Ortsgeschichte

„Schlachtfest“ im Jahre 1958 in der Kirchenstraße durch Hausmetzger Friedrich Schmitt
„Schlachtfest“ im Jahre 1958 in der Kirchenstraße

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Unser Bild entstand in der Kirchenstraße 42 im Jahre 1958. Das Ehepaar Martin Bickle und Frieda geb. Christ hatte am 30. Januar 1933 in wirtschaftlich armer Zeit in Schwetzingen geheiratet. Nun sollte es zur Silberhochzeit im Jahre 1958 ein ordentliches Fest geben. Deswegen wurden zwei Schweine gefüttert und geschlachtet. Es gab damals in Reilingen noch mehrere Hausmetzger. Außerordentlich beliebt war aber der „Schmitt Fritz“ in der Hockenheimer Straße. Schon frühzeitig musste man sich um einen Termin bemühen, dass es zum richtigen Zeitpunkt klappte. Frühmorgens wurde dann der Kessel mit dem warmen Wasser hergerichtet. Die „Brühmulde“ und den „Schragen“ ( Tisch zum Zerteilen des Fleisches) hatte man schon am Vortage mit dem „ Handwäggele“ herbeigeschafft. Einige Freunde und Verwandte halfen im Laufe des Tages bei der Hausschlachtung mit. Wenn die Fleischbeschauerin Martha Stephan geb. Bickle oder später Karl Kief mit der Fleischbeschau fertig waren, freuten sich alle auf das erste Wellfleisch, das zu dampfendem Sauerkraut serviert wurde. Am Nachmittag wurde dann die Wurst gemacht, und der Metzger probierte manch kleinem Burschen eine „Griebenwurst“ an. Dazu musste man den Mund gehörig aufreißen, denn die Griebenwurst war ja eine Maßanfertigung. Der kleine Proband war allerdings nachher ganz schön im Gesicht von der frischen Griebenwurst verschmiert. Für die Helfer bei der Hausschlachtung standen jetzt noch weitere Arbeiten an. So musste man die Fleischteile klein schneiden oder durch den Fleischwolf drehen, damit mit den Zwiebeln und Gewürzen zusammen eine gute Wurst entstand. Dazu wurden auch die Schwarten geschnitten oder der Speck und das Fett in Würfel zerteilt, sodass man das Fett „auslassen“ (auskochen) konnte. Die dabei entstandenen „Grieben“ wurden ja zur Wurst gebraucht.
Wenn die Wurst fertig war, wurde sie in Därme abgefüllt und abgekocht. Jede geplatzte Wurst wurde zwar bedauert, aber dadurch schmeckte die „Wurstsuppe“ besser. Ein Teil der Wurst oder ein Teil des Fleisches wurde auch in Dosen getan. Die Dosen wurden dann beim Flaschner oder auch im Hause mit dem fahrbaren Dosenverschließgerät zugemacht, so dass sie am selben Tag noch gekocht werden konnten. Die Fleischteile wurden dann für das Fest bereitgestellt oder wurden im „ Fleischständer“ ( hölzerner Bottich) in Salzlake aufbewahrt. Ganz besonders freute man sich über die extra behandelten Schinken, welche nachher zum Metzger getragen wurden, um durch Räuchern haltbar gemacht zu werden. Natürlich trug man am andern Tag für die guten Bekannten auch noch eine Milchkanne voll „Wurstsuppe“ aus. Eine Leber- und Griebenwurst gehörten dazu. So blieb manchmal von dem Schwein leider nur noch ein kleiner Rest zum eigenen Verzehr übrig.
Es bleibt noch nachzutragen, dass im Jahre 1958 ordentlich Silberhochzeit gefeiert wurde. Dazu wurden das Wohnzimmer und die Schlafstube zusammengeräumt, sodass für die ganze Verwandtschaft zum Feiern Platz war.
Text und Foto: Philipp Bickle
( 04.01.2007 - 10:29)

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