Aus der Geschäftswelt

Trend der Zeit: Veränderungen im Einkaufsverhalten machen sich vor allem in Gemeinden stark bemerkbar
Zoo-Boutique Herchenhan schließt zum Jahresende

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Ob es stimmt, dass man in knapp einer Stunde in einem großen Einkaufszentrum ganz in der Nähe mehr Reilinger trifft, als einen ganzen Tag auf den Straßen der Gemeinde, ist (zumindest) nicht beweisbar. Dass aber Gemeinden (und auch Städte) gerade in der Nähe von großen Städten oder auch in der Nähe von großen Einkaufszentren kein reges Geschäftsleben aufweisen können, ist ein Trend unserer Zeit. Längst sind es nicht nur die vielzitierten Tante-Emma-Läden, die es nicht mehr gibt.

Alle reden natürlich gerne von Tante-Emma-Läden, möglichst mit nostalgischem Seufzer. Einkaufen würde kaum jemand dort, höchstens einmal wieder das, was man versehentlich beim "richtigen" Einkauf vergessen hat. "Tante Emma" hat längst keine Chance mehr, das beginnt bei der Vielfalt des Angebots und endet beim Preis.

Und so wie es Tante-Emma-Läden schon vor langer Zeit ging, so ergeht es nach und nach auch vielen kleineren Fachgeschäften. Nicht, dass die Fachgeschäfte nicht begehrt wären oder nicht besucht würden, man geht gerne in die Fachgeschäfte, denn dort bekommt man fachlichen Rat. Und der kostet ja nix. Gekauft wird dann beim so genannten Discounter. Und wenn man dann mit der Bedienung der Gerätschaft im Alltag nicht zurechtkommt? Ja, dann haben wir ja wieder das Fachgeschäft, das Fragen beantworten und Rat geben kann. Aber die guten Ratschläge und die Dankesworte dafür können in keiner Bilanz aufgeführt werden.

Ein typisches Beispiel dafür ist ein regional bekanntes Fachgeschäft in Reilingen, das zum Jahresende nach 33 Jahren schließen wird. Die Zoo-Boutique Reilingen ist seit über drei Jahrzehnten ein Begriff. Große Ausstellungen lockten Hunderte von Besuchern nach Reilingen, Seminare brachten interessante Informationen für die Kunden aus der ganzen Region. Sie wussten die Reilinger Zooboutique als Informationsquelle zu schätzen, waren teils jahrzehntelang treue Kunden.

"Vieles hat sich geändert, auch was die Hobbys anbetrifft", blicken Brigitte und Peter Herchenhan von der Zoo-Boutique zurück. Hobbys, die der Fitness dienen, haben eher noch Zuwachs, bei der Tierhaltung lasse die Bereitschaft, Geld auszugeben, mehr und mehr nach.

Was das Halten von Vögeln angehe, so gehe es seit etwa 15 Jahren abwärts, ebenso bei den Nagetieren, bei der Aquaristik, auf die sich die Zooboutique seit vielen Jahren spezialisiert hat, stagniert die Entwicklung.

Schlimmer ist jedoch ein anderer Trend, der Trend zur Sparsamkeit. "Ob es da natürlich wirklich um Sparsamkeit geht, ist eine Frage für sich, aber die Geiz-ist-geil-Mentalität hat eine neue Dimension geschaffen. Gut fühlt sich nur noch, wer ein vermeintliches Schnäppchen macht", weiß die Zoo-Boutique-Inhaberin aus langer Erfahrung.

Und die Rolle, die dann das kompetente Fachgeschäft spielt, ist schon fast tragisch. Hat man Fragen, kommt man ins Fachgeschäft, die Anschaffung selbst kauft man im Einkaufscenter oder im Internet. "Und dann kommen Kunden und sagen uns, dass sie mit einem Filterteil ihres Aquariums nicht zurechtkommen, wir informieren, erklären und verkaufen dann ein Kleinteil für 3,99 Euro", plaudert Brigitte Herchenhan aus dem Nähkästchen. Sollte das Spezialteilchen nicht vorrätig sein, hört man vorwurfsvoll: "Ihr seid doch ein Fachgeschäft".

Diese Problematik kennt nicht nur die Zoo-Boutique. Viele beratungsintensive Branchen wissen, dass viele Vorfragen vor einem geplanten Kauf einen solchen Kauf im Fachgeschäft nicht immer vorbereiten, sondern nur Wissen für den Gang zum Discounter vermitteln sollen.

Und wenn der Kunde etwa mit einem nagelneuen Aquarium kommt und verschiedene Dinge nicht bedienen kann, dann hat er es immer "zufälligerweise geschenkt bekommen". Manchmal fragt Brigitte Herchenhan die Leute auch, was sie denn so für ihre neue Aquaristik-Anlage bezahlt haben. Oft staunen diese, dass der Listenpreis des Herstellers sogar noch unter dem Angebotspreis des Discounters liegt. "Die wirklich günstigen Lockangebote müssen ja irgendwie finanziert werden", meint Peter Herchenhan.

Dennoch blickt Brigitte Herchenhan gerne auf die 33 Jahre ihrer selbstständigen Geschäftstätigkeit zurück. Man hatte viele treue Stamkunden, mit denen man heute noch Kontakt habe, man sehe aber ein, dass der Charakter eines klassischen Fachgeschäftes gerade im regionalen Bereich eigentlich kaum noch gefragt sei.

"Da haben wir uns einfach gesagt, wir können den Markt nicht ändern, aber wir können uns ändern", sind sich die Herchenhans einig und schließen zum Jahresende nach 33 Jahren ihre Zooboutique.
Franz A. Bankuti aus SZ, Foto svs
( 12.11.2007 - 14:25)

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