieser große Saal zu den "Reilinger Lichtspielen" umgebaut. Das Kino schloss im Frühjahr 1969 mit dem Film "Doktor Schiwago" endgültig seine Pforten, so dass es in Reilingen seit dieser Zeit kein Kino mehr gibt.

Im Jahre 1964 wurde im ehemaligen "Adler" nach umfangreichen Bauarbeiten das Reilinger Postamt untergebracht.

Seit 1975 hieß der neue Besitzer Adolf Walther und seit 1979 ist es Dieter Hoffmann.

Als für die Post die Räumlichkeiten zu klein wurden, zog das Postamt am 14. März 1977 in das Reilinger Neubaugebiet um. Im ehemaligen Kinosaal standen jetzt Pferde. Aber auch das ganze Gebäude war für unsere Zeit unrentabel geworden. So entschloß sich der jetzige Besitzer zum Abriß des Gebäudes. An seiner Stelle soll ein Supermarkt entstehen.

Hier endet nun die Beschreibung des Chronisten. Reilingen hat ein altes Haus weniger. Ob der kommende Neubau auch eine solch bewegte Geschichte haben wird?

Die zweite Aufnahme entstand etwa im Jahre 1914. Das aufgehängte Fahrrad ist Reklameschild für die Schlosserei Eichhorn in dem" Froschgässl" (Wörschgasse). Vor dem Hause steht noch die Futterkrippe für die Pferde, der damalige" Parkplatz".

(Quellen: 1. Zeitungsartikel vom 3.6.1961, 2. Eigentümerliste von Gemeindeamtsrat Ludwig Müller).

PS: Heute befindet sich in dem neuen Wohn- und Geschäftshaus u.a. eine Zahnarztpraxis und der Baumarkt Haas

Bild: Brandel, Klara Haffner, Repro: Philipp Bickle
( 05.04.2007 - 09:38)

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Das ehemalige Gasthaus \Das ehemalige Gasthaus \"Zum Adler\" um 1914
Abbrucharbeiten 1979Abbrucharbeiten 1979

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