Wir berichten
Aus der Begräbnis- und Friedhofsordnung von 1898 (Teil 2), stellenweise gekürzt!
[Online seit 27.05.2019]
§ 15 Das Leichenpersonal hat sich bei allen seinen Verrichtungen mit dem gehörigen Anstande und Ernste sowie mit der gebührenden Bescheidenheit und Höflichkeit zu benehmen. Bei der Ausübung seines Dienstes hat er stets in anständiger schwarzer Kleidung und Kopfbedeckung zu erscheinen. Der Wagenführer erhält besondere Dienstkleidung auf Kosten der Gemeindekasse.
§ 17 …. Jedes Grab für Erwachsene soll 2,10 Meter lang, 0,90 Meter breit und 1,80 Meter tief sein. Jedes Grab für Kinderunter 6 Jahren soll 1,50 Meter lang, 0,75 Zentimeter breit und 1,50 Meter tief sein. Jedes Grab muss vom anderen durch einen Zwischenraum von 0,50 Meter getrennt bleiben.
§ 19 Auf dem Friedhof ist ein Platz für besondere Begräbnisstätten einzelner Personen oder Familien vorbehalten, welche jedoch angekauft werden müssen und alsdann Eigentum der Käufer werden. In jedem einzelnen Falle werden diese Plätze von der Friedhofskommission unter thunlichster Berücksichtigung der Wünsche zugewiesen. Dem Käufer eines solchen Platzes wird hierüber eine Urkunde mit einer Gültigkeit von 40 Jahren ausgestellt. Der Platz für jede Person ohne Unterschied des Standes und Alters im Maße von 2,40 Meter lang und 1,20 Meter breit kostet 50 Mark.
§ 21 Das Verzieren der Gräber durch Tafeln, Kreuze, Säulen, kleine Obelisken und dergleichen aus Holz ist ohne besondere Erlaubnis gestattet.
§ 22 Auf den angekauften Plätzen ist jedoch das Setzen von Monumenten ohne Erlaubnis gestattet.
§ 24 Es ist strengstens untersagt, Kinder ohne Aufsicht auf dem Friedhofe umhergehen oder spielen zu lassen. Im vorkommenden Falle werden die Eltern bestraft und haftbar gemacht.
Instruction der Leichenfrauen
§ 27 In dem Todtenlager darf dem Leichnam keine ganz horizontale Lage gegeben, sondern Kopf und Brust müssen höher gelegt werden. Die Augen dürfen nicht gewaltsam zugedrückt, der Unterkiefer nicht mit einem Tuche in die Höhe gebunden, das Halstuch nicht fest an den Hals angelegt und das Gesicht nicht mit einem nassen Tuche zugedeckt werden.
Instruction für den Leichenwagenführer
§ 30 Der Leichenwagenführer hat 10 Minuten vor der Beerdigung mit dem bespannten Wagen und in seiner Dienstkleidung vor dem Sterbehaus zu erscheinen. Verspätungen werden mit Geldstrafe geahndet.
Instruction für die Todtengräber
§ 41 Sie haben ferner die Bahre, Traghölzer, Borde, Messlatte, Seile, Spaten, Schaufeln, Rechen und dergleichen zu verwahren.
§ 42 Es liegt ihnen ebenfalls ob, die Wege auf dem Friedhof zu unterhalten und zu reinigen, sowie bei jedem Schneefall von der Heidelberger Straße an bis zum Grabe zu bahnen und bei Glatteis mit Sand oder Asche zu bestreuen.
Reilingen, den 29. Oktober 1897 Bürgermeister B. Eichhorn Beglaubigt: Ratschreiber G. Simshäuser Man sieht also, die Toten wurden in Reilingen immer würdevoll beerdigt. Als Beispiel aus neuerer Zeit sehen wir das Grab von Oberlehrer Gustav Bertsch (gest.1957). Sein Grab ziert ein weißes Kreuz, welches von den Reilinger Schreinern hergestellt wurde. Ein solches Kreuz hatten nur katholische Verstorbene. Das daneben liegende Grab (ohne Kreuz) war eine evangelische Beerdigung. Erst später bekamen alle Gräber ein braunes Kreuz, wie es zuvor schon in Hockenheim üblich war. Unser zweites Bild zeigt, wie die Reilinger Feuerwehr ihrem Kameraden Werner Römpert ( gest.1972) das letzte Geleit gibt.
(Quelle: Der Bericht über die alte Begräbnisordnung entstand nach einem Bericht von Friedrich KIEF und wurde am 26.6. 2003 in den Reilinger Nachrichten Nr. 26 veröffentlicht. )
Fotos: Philipp Bickle