Ortsgeschichte

Wendelinsritt in Erinnerung an historische Wallfahrt

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Am vergangenen Sonntag wurde in Reilingen ein noch immer nicht umfassend erforschtes Stück Heimatgeschichte wieder lebendig: die Wallfahrt zum heiligen Wendelin, dem Schutzpatron der Landleute, Hirten und Herden, Schäfer, Bauern und des Viehs. Getreu der seit Jahrhunderten überlieferten Bauernweisheit "Sankt Wendelin verlass' uns nie, schirm unsern Stall, schütz unser Vieh" wurde der Volksheilige früher gegen Viehseuchen sowie für gedeihliche Witterung und gute Ernte angerufen. Wie einst an den Wallfahrtstagen zog auch am Sonntag nach dem Festgottesdienst in der katholischen Wendelinskirche gegen 11.15 Uhr eine Reiterprozession durch die Hauptstraße vor die Kirche, um dort an der überlieferten Tiersegnung teilzunehmen.

Wie alt dieser Brauch ist, ist einer Schrift im Generallandesarchiv zu entnehmen. So wird bereits in der Gründungsurkunde der "Löblich Bruderschaft sant Wendels zu Reutlingen (Reilingen)" vom 10. Juni 1451 eine "wallfard ad Sancti Wendalini" erwähnt, die zum "lobpreys des sant Wendels" in die gleichnamigen "Capell by Wersawe" führte. Diese Kirche war "uff Donnerstag nach sant Peterstag anno dom. 1446" erbaut und "in Ere sant Wendels des heyligen beichtigers geweyhet" worden.

Glaubt man den wenigen Überlieferungen, muss die Reilinger Wallfahrtsstätte von besonderer Bedeutung in der Kurpfalz gewesen sein. Einzig allein hier wurde nämlich fast die gesamte kurfürstliche Familie als Mitglied in einer Wendelinsbruderschaft aufgeführt: "... in die löbliche Bruderschaft sant Wendels zu Reutling (Reilingen) verbrudert haben ... des hochgeborenen fürsten und herren, herrn pfaltzgraven Philippen, pfaltzgraven bey Reyn samt Margret, Philippens angetraut weib ...".

Noch immer ist über diese Bruderschaft wenig bekannt. So weiß man nur, dass ihr die Aufgabe zufiel, sich um die Wallfahrer zu kümmern und das "Gutleutehaus" (eine Art Herberge mit Kranken- und Siechenstation) am Kraichbach zu führen. Die Urkunde von 1451 ist derzeit der einzige schriftliche Vermerk. Wie lange diese Bruderschaft bestand, ist ebenso unbekannt wie deren weiteren Aufgaben.

An die Tradition der Wallfahrt erinnert noch heute in der Wendelinskiche die gut erhaltene Statue ihres Schutzpatrons, der um 570 als Mönch oder Einsiedler in den Vogesen lebte. Den alten Überlieferungen nach soll er als einer der ersten Missionare im Frankenreich um 617 gestorben sein. Sein Grab befindet sich seit dem elften Jahrhundert im saarländischen St. Wendel.

Der vor allem im alemannisch-fränkischen Raum verehrte Volksheilige wurde bereits zu Lebzeiten ob seiner Wundertaten verehrt. Da er viel von Tieren verstand, kamen die Bauern zu ihm, wenn sie wegen ihres Viehs in Nöten waren oder gar Viehseuchen drohten. Dem von ihm entdeckten Wasser einer Quelle in den Vogesen wird noch heute eine besondere Kraft zugesprochen.

og aus SZ
( 16.10.2006 - 13:57)

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