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"In vielen Wohngebieten werden wir katastrophale Atemluft haben"

[Online seit 21.11.2022]

Wenn Erdgas im Winter knapp und teuer wird, dürften viele Menschen hierzulande den Holzofen anwerfen. Der Karlsruher Partikelforscher Achim Dittler hält das für eine schlechte Idee und warnt von den Folgen.
 
 
WirtschaftsWoche: Herr Dittler, der drohende Gasmangel wird wohl dazu führen, dass mehr Menschen in den nächsten Monaten mit Holz heizen. Was halten Sie als Partikelforscher davon?
Achim Dittler: Gar nichts. Das wirft uns zurück ins Mittelalter, in eine Zeit vor der Kohle, vor dem Gas. Der Mensch hatte eigentlich die Zeit des Holzverbrennens hinter sich gelassen. In den vergangenen Jahren wurde uns das aber als nachhaltig und ökologisch wieder neu verkauft. Dabei spielen natürlich auch Urinstinkte eine Rolle. So ist ein Kamin gemütlich, strahlt Schutz und Wärme aus, vermittelt Geborgenheit wie ein Lagerfeuer. Trotzdem sollten wir besser andere Arten der Heizung wählen.
 
 
Dennoch könnte der Gaspreis viele dazu bewegen, Kamin oder Holzofen anzuwerfen. Was würde das für unser Klima bedeuten?
Es wurde lange Zeit behauptet, Holz zu verbrennen sei klimaneutral. Die Wissenschaft ist da aber seit geraumer Zeit sehr viel weiter. Die Erkenntnisse kommen zunehmend auch in der Politik an: Das Bundesumweltministerium schreibt inzwischen auf seiner Homepage, dass dies entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht zutrifft.
 
 
Warum ist das so?
Man sitzt da ja einem einfachen Narrativ auf, wie beim Totholzim Wald. Von dem sagen manche, es gebe das gleiche Kohlendioxid in die Atmosphäre ab, wenn es verrottet, wie wenn man es verbrennt. So einfach ist es nicht. Wenn es verrottet, dauert das Jahrzehnte, wenn man es verbrennt, geht das in Minuten oder wenigen Stunden. Dadurch wird ein existierender Kohlenstoffspeicher aufgelöst und innerhalb sehr kurzer Zeit weiteres CO2 in die Atmosphäre eingebracht. Es ist wissenschaftlich belegt, dass 30 Prozent des Kohlenstoffs aus Totholz langfristig im Mineralboden eingelagert wird. Kohlenstoff ist im Wald also nicht nur oberirdisch gebunden, ein Großteil steckt unterirdisch. Dieser wird in der Diskussion oft ausgeblendet. Es wird auch hier deutlich: Die Menschen neigen leider dazu, einfache Botschaften, die erstmal plausibel klingen, zu glauben.
 
 
Das klingt nicht gut. Vielerorts in Europa sammeln die Menschen gerade massenhaft Totholz aus den Wäldern, um es im Winter zu verfeuern.
Ja. Wir wissen heute, dass von allen kohlenstoffhaltigen Brennstoffen beim Verbrennen von Holz bezogen auf den Energiegehalt das meiste CO2 und die meisten Schadstoffe freigesetzt werden. Das ist dann nicht nur fürs Klima schädlich, sondern auch für unsere Atemluft, unsere Gesundheit und die Umwelt.
 
 
Was für Schadstoffe werden denn da freigesetzt?
Verbrennt man Holz, entstehen neben CO2 und Wasserdampf feste und gasförmige Schadstoffe. Zu den gehören beispielsweise Kohlenmonoxid, Stickoxide, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Aldehyde und viele weitere Schadgase. Und natürlich Feinstaub sowie Ruß.
Da müssen sie jetzt aber näher erklären, was das für uns Menschen bedeutet.
Bei Kohlenmonoxid weiß man, dass es ein farbloses, geruchloses, giftiges Gas ist. Und das muss man stark verdünnen, sonst wird es problematisch. Bei Stickoxiden weiß man auch, dass sie in höheren Konzentrationen eine schädigende Wirkung auf den Menschen haben können, ebenso sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Aldehyde gesundheitsschädlich. Verdünntes Holzrauchgas schädigt die Lungenzellen, das ist bekannt. Der entstehende Feinstaub, dessen Konzentration in der Atemluft auch sehr hoch sein kann, ist ebenso gesundheitsschädlich. Und Ruß ist krebserregend. Darum wurden zur Abgasreinigung bei Verbrennungsmotorenhochwirksame Partikelfiltereingeführt. Solche wirksamen Filter fehlen bei Holzöfen völlig.
 
