Kirche

"Es geht darum, menschenwürdiges Leben bis zuletzt zu ermöglichen"

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Liebevolle Fürsorge in der letzten Lebensphase, dafür steht der ambulante Hospizdienst der kirchlichen Sozialstation Hockenheim. Unter Leitung von Beate Bikowski setzen sich derzeit 35 ehrenamtliche Hospizhelfer für das Wohl schwerkranker und sterbender Menschen sowie deren Angehörige ein. Über Idee und Praxis des ambulanten Hospizdienstes sprachen wir im Vorfeld der Hockenheimer Hospizwochen mit Beate Bikowski.

Gibt es so etwas wie eine Tradition der Hospizbewegung?

BEATE BIKOWSKI: Religiöse Betreuung und Hilfe beim Sterben hat es eigentlich schon immer gegeben. Hospiz kommt von lateinisch "hospitum", was so viel wie Herberge, Gastfreundschaft bedeutet. Es ist also ein sehr altes Wort. Der Beginn der Hospizarbeit in dem Sinne, wie wir sie heute verstehen, hat in London Anfang des 20. Jahrhunderts seine Wurzeln. Da ist vor allem die Krankenschwester, Ärztin und Sozialpädagogin Cisely Saunders zu nennen. In Deutschland gab es 1986 den ersten Hospizdachverband.

Hat sich die Hospizarbeit verändert?

BIKOWSKI: Zu Beginn der Hospizarbeit waren Hospize zumeist noch klinikähnliche Häuser mit einer speziellen Fürsorge für Schwerstkranke und Sterbende. Heutzutage sind diese Häuser wohnlich gestaltet, denn niemand fühlt sich in steriler Krankenhausatmosphäre wohl und geborgen. Der ambulante Hospizdienst geht davon aus, dass Menschen am liebsten zu Hause in vertrauter Umgebung sterben.

Was sind die Ziele der Hospizarbeit?

BIKOWSKI: Es geht darum, ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt zu ermöglichen. Wir wollen ein Höchstmaß an Lebensqualität erhalten, wobei uns die besonderen Wünsche und Bedürfnisse der Sterbenskranken oberstes Gebot sind.

Wie wird das hier konkret umgesetzt?

BIKOWSKI: Wir begleiten schwerkranke, sterbende Menschen sowie ihre Angehörigen und bieten mit der kirchlichen Sozialstation Hockenheim eine ambulante palliativ-pflegerische Betreuung an. Diese beinhaltet die Überwachung und Linderung aller auftretenden Symptome sowie eine ganzheitliche Betreuung und Pflege. Dabei arbeiten wir eng mit Ärzten, stationären Einrichtungen wie Palliativstation, Hospiz und weiteren Fachdiensten zusammen. Einmal im Monat bieten wir einen Gesprächskreis für Trauernde an, in regelmäßigen Abständen findet ein Trauercafé in den Räumen der Sozialstation statt.

Wie kann man sich den Ablauf einer Betreuung vorstellen?

BIKOWSKI: Zunächst einmal fragt der Betroffene, ein Angehöriger, der behandelnde Arzt oder Pflegepersonal hier beim ambulanten Hospizdienst an und vereinbart mit mir ein Erstgespräch vor Ort. Dabei geht es darum zu schauen, welche Bedürfnisse und Wünsche vorhanden sind. Im Anschluss wähle ich einen Hospizbegleiter aus, der die Betreuung ehrenamtlich übernimmt.

Wie sind Sie zur Hospizarbeit gekommen?

BIKOWSKI: Ich bin examinierte Altenpflegerin und habe eine Zusatzausbildung zur Hospizkraft absolviert. Sie beinhaltete eine Palliativ-Care-Ausbildung sowie Seminare in Koordination, Führung und Leitung von ehrenamtlichen Gruppen.

Wie ist die Haltung in der Öffentlichkeit, sich mit den Themen Sterben, Tod und Trauer auseinanderzusetzen?

BIKOWSKI: Leider sind das vielfach noch immer tabuisierte Themen. Sie haben keinen Platz in unserer Leistungsgesellschaft, in der der alte Mensch nur noch wenig Wertschätzung erfährt.

Sie denken, es macht Sinn, sich zu Lebzeiten mit dem Tod auseinanderzusetzen?

BIKOWSKI: Davon bin ich überzeugt. Wer bejahen kann, dass der Tod zum Leben gehört, kann bewusster leben und in Ruhe und Frieden sterben. Er wird versuchen, seine Lebensziele zu verwirklichen und erfährt im Leben eine tiefe Bereicherung. sei aus SZ
( 03.03.2006 - 10:43)

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