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Spargelgemeinde Reilingen (Druckversion)

Wahlen

Wissenswertes rund um Wahlen

Keine Spur von Wahlkampf-Müdigkeit

[Online seit 15.04.2013]

Neun Tage vor der Bürgermeisterwahl haben die Reilinger den Wahlkampf keineswegs satt. Über 1000 Menschen kamen am Freitag Abend in die Fritz-Mannherz-Halle, um sich von fünf der sechs Kandidaten, die am 21. April auf dem Wahlzettel stehen, deren Ziele und Vorstellungen von der Zukunft der Gemeinde erläutern zu lassen und ihnen zu konkreten Themen auf den Zahn zu fühlen. Das Quintett war um keine Antwort verlegen und stand volle drei Stunden souverän, sachlich und fair Rede und Antwort. Lob zollte Moderator Jürgen Gruler (Chefredakteur Schwetzinger Zeitung) auch den Bürgern für ihre zahlreichen Beiträge.
Während in der Halle nahezu alle Stühle belegt waren, fragte Versammlungsleiter Peter Geng zum Auftakt vergeblich, ob Bewerberin Sandra Müller aus Barmstedt anwesend sei - ihr Platz auf dem Podium blieb erneut leer. Die fünf Männer nutzten die Möglichkeit, sich und ihre Programm-Schwerpunkte zu präsentieren.
Rededisziplin erlaubt viele Fragen
Mit der vorgegebenen Redezeit von 15 Minuten hatte keiner Probleme, Thomas Kröncke erhielt auf der Zielgeraden von Moderator Jürgen Gruler einen Hinweis, Otmar Geiger schöpfte gerade mal die Hälfte der Zeit aus, die verbleibenden siebeneinhalb Minuten machte er den Zuhörern zum "Wahlgeschenk" - seinem einzigen, wie er betonte.
Die Rededisziplin ermöglichte zahlreiche Fragen der Bürger, die meist an alle Kandidaten gerichtet waren. Der Anfang gehörte dabei den Wirtschaftsthemen. So wollte Ute Hoffmann wissen, wie die Bürgermeister-Aspiranten die Wirtschaft voranbringen wollen. Otmar Geiger setzt auf den Ausbau des Kontakts zwischen Verwaltung und Unternehmen und einen gemeinsamen Auftritt. Stefan Weisbrod möchte "kurze Wege zum Rathaus" anbieten und den Standort bewerben, um besonders flächensparende Betriebe anzusiedeln.
Thomas Kröncke sieht Bedarf, die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu intensivieren und eine Stärken- und Schwächen-Analyse durchzuführen. Michael Astor möchte ausreichend Flächen anbieten und Fortbildungsmöglichkeiten über die Volkshochschule prüfen lassen. Uwe Schuppels Ziel ist es, die Bürger in die Gewerbebetriebe zu bringen, um deren Angebote kennenzulernen. Vor der Ausweisung von Gewerbeflächen will er erst den Bedarf ermitteln.
Welches Gewerbegebiet fördern?
Zu den Gewerbegebieten fragte Harald Bickle, welche Präferenzen die Kandidaten hätten: Rott oder das interkommunale Gebiet mit Neulußheim? Thomas Kröncke wies darauf hin, dass diese Frage bereits im Gemeinderat zugunsten von Rott entschieden worden sei. Software-Unternehmen würde er gerne holen. Uwe Schuppel sieht beim "Interkom" große Schwierigkeiten bei der Erschließung.
Für Stefan Weisbrod liegt Rott verkehrsgünstiger. Die "Interkom"-Lösung sei nicht zufriedenstellend ohne eine faire Lastenverteilung mit Neulußheim darstellbar, das gehe nur über einen Zweckverband. Michael Astor verwies ebenfalls auf die verbindliche Gemeinderatsentscheidung, will einen Schwerpunkt setzen bei der Schaffung von Halbtagsarbeitsplätzen, wie sie beispielsweise bei Eisel verloren gegangen seien. Otmar Geiger lehnt "Interkom" strikt ab: "ein unpassender Ort". Er bevorzuge die Erschließung innerörtlicher Gewerbeflächen - das könne auch das jetzige Sportplatzgelände sein, falls eine Umsiedlung an die Mannherz-Hallen gelinge.
Teilbebauungsplan als Anschub?
