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Ein "Dreirad" kann ganz schön exotisch-aufregend sein

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Kaum steigt das Thermometer über 15 Grad Celsius, blühen nicht nur die ersten Krokusse und die Eiscafés füllen sich. Es wird auch wieder "alles Gefährt" aus der Garage geholt. Man schnallt sich die verstaubten Inlineskates unter die Füße, bringt das Rennrad auf Vordermann und wachst das Cabriolet noch einmal ein, bevor man im Anschluss die Jungfernfahrt 2007 antritt. Doch Moment mal! Was war denn das? Was ist denn da eben um die Ecke gesaust? Ein Motorrad? Nein, das kann es nicht gewesen sein. Das hatte doch drei Räder.

Wenn Berthold Marx aus Reilingen mit seinem Gefährt unterwegs ist, erfreut er sich immer wieder an den Reaktionen seiner erstaunten Mitmenschen. "Es ist jedes Mal eine Gaudi, wenn man unterwegs ist", so der 48-jährige Kfz-Mechaniker. Denn Berthold Marx hat ein ausgefallenes Hobby: Er fährt Trike und feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum im Sattel seiner quietschgelben Zweisitzer-Maschine, die bei vier Gängen mit 44 PS eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 140 Kilometern pro Stunde an den Tag legt. Über einen Arbeitskollegen ist er vor einem Jahrzehnt zum Trike gekommen. Exotisch fand er es schon immer.

Von April bis Oktober hat der Familienvater, der den "Nordbaden Trikern" angehört, sein Trike angemeldet. Im Winter bleibt das Dreirad in der Garage. Trotz der Ähnlichkeit zum Motorrad besitzt Berthold Marx keinen Motorradführerschein. Zum Triken reicht der Pkw-Führerschein. Das führt manchmal zu Neckereien von Motorradfahrern: "Ihr Triker seid doch nur zu dämlich für 'nen Motorradführerschein..."

Doch beim Triken geht es um etwas ganz anderes. Freiheit und Geselligkeit stehen im Vordergrund. So sieht das auch der Brühler Triker Heinz Markstein. Der Karosseriebauer ist vor sechs Jahren durch Zufall auf das Trike gekommen: "Ich habe eine Anzeige von einer Trike-Vermietung in Bad Schönborn gelesen und nachdem meine Freundin damit einverstanden war, sind wir da einfach mal hingefahren", so der 50-Jährige. Für ihn ist das Trike inzwischen nicht nur Hobby, es dient auch als Transportmittel und ist durchaus alltagstauglich. Daher ist sein Gefährt das ganze Jahr über zugelassen. Sobald sich der Asphalt dann im Frühjahr erwärmt, steigt man in die mit Pins und Buttons bestickte Lederkluft und setzt sich gemütlich auf den bequemen Sattel des Trikes.

Weil American und Western Style bei den Trikern eine wichtige Rolle spielt, hat Heinz Markstein als Sattel einen echten Pferdesattel an seinem Dreirad befestigt. Doch der American Style findet sich am ganzen Trike wieder. Auf den Kotflügeln zieren die amerikanische Flagge und der freiheitsliebende Adler, am "Kofferraum" flaggert ebenso eine US-Fahne im sanften Wind und aus dem am Lenker montierten Radio ertönt Countrymusik. Der "Wilde Westen" lebt auch noch heute. Nur eben in motorisierter Form.

Bei gutem Wetter werden jedes Wochenende Ausfahrten mit mehreren Trikern, die sich aus Trikerclubs oder -foren kennen, gemacht. Besonders beliebt sind dabei Serpentinen- oder Landstraßen. Raserei auf der Autobahn oder Rennen sind eher untypisch für die Fahrzeuge. Denn: Trikes fahren mit VW-Käfermotoren.

"Man braucht Leute, die sich mit der alten Technik auch auskennen. Deswegen hilft man sich gegenseitig, wo man kann", so Markstein, der bei Problemen mit seiner Maschine seinen Bekannten Klaus Fink in Neckarau aufsucht. Dessen Kfz-Werkstatt hat sich nicht nur auf Autos, sondern auch auf Trikes spezialisiert. Doch anfällig für Reparaturen sind die "Exoten unter den Fahrzeugen" nicht. Denn wie der Cowboy sein Pferd, so pflegt der Triker sein Trike.

Auch Unfälle sind eher selten. "Wenn, dann sind die Fahrer meistens unerfahren, häufig dann auch Biker, die an die hintere Breite nicht denken und sie unterschätzen", so der Brühler, der vor zwei Jahren seinen eigenen Trike-Club, die "Trike- Rebels", gegründet hat.

Auch Wolfgang Heibel fällt auf, wenn er sein Gefährt aus der Garage rollt. Der Bäckermeister aus Brühl fährt seit vier Jahren Quad. Eine Faszination für Motoren und Kfz-Technik hatte der 45-Jährige schon immer. Bereits mit 16 Jahren hat er seinen Mopedführerschein gemacht und zwei Jahre später wurde das Moped gegen das Motorrad eingetauscht. Doch vernachlässigt werden seine Zweiradmaschinen trotz des neueren Gefährten nicht, auch wenn dieser neugierigere Blicke mit sich zieht.

Immerhin sind Quads erst seit etwa zwölf Jahren straßenverkehrszulässig und nach wie vor eine Seltenheit auf deutschen Straßen. "Sie sind ziemlich laut und imposante rare Erscheinungen", äußert sich Wolfgang Heibel. Für ihn ist sein hellgrünes Kawasaki-Quad mit Heckantrieb reines Hobby. Der Benziner mit Automatikschaltung schafft bei 50 PS eine Höchstgeschwindigkeit von rund 120 Kilometern pro Stunde.

Doch ein Quad bringt auch noch andere Vorteile mit sich. Nicht nur die Kippgefahr im Vergleich zum Motorrad ist enorm reduziert. "Auch Leute, die keinen Motorradschein haben, können sich so am Bikerfeeling erfreuen. Und auch Menschen mit Handikap können Quadfahren", so der Brühler. Genauso wichtig wie beim Triken auch ist das Fachgeschäft, an das man sich jederzeit mit Problemen wenden kann. Heibel schwört auf die "Quad-Lounge", seinem Fachhändler in Schwetzingen.

Auch wenn sich die Quadfahrer weniger mit ihrem Fahrzeug und allem, was dazu gehört, identifizieren können als die Triker, eins haben beide Exotenfahrer gemeinsam: Der perfekte Tag für eine Ausfahrt ist schönes Wetter, ausreichend Zeit, nette Gesellschaft und eine Tankstelle in Reichweite, bevor man das geliebte Goldstück anschieben muss. Vanessa Schäfer aus SZ
( 23.04.2007 - 11:19)

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