Was sonst interessiert

Die Hebamme schummelte nicht
Geboren am 29. Februar: Karin Kaiser

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"Nein, zehn Minuten sind zuviel, da können wir nicht mehr schummeln", sagte ganz entschieden die Hebamme in jener Nacht des Jahres 1940 in einem Krankenhaus in Dresden. Jene Nacht, das war genau die Nacht vom 28. auf den 29. Februar des Jahres 1940.

"Bei einer oder vielleicht zwei Minuten hätte sie noch mitgemacht und in ihren Geburtsbericht 28. Februar geschrieben, aber zehn Minuten, das ging auf keinen Fall", lacht heute Karin Kaiser darüber, wenn sie sich erinnert, wie ihre Mutter Käthe den Tag ihrer Geburt immer wieder beschrieb.

"Gut, dann ist unsere Kleine eben an einem Schalttag geboren", damit hatten Mutter Käthe und Vater Albert keine Probleme und Tochter Karin, die als Zwanzigjährige nach Mannheim kam, viele Jahre in Hockenheim und jetzt in Reilingen wohnt, hatte damit auch keine Schwierigkeiten.

Alter selten richtig geschätzt
"Aber passen Sie auf, Sie könnten mein Alter gerne schätzen, aber ich feiere erst zum 17. Male richtig Geburtstag", erläutert Karin Kaiser lachend ihre "Alterssituation" im Gespräch. Schließlich ist der Schalttag eine "Zugabe", und Zugaben sind ja oftmals etwas Besonderes.

Man sei da in der Kindheit und Jugend schon neugierig gewesen, warum man zwar älter werde, aber so ganz richtig doch nicht Geburtstag - Betonung auf Tag - feiern kann. Und so beschäftigte sich die junge Karin mit den Kalendern und Kalendermachern und stellte fest, dass bereits Julius Cäsar Schaltjahre im römischen Reich eingeführt hatte.

Aber bereits lange vor ihm wussten die alten Ägypter, dass die Sonne nicht ganz genau 365 Tage braucht, um von der Erde aus gesehen wieder an derselben Stelle zu stehen. Dafür wird ein viertel Tag länger gebraucht. Und deshalb hat Karin Kaiser in Reilingen nur alle vier Jahre "richtig" Geburtstag.

Ein viertel Tag entscheidet
Aber Moment, das ist jetzt etwas vereinfacht. Also, die Zeit, die die Erde benötigt, um die Sonne zu kreisen, ist einen viertel Tag länger als die eigentlichen 365 Tage. Das mag zwar nicht sehr viel sein, läppert sich aber doch zusammen.

Damit die Jahreszeiten trotzdem immer zum gleichen Datum beginnen konnten, musste etwas geschehen. Wahrscheinlich gründete man einen Arbeitskreis, jedenfalls wurde beschlossen, dass das Jahr alle vier Jahre einfach einen Tag länger ist.

Die Angelegenheit blieb aber ungenau, denn das Jahr zählte nicht genau 365,25 Tage, sondern eben nur 365,2425 Tage. Innerhalb von nur 128 Jahren kommt so ein ganzer Tag zusammen. Und auch da fand man beim Gregorianischen Kalender dann eine Lösung. Volle Jahrhunderte sind nur dann Schaltjahre, wenn sie durch 400 teilbar sind. Das Jahr 2000 war also ein Schaltjahr, das 1900 war keines und das Jahr 2100 wird auch kein Schaltjahr sein.

Lichtenbergs "Trostgründe"
Und was hat das für Konsequenzen? Für Karin Kaiser jedenfalls keine, denn sie konnte ja im Jahre 2000 ihren Vier-Jahres-Geburtstag feiern. Der Physiker Georg Christoph Lichtenberg, der einmal "Trostgründe für die unglücklichen, die am 29sten Februar geboren sind", verfasst hatte, stellte folgende Überlegung auf: Weil das Jahr 1800 nicht durch 400 teilbar ist, hat es auch keinen zusätzlichen Schalttag. Und dann führte er weiter aus: "Ein Kind, das am 29. Februar 1796 geboren würde und am 28. Februar 1804 stürbe, wäre acht Jahre alt geworden und hätte nie einen richtigen Geburtstag gehabt."

Nun, diese Sorgen Lichtenbergs haben wohl weder Karin Kaiser noch die etwa 55.000 Bundesbürger, die ebenfalls am 29. Februar Geburtstag feiern können. Physikprofessoren stellen übrigens Berechnungen auf, dass man je nach Geburtszeitpunkt in verschiedenen Jahren mal am 28. Februar und mal am 1. März feiern könnte.

Drei Jahre am 1. März gefeiert
Von solchen Rechenexempeln hält Karin Kaiser wenig: "Meine Mutter hatte gesagt: Da feierst du halt immer drei Jahre lang am 1. März", und dabei war es dann schließlich auch geblieben. Wenn jemand am 28. Februar gratulieren wollte, dann sagte sie einfach freundlich und fröhlich, wie es stets ihre Art war und ist: "Komm, das machen wir morgen." Und wenn jemand Blumen brachte - na ja, die haben ja bestimmt auch am nächsten Tag noch geblüht.

Vom Datum nicht weiter geprägt
Ihr Leben hat Karin Kaisers nicht ganz alltäglicher - besser gesagt: nicht alljährlicher - Geburtstag wohl kaum geprägt. Sie war beruflich im Hotelfach und in der Altenpflege tätig und war musisch vielseitig interessiert, was sicherlich auch vom Vater vererbt war, der Berufsmusiker war.

Sie selbst spielt Akkordeon, sie malt gerne und ist auf ihre Gobelin-Arbeiten zu Recht ein wenig stolz. Und sie liebt die Musik, bei Opernaufführungen ist die Reilingerin im Mannheimer Nationaltheater Stammbesucherin.

Prominenter "29er" beliebt
Und sie liebt beispielsweise auch die Werke von Gioacchino Rossini. Ob das daran liegen mag, dass Rossini auch an einem 29. Februar geboren ist?
Franz A. Bankuti aus SZ, Foto svs
( 03.03.2008 - 10:57)

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