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Mit "Neuland" Weg zurück in das Berufsleben finden

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Pia Papas und Christian Schout sind zwei Menschen, die vor einigen Wochen im wahrsten Sinne des Wortes "Neuland" betreten haben. Beide sind so genannte Langzeitarbeitslose, die erfolglos nach einer neuen Stelle suchten und schließlich keine Perspektive mehr sahen.

"Neuland" ist ein außergewöhnliches Projekt, das erstmals in Deutschland durchgeführt wird und weggeht von den klassischen Maßnahmen der Arbeitsagentur. Auf neuen Wegen hin zum ersten Arbeitsmarkt, zu einer neuen Stelle, die zu jedem Einzelnen passt, und die langfristig Bestand haben soll.

Christian Schout hatte der Mut schon längst verlassen, immer neue Ablehnungsschreiben bauten immer mehr Frust auf. Irgendwann war der verheiratete Vater einer erwachsenen Tochter mit seinem Latein am Ende. Der 59-jährige Brühler, der nach seiner Ausbildung zum Restaurantfachmann mehrere Jahre im Hotelfach tätig war, arbeitete lange Zeit als Einrichtungsfachberater bei verschiedenen Unternehmen der Möbelbranche.

Zusammen mit Pia Papas gehört er mit einem weiteren Dutzend Teilnehmern zu einem bunt gemischten Völkchen, das sich Anfang Oktober erstmals in eigens dafür angemieteten Räumen in Weinheim zusammenfand - zwei Frauen wurden gleich zu Anfang aufgrund ihrer Englisch-Kenntnisse in Arbeitsstellen vermittelt. Die von der Arbeitsagentur Mannheim finanzierte Gruppe trifft sich über 26 Wochen täglich von 9 bis 17 Uhr und schafft damit die Voraussetzungen für einen möglichen Erfolg.

"Bewusst abschließen mit dem, was war, und bewusst auf das schauen, was kommen wird", beschreibt Alexander Häussermann, der Erfinder von "Neuland", die Maßnahme. Er und sein Team von der Innoscope GmbH haben mit dem viel beachteten Projekt "Horizonte" schon bewiesen, wie man Menschen, die nicht mehr an sich geglaubt haben, dazu bringen kann, kreativ zu sein und durchzustarten. Innerhalb der Gruppe wird das "innere Feuer" geweckt, mit Hilfe von Coaches das Talent jedes Einzelnen entdeckt und herausgearbeitet. Zeugnisse, berufliche Erfolge, Referenzen und Bewerbungsmappen zählen nicht - was zählt, ist allein das tatsächliche Können des Teilnehmers.

"Neuland" soll auch Pia Papas wieder in Lohn und Brot bringen. Die 47-Jährige ist seit zweieinhalb Jahren arbeitslos, war viele Jahre als Sekretariatsleiterin im Klinikbereich beschäftigt und zum Schluss mit befristeten Verträgen in der Gastronomie tätig. Die Reilingerin ist zuversichtlich: "Wenn das Neuland-Projekt Ende März endet, habe ich eine neue Arbeitsstelle gefunden. Es macht mir Mut und eröffnet neue Chancen, vor allem die tolle Zusammenarbeit in einem Team mit Leuten, die sich alle in der gleichen Situation befinden."

Eine Woche lang lebten die Teilnehmer zunächst in einem Motivationscamp und gingen in einem Selbstversorgerhaus in der Nähe von Sinsheim in Klausur. Wann war ich besonders erfolgreich in meinem Leben? Wann habe ich einen außergewöhnlich guten Job gemacht? Was kann ich besonders gut? Welche Talente sind bei den anderen noch verborgen? Fragen, die es damals zu beantworten galt.

"Wir haben herausbekommen, was jeder Einzelne will und was er drauf hat, viel wichtiger als die formellen Qualifikationen war dabei das tatsächliche Können", betont Christian Schout. Schon nach wenigen Tagen sei der Erfolg sichtbar gewesen: "Aus der Haltung mit hängenden Schultern ist ein aufrechter Gang geworden", sagt Alexander Häussermann.

"Ich habe mit dem Neuland-Projekt endlich meinen eintönigen Tagesablauf unterbrochen", freut sich ein Teilnehmer aus Hockenheim, der namentlich nicht genannt werden möchte. In der Zusammenarbeit mit anderen seien auch bei ihm "verschüttet geglaubte Qualifikationen" wieder zu Tage getreten.

Unterstützt werden die "Neuländer" von Coaches wie Birgit Köhncke. Die Diplom-Psychologin, zuständig für die Konzept-entwicklung, Koordination und Organisation, möchte Menschen motivieren, sich mit Zuversicht und ohne Angst mit sich selbst auseinander zu setzen und dabei die eigenen Ressourcen und Potenziale zu entdecken und zu verwirklichen.

Auf einer zweiten Schiene im "Neuland"-Prozess werden zurzeit Unternehmer mit ins Boot geholt. In kleinen und mittelständischen Unternehmen sollen Geschäftsführer und Personalchefs gewonnen werden, die dann mithelfen, neue Stellen zu entwickeln.

"Neuland" läuft nur in einem vorgegebenen Zeitfenster über eine Dauer von 26 Wochen, für die Teilnehmer selbst geht das Projekt so lange weiter, bis sie eine Anstellung oder einen Zeitvertrag in der Tasche haben.

Bei einer Veranstaltung am Donnerstag, 18. Januar 2007, möchten die "Neuland"-Teilnehmer um 16 Uhr im Palais Hirsch in Schwetzingen sich und ihre Arbeit vorstellen, um so weitere Mitstreiter und Förderer zu gewinnen. Denn eines liegt Pia Papas, Christian Schout und den anderen am Herzen: "Wir möchten nicht nur wieder in Arbeit kommen, sondern wir wollen, dass das Projekt Neuland weiterlebt."
Volker Widdrat aus SZ
( 29.12.2006 - 09:29)

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