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Pathos und Emotion fesselnd kombiniert
Doppelkonzert von Madrigalchor und Spielkreis

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Sie sind beide bekannt dafür, dass sie sich mit viel Liebe und Aufmerksamkeit für die Details Kleinodien aus längst vergangenen Tagen widmen: Die mehr als 30 Sängerinnen und Sänger des Madrigalchors Hockenheim und die 14 Instrumentalisten des Spielkreises für alte Musik der Rennstadt konzertierten am vergangenen Wochenende erneut gemeinsam, um mit einem harmonisch zusammengestellten Programm mit Werken aus der Renaissance, dem Barock und der Übergangszeit zur Klassik einen Bogen über rund 100 Jahre Musikgeschichte zu spannen.

Nachdem sie mit ihrem "Jubilate Deo" bereits samstags St. Sebastian in Ketsch zu einem Treffpunkt der Freunde alter Musik gemacht hatten, füllten die Vokalisten und Instrumentalisten um ihren gemeinsamen musikalischen Leiter Robert Sagasser am Sonntagabend auch die Reilinger St.-Wendelins-Kirche spielend. Sagasser hat sich nicht nur selbst als Virtuose an Violone und Viola da Gamba einen Namen gemacht, sondern gilt allgemein als Koryphäe in Sachen "Alte Musik" und als Garant für stilsichere und authentische Aufführungen.

Einen weiteren Beweis für das besondere Gespür, das man der Musik dieser Epochen entgegenbringen muss, will man sie nicht zu reinen Klang-Reproduktionen machen, lieferte er mit seinen Musikern und Sängern bei diesen Konzerten erneut ab.

Der Madrigalchor präsentierte sich mit einer perfekt austarierten Dynamik und sauberer, klar prononcierter Absprache. Die Einsätze kommen eindeutig und ohne Zaudern, Fugato-Führungen werden standhaft durchgezogen und selbst rhythmisch diffizile Passagen behalten stets Natürlichkeit und einen leichtfüßigen Esprit.

So viel zur Technik, die man von einem Chor mit so viel Traditionsbewusstsein vielleicht verlangen kann, auf jeden Fall aber von einem, der so viele gut ausgebildete Stimmen birgt. Was den besonderen Zauber des schon seit einem Vierteljahrhundert der vokalen Perfektion entgegenstrebenden Klangkörpers ausmacht, ist aber mehr als das: Es ist die berührende Interpretation, die engagierte Darbietung einer eigenen Sicht auf die behandelten musikalischen Dinge.

Im aktuellen Falle führte dieser Eigenanteil zu einer spirituell tragfähigen Mischung aus Pathos und Emotion, die den Texten und der Musik eine besonders fesselnde Komponente verlieh. So konnte der Chor beispielsweise mit "Unser Vater in dem Himmel" des nach wie vor gerne aufgeführten deutschen Komponisten Gottfried August Homilius die vier auch einzeln sehr solide dastehenden Stimmen perfekt miteinander verbinden: den feingewebten, ätherischen Sopran, den schlanken, leichtfüßigen Tenor, einen markanten, durchzugsstarken Alt und den dezent-zurückhaltenden Baß, der ein sicheres Fundament für die übrigen Stimmen legte.

Ein gutes Beispiel für die frühe Stimmschulung, die für einen Chor dieser Güte notwendig ist, brachte der Kinderchor des Madrigalchors: Die zwölf jungen Stimmen brachten schon ein eigenes Magnificat auf die Beine und zeigten, dass auch junge Menschen sich für den besonderen Reiz alter Musik begeistern lassen.

Traditionell steht dafür auch der Spielkreis für alte Musik, eine Klasse der Musikschule Hockenheim: Schon immer waren es vorrangig junge Menschen, die sich dem Studium dieser außergewöhnlichen Instrumente widmeten und die entsprechend auch die dazu passende Musik pflegten.

So präsentierten sie in Reilingen und Ketsch ein reizvolles und erstaunlich harmonisches Ganzes aus Gamben und Blockflöten. In der "Paduan Intrada" des zu den wichtigen evangelischen Kirchenkomponisten des 17. Jahrhunderts zählenden Deutschen Samuel Scheidt verfielen sie dabei in ein spannendes Zwiegespräch zwischen Streichern und Bläsern und fanden mit einem mannigfach gefärbten, vielschichtigen Gesamtklang schnell in die Herzen ihrer Zuhörer, die gebannt und teilweise atemlos den leicht klingenden Melodien und Läufen lauschten.

Im Zusammenspiel mit dem Chor war das Ensemble bescheiden und zurückhaltend, was zu einem exzellenten Zusammenwirken führte: Das "Magnificat anima mea" des dänisch-deutschen Komponisten Dietrich Buxtehude, der zu den großen Vorbildern Johann Sebastian Bachs zählt, meisterte man im Tutti selbst über die zahllosen delikaten dynamischen Feinheiten hinweg bravourös. Den Mariengesang gab man mal bewegend sanft, dann wieder aufrührerisch wuchtig und stets mit dem fast revolutionären Esprit, der dem Text aus dem Lukasevangelium innewohnt: ein begeisternder Abschluss für ein Konzert, das aus alten Tagen viel Nahrung herübergeschafft hat - geistliche und geistige gleichermaßen.

Weitere Informationen: Am 8. Dezember sind beide Gruppen ab 19 Uhr mit einem gemeinsamen Weihnachtskonzert in der Evangelischen Stadtkirche Hockenheim zu hören.
Matthias H. Werner aus SZ, Fotos svs
( 20.10.2007 - 09:01)

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