Ortsgeschichte

Neujahrsglocken

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Mag sein, dass Bürgermeister und Gemeinderäte die Sitzung am 27. Dezember 1895 dazu nutzten, sich gegenseitig zu trösten und zu stützen gegen die sicherlich nicht schmeichelhaften Äußerungen, die sie über die weihnachtlichen Festtage von Nachbarn, Bekannten und Verwandten hinsichtlich des Beschlusses, den künftigen Friedhof in den Gemeindewald zu verlegen, zu hören bekamen. Vielleicht wurden dabei auch erste Einsichten laut, dass das Beschlossene und vom Bürgerausschuss bestätigte doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann.

Doch sei es, wie es will, an diesem 27. Dezember beschloss der Gemeinderat etwas, was die damalige, erboste Einwohnerschaft dennoch erfreute, keinen großen finanziellen Aufwand erforderte, sich dann über 100 Jahre hinweg erhalten hat und auch jetzt aus dieser herausragenden Nacht nicht mehr wegzudenken ist.

Geschehen zu Reilingen, den 27. Dezember 1895, vor dem Gemeinderat
Punkt 1:
Der Bürgermeister trägt vor, dass er der Ansicht sei, das Neujahr jeweils durch Glockengeläute feierlich beginnen zu lassen und deshalb entsprechendes Ersuchungsschreiben an den evangelischen Kirchengemeinderat dahier und den katholischen Stiftungsrat hier behufs geeignetem Beschlussfassung und Instruierens der Kirchendiener zu richten.
Beschlussfassung wird beantragt.

Beschluss:
Wird nach Antrag beschlossen und ist deshalb entsprechendes Ersuchungsschreiben abzulassen. Dabei ist noch anzugeben, dass die Gemeinde unter Umständen bereit sei, eine kleine Entschädigung an die Kirchendiener zu bezahlen, wenn solche das Läuten nicht unentgeltlich besorgen wollten.

Ob nun die beiden Kirchendiener das hochherzige Angebot des Gemeinderates einer "kleinen Entschädigung für das Neujahrsläuten, wenn eine solche gewünscht wird" angenommen haben oder darauf verzichteten, ist nicht bekannt. Doch beide Kirchendiener haben in der Neujahrsnacht 1895/ 96 erstmals verwirklicht, was einige Tage vorher der Gemeinderat auf Anregung des Bürgermeisters beschlossen hatte. So wollen wir sowohl den Beschließenden wie auch den Ausführenden der damaligen Neuerung dankbar sein. Und wer wollte, nach nunmehr 100 Jahren, dieses erhabene, das Krachen der Böller und das Zischen der Raketen übertönende Geläute missen? Wenn in der kommenden Neujahrsnacht die Glocken beider Kirchen - zwar in unterschiedlicher Lautstärke, doch in gleicher Absicht - den Jahreswechsel in ihrer ehernen Sprache einläuten, wollen wir gemeinsam darauf hoffen, dass sie noch viele, viele Male einem friedlichen Jahr "Ade" sagen und einem noch unbekannten, aber ebenfalls friedlichen Jahr ein "Willkommen" entbieten können.

Friedrich Kief
( 22.12.2008 - 08:29)

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