Ortsgeschichte

Reilinger Begräbniskultur

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Reilinger Begräbniskultur
Der Reilinger Leichenwagen
Teil 1

Nachdem die Umgestaltung des Friedhofs in vollem Gange ist, möchten wir Sie in den nächsten Ausgaben der Ortsgeschichte über die Begräbniskultur vergangener Zeiten erinnern. Vor 105 Jahren hat der Gemeinderat beschlossen, einen Leichenwagen zu erwerben.
Weder in den Ratsprotokollen noch in den Friedhofsakten findet sich ein Hinweis, ob die vorgesehene Anschaffung eines Leichenwagens bereits im Hinblick auf den künftigen, erstmals außerhalb des Ortes liegenden Friedhof eingeleitet wurde. Denn erst in der Gemeinderatssitzung am 19.4.1895 fiel die endgültige Entscheidung, dass der bis dahin innerörtlich liegende Begräbnisplatz (an der Alten Friedhofstraße) geschlossen und ein neuer Friedhof am Heidelbergerweg links angelegt werden soll. Vom Wortlaut der beiden Beschlüsse Nr. 108/1893 und 135/1894 her ist es aber ebenso unwahrscheinlich, dass dieser neue Leichenwagen einen bereits vorhandenen, eventuell alten Wagen ersetzen sollte.

In der Gemeinderatssitzung am 7. Dezember 1893 wurde unter dem damaligen Bürgermeister Joh. Mich. Claus die Anschaffung eines Leichenwagens beschlossen und im Gemeindevoranschlag (Haushaltsplan) finanziell abgesichert. Wir lesen im betreffenden Ratsprotokoll:

Nr. 108
Geschehen zu Reilingen, den 7. Dezember 1893 vor dem Gemeinderat

Punkt 4
Der Bürgermeister trägt vor, dass er der Ansicht sei einen Leichenwagen für die hiesige Gemeinde anzuschaffen, und er beantragt hierfür den Betrag von -500- Mark in den 1894er Gemeindevoranschlag einzustellen.

Beschluss
1. Die Beschaffung eines Leichenwagens wird beschlossen. Als Kostenaufwand hierfür ist der Betrag von -500- Mark in Voranschlag einzustellen.

Bei der Mitte 1894 stattgefundenen Bürgermeisterwahl wurde Bernhard Eichhorn zum Nachfolger von Bürgermeister Claus gewählt, dessen Vorgänger er von 1882 bis 1888 schon war. Das Vorhaben Leichenwagen wurde durch den Bürgermeisterwechsel nicht verzögert. Während der obige Beschluss die finanzielle Voraussetzung für die Anschaffung war, brachten die beiden folgenden Beschlüsse die Verwirklichung auf den Weg.

Nr. 135
Geschehen zu Reilingen, den 5. Oktober 1894 vor dem Gemeinderat

Punkt 1
Der Bürgermeister trägt vor, das er der Ansicht sei, an die Beschaffung eines Leichenwagens zu denken, und die Ausführung in Angriff zu nehmen.

Beschluss:
1. Mit Pflegung der hierwegen nötigen Verhandlungen wird Bürgermeister Eichhorn betraut.
2. Nachricht dem Bürgermeister Eichhorn hier.

und

Nr.18
Geschehen zu Reilingen, den 22. März 1895 vor dem Gemeinderat

Punkt 1
Der Bürgermeister teilt mit, dass Schmiedemeister Friedrich Steidel von Wiesloch bereit sei, einen Leichenwagen nach dem Muster desjenigen der Gemeinde Wiesloch für den Betrag von - 360 - Mark sage - Dreihundertsechzig Mark - für die hiesige Gemeinde herzustellen, und beantragt Beschlussfassung.

Beschluss
1. Wird nach Antrag beschlossen und die Anfertigung eines Leichenwagens für die hiesige Gemeinde im Betrag von -360- Mark sage -Dreihundertsechzig Mark- übertragen.
2. Nachricht vom Schmiedemeister Steidel in Wiesloch und Abschluss eines Vertrages mit Demselben.

Es scheint, dass Schmiedemeister Steidel auf die Anfertigung von Leichenwagen spezialisiert war, und Steidel könnte auch der Erbauer des Wieslocher Leichenwagens gewesen sein, der dann als Modell für den Reilinger Wagen dienen sollte. Da Wiesloch damals schon Stadt war, kann durchaus auch angenommen werden, dass sich der hiesige mit der Nachbildung des dortigen Wagens ein Gefährt mit städtischem Flair zu haben.

Friedrich Kief

Fortsetzung folgt
( 24.11.2008 - 11:15)

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