Ortsgeschichte

Gasthaus "Zum Löwen" - Reilingens ältestes Gasthaus
Das Gasthaus „Zum Löwen“ 1978

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Der Bericht wurde 1978 in den Reilinger Nachrichten veröffentlicht.

Wenn man von Walldorf herkommt, steht am Ortseingang an historisch bedeutsamer Stelle das Gasthaus "Zum Löwen". Aus dem Jahre 1517 stammt eine Urkunde, in welcher eine Wirtschaft in Reilingen, zur Kellerei Wersau gerhörig, erwähnt wird. Der Lage nach war es der heutige "Löwen". Hierin hatte auch der herrschaftliche Zöller seine Wohnung. 1672 wurde im Pfälzischen Erbfolgekrieg der Gasthof abgebrannt und danach mit 300 Eichenholzstämmen wieder aufgebaut. 1681 betreibt ein G. Weißbrodt die Wirtschaft. Von einer Tante namens Weißbrodt übernahm auch Michael Adolf um 1900 die Gastwirtschaft.

Es war das Vereinslokal des Artilleriebundes St. Barbara, aus welchem später auch der Reiterverein entstand. Es fand sich hier auch schon vor dem 1. Weltkrieg eine "bessere Gesellschaft" (Bürgermeister, Lehrer, Kaufleute) zum Kartenspielen zusammen. Die" cego-Gesellschaft" (nach dem Kartenspiel, welches "Cego " hieß) veranstaltete hier bereits schon eine Kinderfastnacht am Fastnachtsdienstag.

1921 kam der Männergesangverein in den "Löwen". Viel Spaß bereiteten auch die Bälle im Saal des Gasthauses. Besonders beliebt waren die Polonaisen, wobei man mit 2 Laternen die Treppe hinunter tanzte. Durch den Schuppen und über den Steg des (heute zugeschütteten) Mühlbaches ging es über den romantischen Biergarten wieder zurück in das Lokal. Auch der Wanderverein (Gitarren- und Mandolinenverein) war in den zwanziger Jahren Gast im "Löwen".

Schon jeher war der Löwenwirt auch Bauer. Wilhelm Adolf erinnert sich noch gut, wie sein Vater mit dem "Berner Wägelchen" (= leichter, kutschenähnlicher Bauernwagen) mit dem Saukorb nach Wiesloch oder Schwetzingen fuhr, um dort auf dem Markt junge Schweine zu verkaufen.

Seit 1973, dem Tode von Frau Anna Adolph geb. Zimmermann, führen die Geschwister Anna und Wilhelm Adolf die Gastwirtschaft weiter. An den langen Winterabenden kommen gerne Gäste an den warmen, holzgeheizten Kachelofen, und führen Gespräche über die heutige und die vergangene Zeit.
-le-

Anmerkung:
1672 bis 1679 fand der holländische Krieg (auch Französisch-Niederländischer Krieg genannt) statt. Dabei verwüsteten die Truppen des französischen Marschalls Turenne die Pfalz. In der Krämer-Chronik von 1912 können wir nachlesen, dass "1672 hier eine Wirtschaft in Brand geschossen wurde". 1674 "wird Reilingen gar in Asche gelegt, Turenne machte die Fluren in unserer Gegend zu einer Wüste". Das Gasthaus "Löwen" brannte demnach 1672 beim holländischen Krieg ab. Insoweit ist der ortsgeschichtliche Beitrag von 1978 zu korrigieren.

Der Pfälzische Erbfolgekrieg begann in unserer Region am 27. September 1688 mit der Belagerung der Festung Philippsburg und endete 1697 mit dem Frieden von Rijswijk. Wir wissen heute, dass auch 1689 Reilingen weitgehend zerstört wurde. Am 16. Februar 1689 wurde das Heidelberger Schloss unter General Melac und später auch Speyer samt Dom zerstört.

Die Gemeinde Reilingen hat das Anwesen im Jahr 1982 erworben und richtete zusammen mit dem Verein Freunde Reilinger Geschichte im oberen Stockwerk ein sehenswertes Heimatmuseum ein. Im Erdgeschoss befindet sich wie schon vor über 500 Jahren eine Gastwirtschaft, die heute Andrea Evans betreibt.
( 19.03.2007 - 15:05)

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