 
Sind die Wetterlagen im Winter da ein Problem?
Das Wetter spielt natürlich eine Riesenrolle. Inversionswetterlagen, wenn die oberen Luftschichten wärmer sind als die unteren, sind da besonders problematisch. Dann wirkt die Atmosphäre wie ein Deckel und Schadstoffe reichern sich bodennah an. Aber auch die normalen Wetterlagen sind nicht unproblematisch. Da kann es passieren, wenn der Wind aus bestimmten Richtungen weht und die Anlage ungünstig installiert ist, dass die Abgase nicht nach oben den Schornstein verlassen, sondern in Richtung Boden oder benachbarter Wohnhäuser strömen. Sie können dann in benachbarte Häuser eindringen, besonders wenn diese mit technischen Lüftungssystemen ausgerüstet sind. Dann werden die Wohnräume zu einer gefährlichen Rauchgasfalle. Strömen die Abgase über Stunden in die Wohnungen, stellt dies eine konkrete Gefahr dar. Menschen, die so etwas erlebt haben, berichten von Symptomen einer leichten Rauchgasvergiftung. Davor kann man sich dann nur schützen, indem man CO-Melder in den Wohnräumen installiert und mobile Innenraumluftfilter aufstellt, die die Atemluft reinigen. Viele Betroffene berichten, dass sie mehrere Luftfilter betreiben, was natürlich auch wieder Strom verbraucht.
 
Der Holzofen ist eine Sache. Wie sieht es denn mit dem Kamin aus, der halboffenen Feuerstelle im Wohnzimmer?
Einzelraumfeuerungen sind gerade extrem beliebt, werden in Zeiten der Gaskriese von den Menschen reihenweise in Wohnräumen nachgerüstet. Diese sind aber auch am problematischsten, was Betrieb und Emissionen angeht. Jedes Mal, wenn jemand den Kamin anmacht, ist der potenziell jemand, der sein Umfeld stundenlang zum Passivrauchen gesundheitsschädlicher Rauchgase zwingt. Jeder sollte sich also überlegen, ob er dem selbst ausgesetzt sein möchte. Der Betrieb solcher Einzelraumfeuerungen wird hauptsächlich Schuld daran sein, dass wir in vielen Wohngebieten Deutschlands im kommenden Winter eine katastrophale Atemluftqualität haben werden. So katastrophal, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Vor dem Hintergrund sollte man sie also insbesondere in dichtbesiedelten Gegenden doch besser aus lassen.
 
 
Wie ist es mit Holzpellets?
Die sind bezogen auf die Schadstoffemissionen nicht ganz so übel, bestehen ja aus Holzbestandteilen, die in eine einheitliche Form gepresst sind und einen einheitlichen Zustand haben. Sprich, die Qualität des Brennstoffes ist sehr viel besser reguliert, als bei einem normalen Holzofen. In den wandern ja mitunter auch Müll, altes Zeitungspapier, Kartonagen, sogar lackiertes Holz. Andere verbrennen bedruckte Eierkartons oder zerkleinerte Europaletten. Nicht jeder geht da so verantwortungsvoll mit um, dass er nur trockenes, bestes Buchenholz in bestimmter Menge verfeuert. Mitunter wird auch feuchter Brennstoff verwendet, weil man die Feuchte nicht messen kann. Oder der Brennraum wird überladen. Das führt mitunter dazu, dass die Wohnräume schnell zu warm werden und die Luftzufuhr gedrosselt wird. Dann pyrolisiert das Brenngut und extrem stinkende und gesundheitsschädliche Rauchgase räuchern das Umfeld des Ofens oft über Stunden ein. Das Betreiben eines normalen Einzelraumofens erfordert also sehr viel mehr Kenntnis und sehr viel mehr Verantwortungsbewusstsein als der Betrieb einer Pelletheizung.
 
 
Pelletheizungen sind also per sesauberer?
Unter anderem dadurch, dass Größe, Zusammensetzung und Feuchte der Pellets klarer definiert sind als bei Brenngut für Einzelraumfeuerungen, verbrennen sie sauberer, aber noch immer deutlich dreckiger als eine Gasheizung. Im Vergleich zur Einzelraumfeuerung ist auch der Verbrennungsprozess sehr viel stabiler, die Pellets werden automatisch dosiert nachgeführt und die Luftzufuhr ist geregelt. Allerdings gibt es beim CO2 keinen Unterschied. Da ist Holz eben Holz. Die Herkunft der Pellets sind ein weiteres Thema. Nicht alle Pellets sind aus Holzresten hergestellt. Die in Europa insbesondere in Kraftwerken verbrannten Pellets werden etwa per Schiff in großen Mengen aus Nordamerika importiert. In Nordamerika werden dazu an der Ostküste in der Nähe der Häfen ganze Wälder gerodet.
 
 
Quelle: Holzheizungen: „In vielen Wohngebieten werden wir katastrophale Atemluft haben“ (wiwo.de)

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