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Als man Straftäter noch an den "Pranger" stellte

[Online seit 26.11.2018]

Wenn man heute auf meinen Mangel hinweisen will, so schreibt man diesen Mangel auf. Man kann auch sagen, man wolle dies öffentlich „anprangern“. Aber wenige Menschen wissen, wo dieser Ausdruck herkommt.

Früher, insbesondere im Mittelalter, besaßen die Städte in vielen Fällen einen „Pranger“ oder gar eine „Prangersäule“ mit  angebundener Eisenkette und einem abschließbaren Halseisen. In Rothenburg, in Erbach und vielen anderen Städten kann man diese Martergeräte noch „bewundern“. Wir finden es lustig und stecken unseren Hals gerne zum Erinnerungsfoto in dieses mittelalterliche Instrument.

In Wirklichkeit war es für die Straffälligen damals recht entwürdigend, wenn man bei Verurteilung, auch bei Kirchenstrafen, auf dem Rathausplatze oder an der Kirchentüre öffentlich vorgeführt wurde. Manchmal führte man die Verurteilten auch durch die Straßen. Aber das war nicht nur im Mittelalter so.

In den Polizei-Gesetzen von Heidelberg lesen wir unter dem  4. August 1800:
Frevel beim Aehrenlesen: Zur Verhütung der bei dem Aehrenlesen gewöhnlich sich ereignenden Frevel ist man zu verordnen geworden, daß alle diejenigen, welche sich auf einem Fruchtacker, um daselbst Aehren zu lesen, betreten lassen, ehe und bevor nicht alle Früchte von demselben heimgebracht sind, ohne Nachsicht zur Rüge noti(e)rt und bestraft, derjenige aber, welcher die Früchte auf dem Acker abzustoßen oder auszutreten sich untersteht, auf der Stelle bei dem „Directorio“ angezeigt, und ihm nicht nur ein Bündel der abgeboßten Frucht auf den Rücken gebunden, und er damit an dem Rathhause eine Stunde lang öffentlich ausgestellt, sondern auch durch den „Armendiener“ mit diesem Merkmal seines verübten Vergehens durch die ganze Stadt begleitet werden soll; wonach sich jedermann zu achten und vor Bestrafung zu hüten hat.“
Die Strafe sollte also die anderen Leute von einem solchen Vergehen abhalten. In der (damals bayerischen) Pfalz gab es diese Strafen auch. Aber am 18. November 1849 ließ der bayrische König  (von Gottes Gnaden)  Maximilian II. die Prangerstrafe aufheben. ( „…wo nach dem pfälzischen Strafgesetzbuche der Pranger die Hauptstrafe ist, tritt an dessen Stelle der Verlust der staatsbürgerlichen Rechte, und es kann auf Gefängnis bis zu fünf Jahren erkannt werden“).
Sind wir dankbar, dass diese „ehrenabschneidenden Strafen“ heute vorbei sind, und wir sie bei mittelalterlichen Ausflügen nur noch belustigend finden. 

 
Quellentext: Königlich  bayerisches Amts- und Intelligenzblatt für die Pfalz Nr. 77, Speyer, 27. November 1849  „Heidelbergs noch geltende Polizei=Gesetze vom Jahre 1800 bis Ende des Jahres 1806 von W.Deurer 1807“, Heidelberg Mohr und Zimmer, Nachdruck Chr. Krämer, Buchhandel Tübingen, Druck Müller und Baß Tübingen  Bild: „Strafjustiz in alter Zeit“, Mittelalterliches Kriminalmuseum, Rothenburg o.d.Tauber

Philipp Bickle

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