Ortsgeschichte

Die Jahrgedächtnisse der Schenken

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Aussagen des Alten Speyerer Totenbuches

Bevor er starb, hatte Schenk Dietrich von Welrsow der Dompräsenz in Speyer 15 Pfund (Geld) gestiftet. Mit dieser Stiftung wollte er erreichen, dass alljährlich anlässlich seines Todestages von der Domgeistlichkeit für die Errettung seiner Seele gebetet würde.

Er hatte weiterhin festgelegt, dass von diesem Geld Weißbrot und Wein für den Lebensunterhalt der im Dom tätigen Geistlichkeit beschafft werde.

Wir können heute annehmen, dass dieser letzte Wille erfüllt wurde: Der Beweis findet sich im Alten Speyerer Totenbuch, auch Seelbuch des Speyerer Domkapitels genannt, das im 13. Jahrhundert eingerichtet wurde und für jeden Tag des Jahres die Namen der Persönlichkeiten enthält, derer anlässlich ihres Todestages im Gebet zu gedenken war:

Unter dem 15. April findet sich dort zwischen anderen Eintragungen eine natürlich in Latein und in schöner Handschrift geschrieben.

"Schenk Dietrich von Welsresowe starb, der uns 15 Pfund gab, wovon unsere Herren Weißbrot und einen Becher Wein geben werden." Eine Ergänzung dieses Textes am Blattrande, von anderer Hand geschrieben, lautet: "Von Gütern in Mutterstadt".

Diese Nachricht ist in allen Einzelheiten neu für die Reilinger Geschichtsschreibung.

Der Verfasser stieß darauf und auf weitere Info zum Zeitalter der Schenken, als er den Band 26 (1874) der "Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins" durchblätterte.

In einem Artikel über "Das Todtenbuch des Speirer Domstifts" (S. 414-444) hat Reimer Auszüge daraus veröffentlicht und folgende Erläuterungen gegeben:

Das Totenbuch wurde nachweislich im 13. Jahrhundert angelegt. Es finden sich darin Eintragungen, die die Zeitspanne von 880 n.Ch. bis Mitte des 16. Jahrhunderts überdenken: Nacheinander haben mehrere Schreiber die Aufgabe gehabt, Namen, Stand und Stiftungen verstorbener Persönlichkeiten unter dem Kalendertag ihres Todes in das Totenbuch einzuschreiben. Dies geschah – wie erwähnt – zu dem Zweck, dass der Verstorbenen anlässlich ihres Todestages durch die Domgeistlichkeit gedacht werde.

Auf diese Weise sind neben Kaisern und Königen, Bischöfen und anderen hohen geistlichen und weltlichen Würdenträgern auch Personen geringeren Standes im Seelbuch verewigt.

Für die Wersauer / Reilinger Geschichte ist dies insoweit von Bedeutung, als das Seelbuch das bisher einzige schriftliche Zeugnis ist, das mehr als die Zeitspanne überdeckt, in der die Schenken von Speyer bzw. von Wersau eine Rolle spielen. Deshalb ist es mit Sicherheit eine äußerst wichtige Quelle für uns.

Reimer hat sich nun in seinem Artikel besonders mit den Eintragungen befasst, die von dem ersten Schreiber gemacht wurden. Dieser hat (nach Reimer) seine Funktion bis 1256 ausgeübt und in dieser Zeit die erwähnte Todesnachricht bezüglich des Dietrich von Welrsow vom 15.4. notiert. Dies würde heißen, dass D. von Welrsow an einem 15.4. im Jahre 1256 oder in einem der Jahre davor gestorben ist.

Bei Reimer finden sich (für die Zeit vor 1256) außerdem folgende weitere Nachrichten von Bedeutung für unser Thema.

Die Übersetzungen stammen vom Verfasser:

18.1. "Schenk Ditericus verstarb und übergab 2 Tagewerke Weingärten in Ditensheim (Deidesheim?)".

18.2 "Schenk Eberhard verstarb, der uns 6 Talente (ein Geldmaß) zum Kauf von Gütern in Mutterstadt zutrug".

18.3 "Schenk Ditericus verstarb, der uns 6 Pfund (Geld) vermachte, außerdem Weißweck von Gütern in Mutterstadt, zu deren Beschaffung uns seine Gemahlin Gertrudis 10 Talente (Geldmaß) übergab".

Auf die Wiedergabe der Texte im Lateinischen wird aus Platzgründen verzichtet.

Da das Totenbuch - wie erwähnt – mit Eintragungen weiterer Schreiber bis Mitte des 16. Jh. reicht, lag es nahe, dass der Verfasser versucht hat, über den Artikel von Reimer und damit über 1256 hinaus im Original des Speyerer Totenbuchs nach weiteren Eintragungen zu suchen:

Unter der Signatur 64/33 angefordert, wurde dem Verfasser im Lesesaal des Generallandesarchivs in Karlsruhe das ca. 750 Jahre alte, in Schweinsleder gebundene Totenbuch zur Durchsicht ausgehändigt.
In mehreren Arbeitsabschnitten hat der Verfasser dieses kostbare Werk auf weitere Nachrichten zur Geschichte der Schenken von Speyer/Wersau durchgesehen, mit nur kleinem, möglicherweise aber sehr bedeutsamem Erfolg.

Durch Einsicht in das Original konnte der Verfasser feststellen, dass dort bei der eingangs erwähnten Nachricht über den Schenken Dietrich von Welsresowe die Randnotiz "von Gütern in Mutterstadt" eingetragen ist, welche in dem Artikel von Reimer nicht wiedergegeben wurde. Für die weitere Forschung hat diese Randnotiz möglicherweise eine Schlüsselfunktion.

Weitere Nachrichten hat der Verfasser im Alten Speyerer Totenbuch nicht gefunden. Der Bedeutung wegen ließ der Verfasser von allen 4 Seiten, auf denen die erwähnten Eintragungen verzeichnet sind, Farbdias anfertigen.

Die Wertung dieser Neuigkeiten kann nur im Zusammenhang mit allen übrigen Informationen über die Schenken erfolgen. Dazu ist hier nicht der Platz. Ergänzend sei aber bemerkt:

1. Die weiter oben zitierten Einzelnachrichten betreffen sowohl Schenken von Speyer als auch (mindestens einen) Schenken von, Wersau.

2. Es sieht so aus, als ob mit der Nachricht vom 15.4. der Tod des ersten Schenken von Wersau mit Vornamen Dietrich gemeint ist, über den weitere Informationen aus den Jahren 1238 und 1253 vorliegen.

3. Es ist nun sicher, dass die Schenken von Wersau linksrheinisch (in Mutterstadt) Grundbesitz bzw. entsprechende Rechtstitel" hatten.

4.Es muss als auffällig bezeichnet werden, dass nicht weitere Schenken von Wersau bzw. die Schenken von Hockenheim im Totenbuch des Speyerer Domkapitels auftauchen.

Die hier behandelten Nachrichten erweitern das Wissen über die Geschichte der Schenken um einige wichtige Mosaiksteine.
U. Mehlhaus
( 08.09.2008 - 12:05)

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