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Spargelgemeinde Reilingen (Druckversion)

Ortsgeschichte

Wir berichten

Von den "Scheißmilden" und von den "Hühnerdärmen"

[Online seit 12.06.2017]

Die
Die "Melde", in Reilingen "Scheißmilden" genannt
Wie einige Kräuter nicht im Wörterbuch stehen!
Meine Reilinger Großmutter Lina  (geb. um 1870) sprach noch von „Paradiesäpfeln“, wenn sie Tomaten meinte. Die wurden früher  nicht gegessen, weil sie angeblich giftig waren. Sie wurden zur Zierde nur auf den Schrank gestellt. Mein Vater ( geb. 1908) sagte „Ananas“ zu den Erdbeeren. Wir sagten in unserer Jugend „Erbell“ oder „Erp´l“. Unserem Biologielehrer Krämer am Gymnasium in Schwetzingen durften wir Pflanzen zum Bestimmen mitbringen. Voller Freude suchten wir einige „Scheißmilden“ aus. Er sagte mit Lächeln: Ich weiß, was ihr hören wollt, aber das ist eine „Melde“." Nebenbei : Die Melde gehört zu den Gänsefußgewächsen und hat ungefähr 300 Arten. Der Name „Melde“ ist vom „bemehlten“ Aussehen der behaarten Pflanzen abgeleitet. Man findet die Pflanze häufig auf Schuttplätzen wie auch in den Spargelkulturen oder zwischen den Kartoffeln. In schlechten Zeiten oder nach heutigem Umdenken: Man kann die junge Pflanze wie Spinat als Salat essen. Die Franzosen nennen sie „Bonne femme“  -Gute Frau!
Wer „Hühnerdärme“ zum Füttern der Hühner einsammelt, weiß nicht, dass die Pflanze „Vogelmiere“ heißt und weltweit verbreitet ist. Heute wird auch die Vogelmiere zu Salaten verarbeitet. Die Pflanze kann in einem Jahr bis zu 15 000 Samen bilden und in einem Jahr können auch zwei bis drei Genrationen wachsen.    Ein anderes „Unkraut“ ( „Wildkraut“ wie man heute sagt) ist das Franzosenkraut.  ( Richtiger Name: kleinblütiges  Knopfkraut). Es ist ein Korbblüler. Heute auch weiß man, dass es voll von Eisen und Proteinen steckt. Statt es als Unkraut zu verfluchen, sollte man es lieber als Salatgrundlage benützen. Seinen Namen bekam es aber,  als sich am Ende des 18. Jahrhunderts, und zeitlich mit den Feldzügen des Kaisers Napoleon zusammenfallend, das Unkraut rasend schnell verbreitete. So kamen die Franzosen in den Ruf, es absichtlich eingeschleppt zu haben. ( Wie später die Ami mit dem „Kartoffelkäfer!“)
Der „Flieder“ hieß bei Großmutter „Weih-blumme“ und den „Goldlack“ nannte sie  „Geehle Vaischdle“ (Gelbe Veilchen). Viele Blumen zog sie aus selbstgesammelten Samen. Wenn sie über den Friedhof ging, prüfte sie, wo die schönsten Stiefmütterchen standen. Dann zupfte sie den verblühten Fruchtstand ab und trocknete den Samen. Viele neue   „G´sischdle“ zog sie sich auf diese Art und Weise selber. Und wenn die neuen Stiefmütterchen schön in Reihe gepflanzt waren, dann wendeten sie ihre Köpfchen dem Betrachter zu. So kam der Name G´sischdle“ (Gesichtchen) voll zur Wirkung.  Die Musdistel („Musdischd´l“) gehört zu den zahlreichen Arten der Gänsedisteln.  Den Klatschmohn  („ Mohnblume“) habe ich noch nicht klatschen hören, aber der Name soll davon kommen, weil im Wind die Blüten aneinander klatschen. Er zeigt sich häufig in Getreidefeldern. Der Klatschmohn ist übrigens die Blume des Jahres 2017.!!
Durch die Behandlung mit Herbiziden sind zahlreiche Wildkräuter selten geworden.
Vielleicht finden unsere Leser noch weitere Pflanzennamen, deren Herkunft man so nicht im Wörterbuch findet!
Philipp Bickle
Scheißmilden und Klatschmohn sind zwei häufige Wildkräuter, die man früher als lästige
Scheißmilden und Klatschmohn sind zwei häufige Wildkräuter, die man früher als lästige "Unkräuter" bezeichnete, findet man heute als Salate in der modernen Küche.

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