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Wie wird man Fußballprofi?

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Unzählige junge Spieler träumen davon, in die Fußstapfen von Michael Ballack und Co. zu treten. Nur wenige schaffen es tatsächlich, diesen Traum zu verwirklichen. Wie also wird man Fußballprofi? Die T-Com Fankurve hat einen gefragt, der es wissen muss: den gebürtigen Reilinger Kurt Niedermayer. Der 49-Jährige betreut die U 19 des FC Bayern und hat früher selbst in der Bundesliga gespielt (unter anderem für den FC Bayern). Drei Deutschen Meisterschaften und einem DFB-Pokalsieg als Spieler, ließ er in den vergangenen vier Jahren drei Meistertitel als Trainer mit der U 19 folgen. Also, wie wird man Fußballprofi?

Herr Niedermayer, Sie müssen es wissen:
Kurt Niedermayer: "Indem man sich ständig verbessern will und nie aufhört zu lernen. Man darf sich nicht auf das Talent verlassen, sondern muss kontinuierlich und zielstrebig an seinen Schwächen und natürlich auch Stärken arbeiten. Und man muss auf das hören, was die Trainer sagen."

Also alles eine Frage des Willens?
Kurt Niedermayer: "Die Eigenmotivation ist mit Sicherheit am wichtigsten. Es muss eine ständige Lust dabei sein, sich bei jeder freien Gelegenheit mit dem Ball beschäftigen zu wollen. Das wird dem einen oder anderen irgendwann zu viel, so dass sein Weg nicht zum Profi-Fußball führt. Wenn man also keine Eigenmotivation hat, dann wird es nicht gehen."

Inwieweit kann man als Trainer zur Motivation beitragen?
Kurt Niedermayer: "Nur ein bisschen. Indem man dafür sorgt, dass die Spieler auch bei Einheiten, die nicht unbedingt Freude bereiten, Spaß entwickeln. Aber wenn die Eigenmotivation nicht da ist, kann sich ein Trainer auf den Kopf stellen. Immer nur anschieben und motivieren - das wird nicht funktionieren."

Wer den Traum vom Profifußballer verwirklichen will, der läuft Gefahr, die Schule zu vernachlässigen...
Kurt Niedermayer: "Es ist uns ganz besonders wichtig, dass die Schule nicht zu kurz kommt und die Spieler ihre schulischen Ziele erreichen. Wenn Verletzungen hinzukommen, kann es ganz schnell mit dem Traum vom Profifußball vorbei sein. Wir legen also Wert darauf, dass zweigleisig gefahren wird und die Schule zu ihrem Recht kommt. Es geht beides: Ich war früher auch ständig mit dem Ball beschäftigt und habe trotzdem meinen Schulabschluss und eine Lehre gemacht."

Bremst die schulische Ausbildung nicht die Entwicklung der Spieler?
Kurt Niedermayer: "Im internationalen Vergleich müssen wir aufgrund der Schulausbildung Geduld haben. Wenn man im Ausland Turniere besucht, hat man auch mal die Gelegenheit, mit anderen Kollegen zu reden. Da hört man dann von fünf Schulstunden in der Woche. Das führt natürlich dazu, dass sich ein Spieler öfters auf dem Trainingsplatz aufhält. Das heißt also, dass wir in den Jahrgängen der 16-, 17- und 18-Jährigen im internationalen Vergleich nur zweiter Sieger sind."

Müsste man dann die schulische Belastung nicht herunterschrauben?
Kurt Niedermayer: "Nein. Wir müssen nur ein bisschen länger warten können. Dieser Rückstand gleicht sich wieder aus, wenn die Schule mal abgeschlossen ist, die Jungs zu den Amateuren kommen und zwei Mal am Tag trainieren können. Die Amateure sind eine gute Weiterentwicklungsstation, die in Deutschland besteht. Diese Möglichkeit gibt es in anderen Ländern nicht."

Immer wieder hört man den Vorwurf, die Jugendspieler würden zu sehr verwöhnt. Wie sehen Sie das?
Kurt Niedermayer: "Das ist immer so ein Schlagwort: Die Jugend wird verwöhnt. Ich kann das nicht feststellen. Wir haben Spieler, die auf sich nehmen, von zu Hause wegzugehen, ich neu zu orientieren, hier heimisch zu werden, in einer neuen Schule, in einer neuen Mannschaft... Das bedeutet, dass man nicht verwöhnt ist, sonst würde man sagen: Ich bleib' lieber zu Hause und die Mutti bekocht mich. Unsere Spieler können sich das Verwöhntsein nicht leisten. Weil wir von Ihnen erstens im Training und zweitens in der Schule viel fordern. Da kann man es sich nicht bequem machen. Da muss man schon auf beiden Feldern richtig ackern, um seine Ziele zu erreichen."

