Aus dem Rathaus

Blanker Horror hinter Fassade
Opferausstellung im Hockenheimer Rathaus

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Gewalt ist kein Phänomen und kein Einzelfall, geschieht viel zu häufig im Verborgenen und findet keine Entschuldigung - mit dieser Botschaft wendet sich die jetzt im Rathaus eröffnete Ausstellung "Opfer" an die Menschen, Passanten und Besucher. Sie ist der erste Beitrag zur Sicherheitswoche in der Rennstadt und wird noch bis zum 7. Juli in den Räumen des Verwaltungsgebäudes zu sehen sein.

Wenn Gewalt den Alltag bestimmt
"Gewalt bestimmt den Alltag in vielen Familien", betonte Rechtsanwalt Thomas R.J. Franz zur Eröffnung der Ausstellung. Der Rechtsanwalt ist Leiter der Außenstelle des Weißen Ringes e.V., welcher Kriminalitätsopfer unterstützt und sich für die Verhütung von Straftaten einsetzt. "Insbesondere Frauen und Kinder erfahren da Gewalt, wo sie eigentlich Schutz und Geborgenheit finden sollten: im eigenen zu Hause", so Franz weiter, "hinter einer Fassade steht dann der blanke Horror."

Das tatsächliche Leid der von Gewalt Betroffenen könne daher auch keine Polizeistatistik dokumentieren. Studierende der Bauhaus-Universität Weimar hatten daher in Zusammenarbeit mit dem Weißen Ring eine Ausstellung entwickelt, die Kriminalität verdeutlicht: Häusliche Gewalt, Sexualstraftaten und die Forderung nach Zivilcourage derjenigen, die Zeugen der Gewalt werden. "Die Realität ist dabei ungleich brutaler", bemerkte Thomas Franz: "Beim Weißen Ring sehen wir die Männer und Frauen und Kinder herausgelöst aus ihrer Realität. Viele von ihnen erlebten den Teufelskreis der permanenten Erniedrigung." Die Botschaft laute daher "Hinsehen, Opfer nicht alleine lassen".

Die Ausstellung soll Beitrag sein und Alarmruf zugleich, denn oft genug, so die Fachleute, wird geschwiegen, "aus Angst, Scham und Hilflosigkeit".

Auch die Stadtverwaltung, so Bürgermeister Werner Zimmermann, habe sich der Frage gestellt, ob eine Ausstellung wie diese in Hockenheim präsentiert werden sollte - immerhin zeigt sie keine leicht verdauliche Kunst, sondern konfrontiert mit Fakten und mit Tabus unserer Gesellschaft. "Ist es nicht wichtiger, sich mit den Tätern zu beschäftigen, als mit den Opfern?", so Zimmermann.

"Nein!", laute die Antwort, so der Bürgermeister. Denn es gehe um Menschen, "die ihr ganzes Leben traumatisiert bleiben, nachdem sie Opfer von Gewalt wurden." Sie müssten in das Bewusstsein gerückt, ihnen Stimme verliehen werden, damit in Zukunft immer mehr Menschen hin- und nicht wegschauen, helfen anstatt zu schweigen.

Ganzes Präventionspaket
"Rücksicht, Empathie und Toleranz" seien jedoch Themen, die bereits im Kindergarten gelernt werden müssten, so Bernd Fuchs. Der Leitende Kriminaldirektor der Polizeidirektion Heidelberg betonte, dass "jeder Täter, der von seiner Tat abgehalten werden könne, Leid und Trauer erspare".

Daher begrüße er die Ehrung von Menschen, die sich einsetzten sowie den professionellen Umgang mit Menschen, die zu Opfern wurden. Es sei die Summe, die zähle: Platzverweise für Gewalttäter, Beratungs- und Interventionsstellen, Opferfürsorge, Stalkinggesetze oder auch die Kriminalprävention.

Aber auch Ausstellungen wie diese, die Gewalt zeigt, aber Voyeurismus und Sensationslust nicht zulässt. Davon konnten sich auch die Bürgermeister Walter Klein (Reilingen) und Hartmut Beck (Altlußheim) sowie Neulußheims künftiges Gemeindeoberhaupt Gunther Hoffmann überzeugen.

Begleitet wird die Ausstellung in Teilen auch von fachkundigen Mitarbeitern, ein Teil der Präsentation ist daher auch nicht jederzeit zugänglich.
Anke Koob aus SZ
( 30.06.2008 - 13:30)

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