Ortsgeschichte

70 Jahre im Dienst der Reilinger Gastlichkeit
Pfälzer Hof in den 60er Jahren

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Ein in Reilingen über 70 Jahre ebenso bekanntes wie traditionsreiches Gasthaus „Zum Pfälzer Hof“ eröffnet nach längerem Leerstand demnächst neu und heißt künftig „Reilinger Hof“.

Manch Reilinger kam schon in Verlegenheit, wenn er von einem Fremden nach dem „Pfälzer Hof“ gefragt wurde. Nach kurzem Überlegen wusste er die Antwort: „Ah, Sie wolle zum Osmund?“
Der seltene Vorname, der bis in die 3. Generation, etwa bis in das Jahr 1992 verwendet wurde, ist zu einem Markenbegriff der Gastwirtschaft geworden. An der Stelle des „Pfälzer Hofes“ stand früher eine Ziegelei, die auch der Ziegelgasse ihren Namen gab. Einen der alten Wirte nannte man „Ziegler Louis“ obwohl er Becht hieß. Die Familie Osmund Geiß übernahm im Jahr 1935 das Gasthaus von einem Wirt namens Martus, der aus Kirrlach stammte. Schon bald fanden viele Gäste den Weg in das Lokal.

Schon vor dem Krieg und nachher, von 1946 bis 1952, war im Saal ein Kino untergebracht. Der Eintritt zu den Kindervorstellungen betrug damals 50 Pfennig und bei nicht ganz jugendfreien Stellen wurde gerne der Ton weggedreht. Später war das Kino im „Adler“-Saal, bis es in den 70er Jahren schloss. Während der schlechten Zeiten übernahm Osmund Geiß im Namen der Ortsviehversicherung die Notschlachtungen. Das Vieh wurde entweder im Spritzenhaus oder im Schlachthaus der Gaststätte ausgehackt und als Freibankfleisch verkauft. Da bildeten sich lange Käuferschlangen, um das Fleisch zu erwerben. Aus jener Zeit ist noch ein Spottvers erhalten: „Rindfleisch isch deier (teuer), Kuhfleisch isch knapp, do gehne ma zum Osmund un(d) hole uns Trab-Trab (Pferdefleisch)!“ Da das Fleisch knapp war, behalf man sich eben mit Pferdefleisch.

Seit alters her haben sich im Pfälzer Hof Bräuche erhalten. So wurde am Kerwesamstag die Kerweschlumpel abgeholt und am Dienstag feierlich begraben. Früher ging auch ein privater Fastnachtsumzug vom „Osmund“ durchs Dorf. Voraus marschierte der Wirt und machte Reklame für den abendlichen Ball.

1960 übernahmen der Sohn Osmund und dessen Frau Else geb. Eichhorn die Wirtschaft. Der große Saal wurde neu und modern gebaut.
Für die Stammgäste fand jedes Jahr ein Betriebsausflug statt, an dem etwa 100 Personen teilnahmen.

1960 ging die Gastronomie auf den Sohn über, der den Namen seines Vaters trug, so dass sich auch der bürgerliche Name weiter fortpflanzte. Dieser Name wurde trotz des Todes von Osmund Geiß jun., er verstarb im Jahre 1987, auch weiter erhalten.
Die Tochter Inge führte nunmehr das Geschäft in der 3. Generation weiter. Einiges wurde renoviert und ein Biergarten eröffnet.

Der „Pfälzer Hof“ war Heimstatt für viele Vereine. So sei hier der Athletenverein genannt. Es gab einen „Club der Junggesellen“ und einen „Club der verarmten Millionäre“. Im Verlauf der Zeit hatten dort auch der Turnerbund Germania, Brieftaubenverein, Versehrtensportgruppe und Männergesangverein 1902 Platz für ihre Vereinsaktivitäten gefunden.

1993 ging der Wirtschaftsbetrieb auf Peter Krieg, später auf Elvira Giglio über. Seit 31.12.2002 steht das Gebäude leer. Zum 01. Mai 2007 wird das traditionsreiche Haus unter neuer Leitung wieder eröffnet. Es trägt künftig den Namen „Reilinger Hof“.

Text: le/RN
Fotos: Geiß, Repro Ph. Bickle
( 12.04.2007 - 10:21)

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Das Wirtsehepaar Geiß Anfang der 80erDas Wirtsehepaar Geiß Anfang der 80er
Osmund Geiß sen. und jun. Mitte der 1930er JahreOsmund Geiß sen. und jun. Mitte der 1930er Jahre

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