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Als in Schulen, Fabriken, in Gastwirtschaften und anderen öffentlichen Gebäuden ein Spucknapf stehen musste!

[Online seit 29.11.2018]

Spucknapf im Schulzimmer
Spucknapf im Schulzimmer

Um die Jahrhundertwende, also gegen 1890 gab es viele Schwindsuchtkranke. Dabei handelte es sich um die Lungenkrankheit Tuberkulose. Diese Infektionskrankheit, die auch als „weiße Pest“ oder  „bleiches Sterben“ bezeichnet wurde, glich in ihrer verheerenden Ausbreitung einer Seuche. Da im Volksmund früher die  genauen Bezeichnungen für Krankheiten nicht bekannt waren, beschrieb man einfach bestimmte typische Merkmale. Die Namensgebung „Schwindsucht“ ist einem wesentlichen Sympton zuzuschreiben, dem gravierenden Gewichtsverlust.
Um 1880 war in der Altersgruppe der 15- 40-Jährigen in Deutschland jeder zweite Todesfall durch Tuberkulose verursacht.  So starb z. B. auch Friedrich Schiller 1805 in Weimar an Tuberkulose. Die bevorzugte Therapie war u. a. eine Luftkur, bei der die Erkrankten mehrere Stunden täglich in einem Sanatorium an der freien Luft liegen mussten. Nachdem man erkannte, dass die Krankheit ansteckend ist, gab es Kampagnen zum Vermeiden des Ausspuckens auf öffentlichen Plätzen und in den Häusern.
Robert Koch beschrieb 1882 das Bakterium Mycobacterium tuberculosis und erhielt 1905 den Nobelpreis für die Entdeckung des Erregers. Später wurde als Infektionsquelle auch infizierte Kuhmilch entdeckt. Bald entdeckte man weitere Hilfsmittel bis hin zur Röntgenreihenuntersuchung . Nach dem 2. Weltkrieg und konnte  man allmählich diese Ansteckungskrankheit bekämpfen. Nach der großen Grippeepidemie im Jahre 1918 ging die Verwendung von Spucknäpfen langsam zurück und sie verschwanden allmählich komplett aus der Öffentlichkeit.
Für Reisende gab es auch „Taschenspucknäpfe“, die man beider Reise mit sich führen konnte. Am bekanntesten war der  Spucknapf „blauer Heinrich“ von dem Arzt Peter Dettweiler (1837 -1904). Er stellte 1899 sein entwickeltes Fläschlein vor. Es kostete 1,50 Mark  ( heute etwa 10 Euro) und es sollte, eine “ heilige Pflicht sein, dass ein jeder Hustende den Gebrauch dieses einfachen billigen Gerätes sich zur Auflage machen sollte!“ (Ausspruch von Dettweiler)
Auf der Verpackung  wurde das Gerät so beschrieben: „Das Taschenfläschlein für Hustende“ (nach Angaben des Geheimen Staatsrates Dr. Dettweiler, Frankenstein, T a u n u s) soll zur Aufnahme der luftrühren- und Lungenabsonderung dienen, sein Gebrauch ist einfach, reinlicher als des Taschentuchs oder Fussbodens und beseitigt jede Gefahr der Übertragung von Ansteckungsstoffen. Das Fläschchen wird zum Gebrauch fertig geliefert .Irgendwelche Desinfektions-oder Verdünnungsflüssigkeiten brauchen nicht in dasselbe gegossen zu werden, weil sie zwecklos sind und nur ein häufigeres Reinigen notwendig machen. Beim Einführen des Auswurfs tut der Hustende gut, etwas Mundspeichel mitgehen zu lassen, wodurch jener leicht und sicher in den Trichter hinab gleitet. Das Fläschchen steht sicher auf der unteren Kapsel. Es muss entleert werden, wenn der Auswurf bald den Trichter erreicht. Die völlige Reinigung geschieht leicht durch Eingiessen von kaltem oder warmem Wasser, auch 5%tiger Karbollösung, Schütteln und Auslaufenlassen aus dem unteren Reinigungsloch in den Spüleimer oder in die Abortsröhre.“
Bilder: Aus dem Reilinger Heimatmuseum : Spucknapf im Schulzimmer und zwei Taschenspucknäpfe
Philipp Bickle
Zwei Taschspucknäpfe von früher
Zwei Taschspucknäpfe von früher

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