Wenn es ein Spieler beim FC Bayern tatsächlich den Sprung von der Jugend in die Profi-Mannschaft schafft, wie verhindert man da, dass er abhebt?
Kurt Niedermayer: "Indem man mit ihm redet. Ihm klar macht, dass herausragende Leistungen in der Jugend nicht mit dem Profifußball gleichbedeutend sind. Wenn also ein Spieler in Gefahr ist, abzuheben, dann wird er immer wieder von uns gebremst. Wir bemühen uns, dass ein Spieler, der x Junioren-Nationalmannschaften durchlaufen hat und Deutscher Meister geworden ist, sieht: Der Übergang vom Jugend in den Seniorenbereich ist ein großer Schritt - ich muss wieder von unten anfangen. Man darf nicht meinen, dass man mit 18, 19 schon so weit ist, im Profifußball Fuß zu fassen. Wenn ein Spieler aber vom Charakter her so labil ist, dass er doch abhebt, dann werden wir das auch nicht verhindern können."

Wer in der Jugend des FC Bayern spielt, will natürlich Profi- Fußballer werden. Auch seine Familie und Freunde haben hohe Erwartungen in ihn. Der Druck ist also groß für die jungen Spieler. Sind Sie als Trainer da auch als Psychologe gefordert?
Kurt Niedermayer: "Ja, jeden Tag. Der eine kann mit dem Druck besser umgehen, der andere hat ein bisschen Probleme damit. Aber letzten Endes kann man den Spielern den kompletten Druck nicht nehmen. Druck gehört zum Fußball dazu. Wenn man tatsächlich Profifußballer werden will, dann muss man wissen, dass man jeden Tag von anderen beurteilt wird. Kritik gehört zum Geschäft. Ich versuche den Spielern klarzumachen, dass das nichts Negatives ist, sondern dass sie die Kritik positiv verstehen sollen, um sich weiter zu verbessern."

Sie haben in den 70er Jahren den Sprung zum Fußballprofi geschafft. Wie war das damals?
Kurt Niedermayer: "Mit 15 habe ich meinen Heimatverein verlassen und bin nach Karlsruhe gezogen. Beim KSC gab es damals eine ganz gute Jugendarbeit. Als A-Jugendspieler war ich schon in die Profimannschaft integriert. Zweimal die Woche konnte ich bei den Profis mittrainieren, nebenbei habe ich meine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Peu à peu habe ich mich hineingebissen. Erst bin ich bei Bundesligaspielen eingewechselt worden, später habe ich von Beginn an gespielt. Mit 21 habe ich dann die Chance bekommen, zum FC Bayern zu wechseln. Das war dann der nächste entscheidende Schritt nach vorne."

Im Rückblick: War es ein schwerer Weg?
Kurt Niedermayer: "Ja, es war beschwerlich. Es ging auch nicht alles glatt und immer steil nach oben. Im Endeffekt hat sich die Beharrlichkeit ausgezahlt, dran zu bleiben, sich auch von Misserfolgen nicht beeinflussen zu lassen und dem Trainer immer zeigen zu wollen: Du kommst an mir nicht vorbei. Aber die Gefahr war groß, dass man sich auf einen Weg begibt, der nicht zum Profifußball führt. Das ist heute noch so. Es gibt immer noch so genannte Freunde, die den einen oder anderen beeinflussen, dass er nicht alles dafür tut, sich weiterzuentwickeln. Die Lebensweise ist dann nicht an den Job angepasst."

Haben Sie es jemals bereut, in der Jugend auf Sachen verzichtet zu haben?
Kurt Niedermayer: "Überhaupt nicht. Die Disko hat mir nie gefehlt. Manche meinen, sie brauchen die Disko zur Lebensqualität. Für mich war das nie ein Argument. Ich wollte das nie. Ich wollte Fußballprofi werden und habe dieses Ziel konsequent verfolgt."
aus: T-Com Fankurve
( 25.04.2006 - 07:48)

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