Friedrich Feth fragte Michael Astor, ob er dafür sei, im Quartier Alte Friedhof-/Schulstraße endlich eine Teilbebauung zu ermöglichen. Der von CDU und FDP unterstützte Bewerber sagte, er sei dafür, Teilbebauungspläne zu erarbeiten, das habe sich bei Rewe oder Brunnengasse bewährt und bringe meist Bewegung. Dem angesprochenen Quartier sei schon 2001 höchste Priorität eingeräumt worden.
Monika Kneis erkundigte sich bei Stefan Weisbrod, wie er seine Ankündigung meine, die Verwaltung leistungsorientiert führen zu wollen. Der als Kämmerer in Walldorf tätige 40-Jährige sagte, dass leistungsbezogene Elemente in die Verwaltung eingeführt werden sollen, wie sie auch der neue Tarifvertrag im öffentlichen Dienst vorsehe. Der einzelne Mitarbeiter habe davon nur Vorteile.
Wahlziele: Was die Kandidaten in Gemeinde verändern wollen
Ein ganzes Wahlprogramm auf 15 Minuten zu verdichten - dieser schwierigen Aufgabe mussten sich die Bürgermeisterkandidaten gestern Abend zum Auftakt stellen. Sie schafften es alle, am besten nutzte Uwe Schuppel die Zeit aus (14:59 Minuten), Otmar Geiger, der sein Referat mit viel Humor würzte, verzichtete auf die Hälfte der Zeit und nannte das sein "Wahlgeschenk". Aus ihren Vorträgen haben wir markante Aussagen ausgewählt, die wir in alphabetischer Reihefolge hier wiedergeben.
Michael Astor: "Politik ist für mich die Lust, Probleme zu lösen." "Die jetzigen Gemeinderatssitzungen sind nicht mehr zeitgemäß", kritisiert Astor und schlägt verbesserte Fragemöglichkeiten oder ein Onlineforum vor, denn "keiner weiß soviel, wie wir alle zusammen!" Mit einem Nachbarschaftshilfeverein will er gezielt alte Menschen unterstützen und lobt die lebendige Dorfgemeinschaft.
Otmar Geiger: Mit dem an Obama angelehnten Spruch "Yes, I can" beantwortete er die ihm häufig gestellte Frage, ob er als als "Schreiberling" und "Heimatfuzzi" die Voraussetzungen für das wichtige Amt mitbringe. Versprechungen wolle er keine abgeben, aber Fremdenverkehr, Kultur und Heimatpflege in einem attraktiven Tourismuskonzept verknüpfen.
Thomas Kröncke: Mit seinem Gemeindemarketingkonzept will Kröncke den Gefahren durch den demografischen Wandel entgegenwirken und die Attraktivität Reilingens für Bürger, Gäste und Unternehmen erhöhen. Kröncke stellte seine Stärken anhand seiner vier Eigenschaften "bürgernah, überparteilich, zukunftsorientiert und kompetent" vor.
Uwe Schuppel: "Bürgernähe ist für mich kein Wahlziel, das ist für mich eine Selbstverständlichkeit - seit 25 Jahren bin ich für euch da." Selbstverständlich wäre für Schuppel die Abhaltung einer jährlichen Bürgerversammlung, möglicherweise als Neujahrsempfang im Januar. Jährlich will Schuppel auch den Reilinger Gewerbetag durchführen.
Stefan Weisbrod: Nach Vorstellung seiner fünf Topthemen aus dem "Reilinger Bürgerprogramm", sagte Weisbrod: "Ich will nicht alles umkrempeln, aber ab und zu die Rathausfenster für etwas frischen Wind öffnen." Er wolle ein Bürgermeister mit Herz für seine Mitmenschen sein in einer Gemeinde, in der sich die Menschen respektieren.
Matthias Mühleisen aus SZ
Mehr als ein Dutzend Bürger nutzt bei Kandidatenvorstellung Gelegenheit, kritisch-konstruktive Fragen zu stellen
Jugendarbeit, Öffentlicher Nahverkehr, Schulpolitik, Vereinsarbeit, Bürgerbeteiligung, Kindergärten, Umgang mit Grundwasser und Rückblick auf den Wahlkampf - es gab kaum ein Thema, das die Besucher der Kandidatenvorstellung am Freitagabend in der Mannherz-Halle nicht angesprochen haben. Weit mehr als ein Dutzend Bürger meldete sich zu Wort.
Wie erleben die Kandidaten den Umgang untereinander während des Wahlkampfs, wollte Gabriele Feth-Biedermann wissen.
