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Der Rathausplatz gestern und heute

[Online seit 27.04.2018]

Die bis 1905 auf dem heutigen Rathausplatz stehende alte katholische Kirche, nach einer Zeichnung von Konrektor Josef Müller (+ 2002).
Die bis 1905 auf dem heutigen Rathausplatz stehende alte katholische Kirche, nach einer Zeichnung von Konrektor Josef Müller (+ 2002).



Sehenswerter, lebendiger  Treffpunkt im Herzen der Gemeinde



Der Rathausplatz, wie wir ihn heute kennen,  ist das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses. Schon sehr früh nahm er eine besondere Zentrumsfunktion im Herzen der Gemeinde  ein. Denn dort stand ehemals die alte katholische Kirche. Der Saalbau mit dreiseitigem Chorschluss wurde 1789 seiner Bestimmung zugeführt und nach der Weihe des 1901 in der Hauptstraße 70 begonnenen, dem Schutzheiligen St. Wendelin geweihten Neubaus,  im Jahr 1905 abgebrochen. Der dort entstandene freie Platz wurde wegen seiner Nähe zum Rathausgebäude auch „Rathausplatz“ genannt. In der Zeit des Nationalsozialismus trug die Freifläche vorübergehend den Namen „Adolf-Hitler-Platz“.
Auf dem relativ kleinen und überschaubaren Platz spielte sich bis in die fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts das öffentliche Leben der Gemeinde ab. Dort wurde die alljährliche Kerwe abgehalten. Über die Weihnachtstage war ein großer Tannenbaum aufgestellt.

Dem wachsenden Verkehr stand vor 55 Jahren das alte Fachwerkhaus in der Hauptstraße 42 im Weg. 30 Jahre später traf es auch das linkerhand angrenzende Fachwerkgebäude mit der Hausnummer 44.
Dem wachsenden Verkehr stand vor 55 Jahren das alte Fachwerkhaus in der Hauptstraße 42 im Weg. 30 Jahre später traf es auch das linkerhand angrenzende Fachwerkgebäude mit der Hausnummer 44.

Alte Fachwerkgebäude müssen weichen



In den sechziger Jahren ist ein erster Schritt zur gestalterischen Veränderung fest zu stellen. So ist in der „Schwetzinger Zeitung“ am 26. Januar 1967 nachzulesen: „ Die Reilinger Gemeindeväter (Frauen gehörten nicht dem Gemeinderat an) bemühen sich mustergültig um die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse. So wurde an der Einmündung der Landesstraße 599 (heute Hockenheimer Straße) in die (damals noch durch den Ort führende) Bundesstraße 39 (heute Hauptstraße) ein altes Anwesen abgerissen, um dort 30 Parkplätze zu gewinnen.“
Schon vor 55 Jahren, als der Reilinger Fotograf und Chronist Siegfried von Sagunski im Jahr 1963 das besagte  Fachwerkgebäude in der Hauptstraße 42 ablichtete, blieb die Frage nach dem wahren Alter dieses Anwesens unbeantwortet. Es soll damals wenigstens zwei Jahrhunderte alt gewesen sein und unter den Hausveteranen des Ortes an vorderster Stelle rangiert haben. An der Außenfassade ist noch ein Lautsprecher der damaligen Ortsrufanlage zu erkennen. Das Gebäude war im Eigentum der Gemeinde und bis 1960 von Lina (genannt Lisette) Hager geborene  Bickle, ehemals „Metzger Schneiders“ bewohnt. Der Ehemann Ludwig Hager war Ende 1944 nicht mehr aus dem Krieg zurückgekehrt und galt als vermisst. Damit wurden vier Kinder im Alter von 11 Jahren und jünger zu Halbwaisen.
Das älteste Kind trägt den Namen „Walter“, ist heute stolze 85 Jahre alt und wohnt mit seiner Familie seit 1956 in Altrip. Er erinnert sich noch gerne an seine Kindheit und Schulzeit in Reilingen sowie an den freien Platz neben seinem Elternhaus. In der Scheune auf dem hinteren Grundstücksteil sei auch der Beerdigungswagen der Gemeinde untergestellt gewesen, erzählt er. Denn bis 1957 wurden die Verstorbenen noch mit einem pferdegezogenen Leichenwagen vom Sterbehaus durch die Ortsstraßen auf der viel befahrenen Bundesstraße 39 zum Friedhof am Heidelberger Weg gebracht.
Walter Hager ist erstaunt, was aus der damaligen, landwirtschaftlich geprägten Gemeinde geworden ist, welchen enormen Aufschwung das Gemeinwesen genommen hat.  Noch heute verfolgt er mit großem Interesse aus der Ferne das Ortsgeschehen. Natürlich interessiert ihn auch der Werdegang der ehemaligen, zur dieser Zeit unter Leitung von Fritz Stephan stehende Feuerwehrkapelle, der er noch bis 1962 die Treue gehalten hat.


Der wenig ansprechende Rathausparkplatz im Jahr 1983.
Der wenig ansprechende Rathausparkplatz im Jahr 1983.

Ortskernsanierung ermöglicht heutiges Aussehen



Das Nachbaranwesen mit der Hausnummer 44 wurde erst 1993 im Rahmen der Ortskernsanierung abgerissen. Es war damals 150 Jahre alt (Baujahr 1843) und schon in einem sehr baufälligen Zustand. Einem Beitrag in den „Reilinger Nachrichten“ vom 07. Oktober 1993 ist zu entnehmen, dass  in dem Gebäude schon im 19. Jahrhundert die Metzgerei von Michael Bickle (vermutlich ab 1848) und  später von Georg Astor untergebracht war. Zuletzt wurde die Metzgerei von der Familie Krämer betrieben. 1937 erwarb der Landwirt Ernst Vögele das Haus. In den letzten Jahrzehnten jedoch wurde das Anwesen als Wohngebäude genutzt und ging nach mehrmaligem Eigentümerwechsel in das Eigentum der Gemeinde über. Im vorderen Grundstücksbereich wurde das heute sichtbare  Wohn- und Geschäftshaus errichtet und eine rückwärtige Teilfläche dem Außenbereich des Rathauses zugeschlagen.
Mit dem im September 1996 eingeweihten, erweiterten Rathausgebäude, erhielt der Rathausplatz sein heutiges Aussehen. Seither ist der Platzbereich autofrei. Aus den  trostlosen Parkflächen ist ein aufwändig mit Naturstein gestalteter Freibereich entstanden, den ein Dorfbrunnen und ein Zunftbaum schmücken. Schatten spendende Kastanienbäume schirmen den Bereich zur angrenzenden Haupt- und Hockenheimer Straße ab. Sitzbänke laden zum Verweilen ein. Der Platz ist wieder das, was er ehemals in allerdings kleinerer Ausführung war. Ein sehenswerter, lebendiger Treffpunkt der Gemeinde, wie man beispielsweise beim alljährlichen Adventsmarkt oder Zunftbaumfest feststellen kann.  (jd)


Fotos: svs (1), jd (1), le (2)

Der Rathausplatz hat sich entscheidend zu seinem Vorteil verändert und ist zurecht ein nicht mehr weg zu denkender Mittelpunkt der Gemeinde.
Der Rathausplatz hat sich entscheidend zu seinem Vorteil verändert und ist zurecht ein nicht mehr weg zu denkender Mittelpunkt der Gemeinde.

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