Was sonst interessiert

Reilinger „Schweigerstadl“ empfahl sich für Hollywood
Reilinger „Schweigerstadl“ empfahl sich für Hollywood

Zurück zur Startseite - Zur Kategorie-Übersicht


Es ist wahr: Gäbe es einen Kulturpreis der Spargelgemeinde, hätte er am vergangenen Wochenende sicherlich nur an eine kleine Gruppe von Menschen verliehen werden können: Der Reilinger „Schweigerstadl“. Bestens empfahlen sich die die Akteure des neu formierten Ensembles für das Leben als Schauspieler und boten ihren rund 500 Zuschauerinnen und Zuschauern an zwei Abenden vergnügliches und brillant gespieltes Theater.
Es war ein Abend, wie er vor rund einhundert Jahren hätte stattgefunden haben können. Im engen Josefshaus zu Reilingen, welches durch den Charme längst vergangener Zeiten bestach, hatten sich Jung und Alt versammelt, kicherten Kinder auf den Holzbänken gleich zu Füßen der großen Bühne und versorgten sich die Letzten mit einem kühlen Schluck aus Bier- und Mineralwasserglas. Murmelnd harrten sie dem, was ihnen versprochen worden war: Das Lustspiel „Körnerfresser“ und damit Vergnügliches rund um der Menschen Laster hatte sich Theaterleiter Klaus Schweiger ausgesucht und damit einen Ausblick auf die frohe Zeit der Kerwe gewagt, die kurz bevor steht. Die Nacht senkte sich schnell über Reilingen und die ersten Blitze formierten sich am Firmament, als Klaus Schweiger alias Otto Gingele durch die Stuhlreihen stürzte und sich das erste Mal als Trunkenbold offenbarte. Ein schneller Reigen von Informationen puzzelte sich zu einem Sinnbild deutscher Wohnzimmer-Leidenschaften: Ein Ehepaar mit Gewichts- und anderen Suchtproblemen, eine Tochter mit der Leidenschaft der Jugend, eine Nachbarin mit den Nöten einer Alleinstehenden und natürlich die Freundinnen, die gerne einmal einen Blick in das Leben der Babette Gingele riskieren. Diese hat ihre Pfunde leid, will abnehmen und wagt sich an riskante Gerichte. Fleischlos versteht sich. Ein Grauen für ihren Mann und ein Spaß für das Publikum. Denn just in der Phase des Grünzeugs platzt der junge Metzger in das Leben der Tochter des Hauses. Ein sinnesfreudiger Mensch, der schon bald zum Schwiegersohn in spe avancieren soll. Mit viel Schwung, Elan und Mutterwitz beeindruckten die Akteure bereits in den ersten Minuten, entführten die Menschen in Reilingen in eine alte Tradition der Abendunterhaltung. Bei schwülen Temperaturen fächelten sich die Menschen die feuchte Raumluft zu, konnten die Kinder ihre Münder kaum noch in geschlossene Position bringen und entspannte das gemeinsame Lachen alle in der Einigkeit: Diese Menschen sind für die Bühne gemacht. Diese Menschen, das waren neben Klaus Schweiger, der auch Regie führte, Stefan Schweiger, Jessica Schweiger, Annette Schweiger, Vera Strittmatter und Andrea Rösch. „Super“, „Echt klasse“, „Weiter so“, applaudierten die Zuschauer in den Pausen und ließen sich von einem kräftigen Gewitter überraschen, welches fast schon eine konspirative Stimmung in dem kleinen Josefshaus verbreitete. Reilingen in seiner reinsten Form, konnte man meinen, selbst Bürgermeister Walter Klein hatte es sich mit seiner Gattin in der ersten Reihe bequem gemacht und erfreute sich an so viel kultureller Präsenz in seiner Gemeinde. In beeindruckend schnellem Tempo eroberten sich die Schauspieler ihre Bühne für eine zweite Spielzeit zurück, hielten Moral gegen Schweinebraten, Lust und Triebe gegen die freundschaftliche Verpflichtung, sich gegenseitig ein Halt zu sein. Die Tochter Susi schwanger, Mutter Babette im Eifersuchtstaumel, Vater Otto im Erklärungsnotstand, Nachbarin Ursula beistehend und die beste Freundin Birgit als männermordender Vamp in Kittelschürze – mit herausragendem Spielvergnügen stürzten sich die Schweigerstadler in das Crescendo der Verwechslungskomödie und ließen nicht unversucht, ihren Zuschauerinnen und Zuschauern das Lachen aus den Hälsen zu locken. Mit Bravour und Erfolg, wie die fast schon stehenden Ovationen zeigten. Für Klaus Schweiger und seine Akteure ein großes Dankeschön auch für die zahllosen Probestunden in der heimischen Scheune. Mit dem Versprechen, auch im kommenden Jahr wieder ein Bühnenstück nach Reilingen zu bringen, empfahl er sich seinen Gästen: „Danke für eier Sitzfleisch, ohne des wär des alles ned gegange.“ Sein Dank galt aber auch den Mitwirkenden, auf die er zu Recht „stolz“ war.
ak aus SZ, Fotos svs
( 02.10.2006 - 16:00)

Zurück zur Startseite - Zur Kategorie-Übersicht

Mit Komödie in die Herzen der Menschen gespielt Mit Komödie in die Herzen der Menschen gespielt

© Gemeinde Reilingen 2006