Stefan Weisbrod: "Ich habe sehr viel positive Resonanz erhalten, das hat mir gut getan." Er sei stolz auf die Reilinger, wie sie sich bei Vorwürfen und Gerüchten verhalten haben. Uwe Schuppel hielt fest, dass es von Anfang an seine Strategie gewesen sei, einen ruhigen und sachlichen Wahlkampf ohne Aggressionen zu führen. "Ich verstehe mich mit jedem bestens, Gerüchte haben mich nie interessiert und nie von meinem Weg abgebracht." Otmar Geiger wies darauf hin, dass man ja auch nach der Wahl gut miteinander arbeiten wolle, da sei alles andere als ein sachlicher Umgang fehl am Platz.
Michael Astor empfindet seinen Wahlkampf als "anstrengend und schön". Er habe viele gute Gespräche geführt und dabei manchmal gemerkt, "dass Wahlkampf nicht immer das Wichtigste ist".
Thomas Kröncke möchte seine Hausbesuche mit vielen langen Gesprächen nicht missen. Aus Gerüchten und Vorwürfen habe er sich immer rausgehalten. "Es ist wichtig, dass sich alle Bewerber in die Augen sehen können."
Was die Kandidaten von einem Jugendgemeinderat halten, fragte Jürgen Katzenberger.
Uwe Schuppel sagte, als Verwaltung müsse man sich den Rat der Jugendlichen aus deren Themenbereichen holen. Ob man einen Jugendgemeinderat bildet, müsse sich aus Gesprächen ergeben.
Otmar Geiger äußerte Skepsis: "Oft schläft ein solches Projekt nach ein, zwei Jahren ein." Aber man müsse aktiv auf die Jugendlichen zugehen. Für Michael Astor ist wichtig, dass sich die Jugend mit ihrem Ort identifiziere und sich einbringe.
Thomas Kröncke schlug vor, sich zunächst zusammenzusetzen, um herauszufinden, ob es genug Jugendliche gibt, die sich zu einem Gemeinderat zusammenschließen würden.
Stefan Weisbrod fand, ein Jugendgemeinderat wirke oft abschreckend, weil er an Regularien gebunden ist.
Hubert Dietrich interessierte sich dafür, wie die Bewerber den öffentlichen Nahverkehr, insbesondere in Richtung Wiesloch-Walldorf, ausbauen wollen.
Otmar Geiger sagte, die Frage sei immer, wer das bezahlen soll. Die Gemeinde müsse genau wissen, welche Verbindung wirklich wichtig ist. Stefan Weisbrod würde zur Finanzierung größere Unternehmen mit ins Boot holen. Uwe Schuppel sagte: "Man muss mit der VRN verhandeln." Michael Astor war sicher: Wenn eine Verbindung attraktiv sei, werde sie auch genutzt. Thomas Kröncke verwies auf sein Konzept des Gemeindemarketings, bei dem auch Sponsoring durch Unternehmen eine Rolle spiele.
An Stefan Weisbrod richtete sich die Frage von Sylvia Kief: Wie wollen Sie Ihre Pläne mit längeren Öffnungszeiten der Kindergärten angesichts des Fachkräftemangels umsetzen?
Weisbrod antwortete, es gebe viele Möglichkeiten, Erzieherinnen zu rekrutieren, beispielsweise aus den östlichen Bundesländern. Er wolle einen runden Tisch einberufen, um das Thema zu diskutieren. Die Öffnungszeiten sollten punktuell und für kleine Gruppen ausgeweitet werden.
Conny Riedel wollte wissen, wie es sein könne, "dass nur über 18-jährige Vereinsmitglieder in den Sommermonaten in den Hallen trainieren dürfen".
Otmar Geiger antwortete, diese Ungleichbehandlung sei ihm nicht bewusst gewesen. Michael Astor hörte von der Problematik ebenfalls zum ersten Mal: "Da sollte man drüber reden." Stefan Weisbrod will "die Ferienbetreuung auf den Prüfstand stellen". Thomas Kröncke plädiert für die Regel "Gleiches Recht für alle". Uwe Schuppel wies darauf hin, dass die Halle nur im Falle von Reparaturarbeiten und zum Putzen geschlossen sei. "Es kann aber nicht sein, dass manche trainieren dürfen und andere nicht."
Hanna Weber aus SZ
Foto: kd

Die Bewerber präsentierten sich vor über 1000 Zuhörern
Die Bewerber präsentierten sich vor über 1000 Zuhörern
Die fünf Bürgermeister-Kandidaten stehen Rede und Antwort
Die fünf Bürgermeister-Kandidaten stehen Rede und Antwort

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