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Bauernpräsident Rukwied: "Landwirtschaft hat Zukunft"

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Zu einer der ersten Veranstaltungen im neuen Amt als Präsident des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg war Joachim Rukwied, der erst im Oktober die Nachfolge von Gerd Hockenberger angetreten hatte, nach Reilingen gekommen, um über Neuigkeiten aus der Agrarpolitik zu sprechen. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Rhein-Neckar, Wolfgang Guckert, begrüßte den Gast aus Eberstadt bei Heilbronn und dankte ihm, dass er sich "ordentlich im Amt eingeführt und die richtigen Worte an die Politik gefunden hat".

Das erste Thema, das Rukwied vor den über 100 Zuhörern in den Fritz-Mannherz-Hallen ansprach, waren die unterbrochenen Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO. Es sei an der Zeit, dass die Gespräche in Gang kommen, forderte der 45-jährige Landwirt. Allerdings müssten die Zugeständnisse, die die EU macht, endlich ein Ende nehmen. So solle der Staatenbund beispielsweise seine Zölle um 45 Prozent senken, im Gespräch seien gar 54 Prozent. Für Rukwied und seine Kollegen eindeutig zu viel, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben.

Nicht nachvollziehen kann Rukwied die Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen. Ab Frühjahr 2009 sollen alle Fördermaßnahmen in der Landwirtschaft offen gelegt werden. Minister Horst Seehofer sehe darin kein Problem, er hingegen frage sich, weshalb das - wenn man schon damit anfange - nicht von jedem Unternehmen in jeder Branche gefordert werde.

Meilenweit entfernt sei man auch noch bei der 1:1-Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie. Es herrsche eine "unerträgliche Bürokratie. Ich bin es leid, immer wieder mit Politikern über den Bürokratie-Abbau zu sprechen, wenn das Gegenteil der Fall ist", ärgerte sich Rukwied. Immer noch sei keine Vernunft in den Amtsstuben eingekehrt. Sein Verdruss bezieht sich auf die überzogenen Abstandsregelungen zu Gewässern und die Ausweitung der Dokumentationspflichten. Obwohl die neuen Obergrenzen für die Ausbringung von Düngemitteln in Europa erst ab 2026 gelten, würden sie in Deutschland schon 2009 eingeführt. "Das sind 17 Jahre Wettbewerbsnachteile für unsere Bauern!"

Dann kam der Landwirt auf Baden-Württemberg zu sprechen. Die Stellungnahme des NABU zur Flurneuordnung sieht er als Provokation an. "Die sollen endlich von ihrem Schreibtisch aufstehen", forderte er. Trotz der Unterstützung aus dem Landwirtschaftsministerium macht er sich Sorgen: "Eine schlagkräftige Neuordnung muss in der Mittelbehörde beim Regierungspräsidium angesiedelt sein." Aber Ministerpräsident Günther Oettinger denke bereits darüber nach, manche Punkte der Gemeindereform, die sich nicht bewährt hätten, rückgängig zu machen.

In Bezug auf die Gentechnik hat Rukwied dagegen eine klare Meinung: "Der Verbraucher will's nicht, weshalb sollten wir's dann anbieten?" Dennoch hält er es für richtig, dass die Versuche in jüngster Vergangenheit nicht öffentlich gemacht wurden, dafür bestünde keine gesetzliche Grundlage. Aber er sprach sich auch dafür aus, weiterhin Forschungen zu betreiben, um die Chancen und Risiken abzuwägen.

Neue Perspektiven, aber keinen Grund zur Euphorie böten für Bauern die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien. Wo es wirtschaftlich sinnvoll sei, solle man die Chance nutzen und nicht mehr nur allein für den Lebensmittelmarkt produzieren.

"Ich hätte Ihnen gerne Erfreuliches berichtet", bedauerte Joachim Rukwied am Ende. Aber er gab noch einen Ratschlag: Um dem härteren Wettbewerb standzuhalten, sei es sinnvoll, seine Stärken auszuspielen, beispielsweise die Veredelung von Pflanzen oder den Anbau von Sonderkulturen. "Der Bauernverband wird Sie auf Ihrem Weg begleiten, wird sich bei der Politik zu Wort melden und Arbeitsplätze schaffen. Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg hat Zukunft. Da bin ich mir sicher."
Anette Zietsch aus SZ
( 04.12.2006 - 14:21)

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