Aus dem Rathaus

Reilingen trauert um Friedrich Kief
Reilingen trauert um Friedrich Kief

Zurück zur Startseite - Zur Kategorie-Übersicht


Ungläubigkeit und Bestürzung machten sich in Reilingen breit, als die Nachricht vom überraschenden Tod Friedrich Kiefs bekannt wurde. Im Alter von 87 Jahren war der bekannte und beliebte Mitbürger nach kurzer Krankheit verschieden. Friedrich Kief prägte die Reilinger Nachkriegsgeschichte durch seine unverwechselbare Persönlichkeit wie kaum ein Anderer. Im Jahre 1952 der sozialdemokratischen Partei beigetreten, wurde er bereits 1953 in den Reilinger Gemeinderat gewählt, dem er in der Folgezeit in 7 Wahlperioden ununterbrochen 35 Jahre lang angehörte, davon alleine 24 Jahre als Sprecher der SPD-Fraktion. Als Bürgermeisterstellvertreter begleitete er die Amtszeiten dreier Bürgermeister, Fritz Mannherz, Hermann Kief und Helmut Müller.

In diese Jahren fielen richtungsweisende Entscheidungen für die Entwicklung Reilingens zur heutigen modernen und attraktiven Wohngemeinde. Erinnert sei nur an den Bau von Schiller-Schule und Mehrzweckhalle, den Bau von Wasserwerk, Kläranlage und die Kanalisierung des Ortes, die Umgestaltung des Friedhofes mit der Errichtung der Leichenhalle oder die Ausweisung von Neubaugebieten, um dem Wohnbedarf der wachsenden Bevölkerung gerecht zu werden. Wie sich viele seiner Weggefährten erinnern können, war er dabei kein „bequemer“ Gemeinderat, sondern verstand es auch entgegen vorherrschenden Meinungen seine eigenen Vorstellungen zu Gehör zu bringen. Durch seine in der politischen Arbeit gezeigte Geradlinigkeit und Verlässlichkeit erwarb er sich in dieser Zeit auch das Ansehen und die Wertschätzung seiner politischen Gegner.

„Seiner“ SPD hielt er bis zu seinem Tod 55 Jahre lang die Treue. Den Reilinger Ortsverein, dessen Ehrenmitglied er war, leitete er 6 Jahre als Vorsitzender, 8 Jahre lang stand er dem heute nicht mehr existierenden „Arbeitskreis Hockenheim“ vor. Für seine Verdienste um die sozialdemokratische Partei Deutschlands wurde ihm anlässlich seiner 50-jährigen Mitgliedschaft die seltene Auszeichnung der „Willy Brandt-Medaille“ verliehen.

Über die eigentliche kommunalpolitische Arbeit hinaus engagierte sich Friedrich Kief in vielfältiger Weise, sei es als Elternbeiratsvorsitzender an der Schiller-Schule, als langjähriger Jugendschöffe oder für die Arbeiterwohlfahrt, in deren Vorstand er lange Jahre mitwirkte. Ein besonderes Anliegen war ihm als Kriegsheimkehrer die Arbeit beim Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge, dessen Ortsbeauftragter er 36 Jahre lang war. Die vielen Opfer nicht zu vergessen und gleichzeitig daran mitzuwirken, dass eine solche Tragödie wie der II. Weltkrieg, in dem er selbst zwei Brüder verloren hatte, sich nicht wiederholen kann, sah er als seine moralische Verpflichtung aus den eigenen Kriegserfahrungen in Russland und Nordafrika an.

Die zweite produktive Phase in seinem Leben begann mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben im Jahre 1983, das den gelernten Schreiner in wechselvollen Phasen über die Schreinerei Adolph zur Klavierbaufirma Dengler und schließlich als Kassier an die Raiffeisenbank Reilingen geführt hatte. Nun hatte er, der bereits 1974 seine Frau verloren hatte, Zeit und Muse, sich seinem Hobby, ja seiner Leidenschaft zu widmen: der Ahnen- und Heimatforschung. Nach der Erforschung des eigenen Stammbaumes trug er in akribischer Arbeit die Daten und Fotos aller Ehrenbürger, Bürgermeister, Gemeinderäte, Pfarrer und Ordensschwestern aus und in Reilingen zusammen. Mit seiner Artikelserie „Reilingen vor vielen Jahren“ in den Reilinger Nachrichten brachte er den interessierten Lesern Wichtiges, aber auch Kurioses aus Gemeinderat und Ortsgeschehen bis zurück in die Zeiten des Großherzogtums Baden näher. Mit dieser Arbeit hinterließ er der Gemeinde und den beiden Kirchen für spätere Generationen unschätzbare historische Zeugnisse lebendiger Heimatgeschichte.

Groß ist die Zahl der Ehrungen, die Friedrich Kief, der selbst seine Arbeit in der ihm eigenen Bescheidenheit nie zu hoch ansetzen wollte, für sein herausragendes ehrenamtliches Engagement erhielt. So wurde ihm für seine Verdienste im Jahre 1979 die Verdienstmedaille am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, kurz Bundesverdienstkreuz, verliehen. 1983 erhielt er die Ehrenmedaille des Gemeindetages Baden-Württemberg.

Seine Heimatgemeinde ehrte ihren geschätzten Mitbürger 1988 mit der Ehrenplakette und anlässlich seines 80. Geburtstages mit der Bürgermedaille der Gemeinde Reilingen. Im April sollte ihm als Anerkennung für seine Verdienste in der Heimatforschung vom Arbeitskreis Heimatpflege Regierungsbezirk Karlsruhe hier in Reilingen die Ehrennadel 2008 verliehen werden - eine Ehrung, die er nun leider nicht mehr selbst in Empfang nehmen kann.

Mit Fritz Kief geht ein Stück Reilinger Geschichte, auf seinen unermesslichen Wissensschatz kann nur noch in seinen Veröffentlichungen und Niederschriften zurück gegriffen werden. Fehlen wird er nicht nur seinen beiden Töchtern, deren Partnern und seinen Verwandten, fehlen wird in Reilingen seine offene und direkte Art, auf die Menschen zuzugehen, seine Hilfsbereitschaft und sein immer wieder geschätzter Rat.

Nichts könnte die Wirkung Friedrich Kiefs aber besser beschreiben als die Worte von Bürgermeister Walter Klein bei der Verleihung der Bürgermedaille im Jahre 2000: „In unermüdlicher und erfolgreicher Arbeit hat Friedrich Kief unter Zurückstellung persönlicher Vorteile und Annehmlichkeiten immer das Wohl der Gemeinde und ihrer Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt seines Tuns gestellt. Der Name Friedrich Kief und sein Wirken sind untrennbar mit Reilingen verbunden, und wir sind stolz darauf, einen solchen Bürger in unserer Gemeinde zu wissen.“
( 03.03.2008 - 10:39)

Zurück zur Startseite - Zur Kategorie-Übersicht

© Gemeinde Reilingen 2008