Aus dem Rathaus

"Vergessen wir niemals den Menschen"

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"Ich habe persönliche Verantwortung in Reilingen 16 Jahre als Bürgermeister in Ihrem Auftrag getragen; offensichtlich mit dem Ergebnis, dass die heute Verantwortlichen, nachdem sie mich für alt und reif genug halten, zum Bürger "h.c.", also "ehrenhalber" ernannten." Humorvoll und mit viel hintergründigen Gedanken und Überlegungen sprach der Altbürgermister und neue Ehrenbürger Reilingens zum Abschluss der Feierstunde am Sonntag Vormittag in der Mannherz-Halle.

Nachdenklich stellte er nach den Reden fest, dass mit den Augen und Empfindungen der Redner die taten und Leistungen des ehemaligen Bürgermeisters betrachtet und in Erinnerung gerufen worden seien. Es sei ihm bewusst, betonte Müller, all dies gebe der ausgesprochenen Ehrung jenes menschliche Gewicht und den bürgerschaftlichen Inhalt, der ihm persönlich wichtig sei und den er nicht missen wollte. Man habe, fuhr Helmut Müller fort, eine Art zeitreise unternommen in eine Vergangenheit, die zwar noch lebendig, aber trotzdem vergangen sei. Man werde sie wohl einst in einer Ortschronik wiederfinden.

Kurz erwähnte Müller dabei beispielhaft die 700. Wiederkehr der der ersten Erwähnung des Ortes im Jahre 1986. Noch heute würde man sich gerne und intensiv an die denkwürdigen Jubiläumsfeiern und Veranstaltungen erinnern, die ganz wesentlich zur Festigung der Dorfgemeinschaft beigetragen hätten.

Der neue Ehrenbürger Helmut Müller ging auf die konsequente Aufwärtsentwicklung Reilingens ein. Er habe eine Devise stets zu vermitteln versucht, die er selbst sich zu eigen gemacht habe. Es ist ein Ausspruch des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuß, der feststellte: "Gemeinden sind wichtiger als der Staat, vergessen wir jedoch nicht die Menschen, sie sind wichtiger als die Gemeinden." Zwar sei dieser Ausspruch in der ungewissen Aufbausituation der damals jungen Republik getätigt worden, seine Richtigkeit und Wichtigkeit habe er aber keineswegs verloren.

"Wenn die Sozial- und Politikverantwortlichen in Staat und Gesellschaft den Menschen, als Dreh- und Angelpunkt allen Bemühens nicht mehr sehen, dann machen sich diese Menschen auch bei Wahlen unsichtbar," war sich Helmut Müller sicher. Wenn, unabhängig davon, wo und warum, Menschen auf die Straße gingen und von ihrem verfassungsmäßig verbrieften demokratischen Recht zu demonstrieren Gebrauch machen, dann sei in der Reihenfolge der Wichtigkeiten in einem Staatswesen etwas durcheinander geraten, meinte Müller.

Weiter gab Müller zu bedenken: Wenn sein Wahlspruch "Sparen heißt, sinnvoll Geld ausgeben", auf andere Ebenen übertragen, dazu führen würde, auch den Reformstau auf Bundesebene zu entflechten, dann wäre eine Neuordnung der Bundesländer eine mittel- bis langfristig effektivere Aktion, als die Kürzung des Taschengeldes bei pflegebedürftigen Menschen.

Letztendlich seien wir alle, fasste Müller zusammen, uns selbst und der künftigen Generation verantwortlich. Das treffe auf die so genannten Wissenden oder Eliten ebenso zu wie auf den einfachen "Jedermann".

Auch bei diesem Themenbereich wollte sich Müller einen kleinen verbalen Seitenhieb nicht entgehen lassen, indem er meinte: "Ich glaube übrigens nicht, dass jeder, der sich zur Elite rechnet, ein Wissender ist und bei weitem nicht jeder Wissende wird zur Elite gezählt". Schließlich habe es schon im ältesten heiligen Buch geheißen, dass man "sie an ihren Früchten erkennen soll".

Viel herzlicher Beifall und Ovationen wurden dem neuen Ehrenbürger Helmut Müller zuteil. Damit war der offizielle Teil einer heiter-fröhlichen und doch festlich-nachdenklichen Feierstunde zu Ende, die auch die Bezeichnung "Stunde" ob ihrer erfrischenden Kürze verdient hatte.

Zwischenzeitlich stand ein Büfett bereit und waren die Gläser gefüllt und man konnte auf das Wohl des Ehrenbürgers und seiner Familie, auf das Wohl und die Zukunft Reilingens anstoßen. Gerne kamen die Gäste dieser Aufforderung nach und verständlich, dass es rückblickend in gemütlicher Runde noch vieles zu erzählen gab. ba aus SZ
( 14.09.2004 - 08:01)

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