Ortsgeschichte

Schülerbibliotheken - "unzweckmäßig"?

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Nr. 18 Geschehen zu Reilingen, den 6. März 1903; vor dem Gemeinderath

Punkt 1

Vorlage der Verfügung Großh. Bezirksamtes Schwetzingen vom 21. Febr. 1903 Nr. 4031, die Volksschulbibliotheken betr. zur Kenntnisnahme und Beschlußfassung.

Nach dem Inhalte der angeführten Verfügung ist der Gemeinderath zur Berichterstattung veranlasst, ob, beziehungsweise weshalb nicht alldort eine Schülerbibliothek sich befindet. Reilingen dürfte wohl eine eigentümliche Ausnahme bilden im Vergleich von fast allen Gemeinden des Großherzogtums Baden, wenn dort eine Schülerbibliothek für unzweckmäßig gehalten wird.

Beschluß:

1. Bericht an Großh. Bezirksamt Schwetzingen dahin, daß dahier eine Volksschulbibliothek nicht besteht und daß sich der Gemeinderath wegen Errichtung einer solchen nicht ablehnend verhält. Mit Bezug darauf beabsichtigt der Gemeinderath die erforderlichen Mittel in dem nächstjährigen Voranschlag einstellen zu lassen.

Unterschr. BM Eichhorn, Räte: Kammer, Müller, Römpert, Läuser, Müller 4, Gemeinderath Ritzhaupt anwesend.

Anmerkungl

Beim Lesen des Punktes 1 des obigen Gemeinderatsprotokolls vom 6. März 1903 entsteht der Eindruck, dass vor diesem Protokoll bereits eine Anfrage des Großh. Bezirksamtes an das Reilinger Bürgermeisteramt, und bereits auch ein Antwortschreiben des hiesigen Bürgermeisteramtes an das Bezirksamt vorhanden sein müsste, in welchem das Bestehen einer Schülerbibliothek verneint wird, aber auch, daß nach Einschätzung unserer damaligen Gemeindeväter eine solche Schülerbibliothek als für "unzweckmäßig" gehalten wird. Da diese beiden vermuteten Schriftstücke bislang nicht auffindbar sind, entzieht sich uns Heutigen das Wissen, weshalb in jener Zeit eine Schülerbibliothek "unzweckmäßig" gewesen wäre. Offensichtlich hat erst der Hinweis des Bezirksamtes, dass Reilingen mit dieser Einstellung mit nur wenigen Gemeinden des ganzen Großherzogtums Baden gleich liege - und natürlich auch die in Aussicht stehenden 50 Mark Beihilfe der Landesregierung - das Umdenken im hiesigen Gemeinderat bewirkt. In wenigen Monaten ... nun lesen Sie selbst wie es weiterging.

Reilingen, den 11. März 1903 (Schreiben des Bürgermeisteramtes an das Bezirksamt Schwetzingen)

Großh. Bezirksamt beehren wir uns mit Bezug auf die verehrlichte Verfügung vom 21. Februar 1903, Nr. 4031 ergebenst zu berichten, daß eine Volksschulbibliothek in hiesiger Gemeinde nicht besteht, und daß sich der Gemeinderath in seiner Sitzung vom 6. März 1903, Ratsprotokoll Band 8 Nr. 18, Seite 16, wegen Errichtung einer solchen nicht ablehnend verhält. In den nächstjährigen Voranschlag sollen die erforderlichen Mittel eingestellt werden, und bitten wir Großh. Bezirksamt ergebenst die Angelegenheit bis zu dieser Zeit gefälligst auf sich beruhen zu lassen.

Unterschriften, BM Eichhorn, Ratschr. Simshäuser

Mannheim, den 18. Juli 1903 (Schreiben der Buchhandlung F. Nemnich an das hiesige Bürgermeisteramt)

Verehrlichte Gemeinde Reilingen

Danunmehr die Zeit der Ergänzung und Vermehrung der Volksschulbibliotheken heran rückt, erlaube ich mir doch Ihnen in der Anlage eine Offerte von gediegenen Jugend- und Volksschriften zu unterbreiten und Sie höflichst zu bitten dieselbe in gütiger Erwägung zu prüfen. Ich liefere an beinahe 30 Bibliotheken jedes Jahr regelmäßig und zur besten Zufriedenheit derselben, da ich meine Angebote stets persönlich mit großer Sorgfalt aussortiere und ganz im Sinne des maßgebenden Hamburger Lehrerausschusses der sich zur Prüfung der Volks- und Jugendschriften gebildet hat. Schließlich biete ich Ihnen durch meine wehverzweigten Verbindungen noch den Vorteil, daß ich die meisten Bücher 30 bis 50 % billiger liefere, als der vorgeschriebene Katalogpreis beträgt, wie Sie sich aus meiner Offerte selbst überzeugen können. Dabei kommen nur tadellose, dauerhaft gebundene Bände zum Versand. Es würde mich freuen, wenn Sie von meinem Anerbieten, in dem ich auch die verschiedenen Altersklassen möglichst bedacht habe, Gebrauch machen könnten und werde mich bemühen in jeder Hinsicht vorzüglich zu bedienen.

Hochachtungsvoll, ergebenst, F. Nemnich

Nr. 44 Geschehen zu Reilingen, den 20. November 1903; vor dem Gemeinderath

Punkt 6

Der Bürgermeister beantragt dieses Jahr für die Schülerbibliothek den Betrag von - Dreihundert Mark - der Buchhandlung Nenmich in dieser Höhe ganz noch dieses Jahr anzuweisen. Mit Bezug auf den Beschluß vom 16. Oktober 1903, Ratsprotokoll Band 8, Nr. 40, Seite 102, sollten es zu besagtem Zwecke nur - 150 Mark - verwendet werden.

Beschluß:

1. Wird nach Antrag beschlossen und ist der Betrag von - Zweihundert Mark - für die Schülerbibliothek dieses Jahr zu verwenden und deshalb die Rechnung an die Firma Nemnich, Mannheim in dieser Höhe ganz anzuweisen.

z. Weisung zu ertheilen über - 200 Mark - lt. Rechnung vom 22. Oktober 1903

Unterschriften, BM Müller, Räte: Kammer, Römpert, Läuser, Müller 4, Gemeinderath Ritzhaupt abwesend.

Friedrich Kief
( 13.04.2003 - 09:44)

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