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Vom Welschkorn (Mais)

[Online seit 12.03.2018]

Als ich heute aus dem Heimatmuseum einige Maiskolben und das „Ausbrockelwerkzeug“ nach Hause brachte, zeigte ich es unserer jungen Nachbarin und sagte, ich wolle heute eine Geschichte übers „Welschkorn“, schreiben. Da fragte sie was „Welschkorn“ sei. Sie kennt nur das moderne Wort „Mais“. Für uns als Kinder war dies ein Alltagserlebnis, denn jedes Jahr, wenn der Mais reif war, wurden die Kolben vorsichtig aufgemacht, die weißen Hüllblätter zurück geschlagen, und dann zum Trockenen unter einem Dachvorsprung aufgehängt. Bei Bedarf wurden dann die Kolben abgenommen und die gelben Körner wurden für Hühnerfutter „ausgebrockelt“. Meine Erinnerung geht auf das Jahr 1947 zurück. Mein Bruder Rudolf und ich hatten keine Lust zu dieser Arbeit. Als meine Mutter (eigentlich eine herzensgute Frau!) das merkte, sollte es Schläge geben. Mein großer Bruder lief schnell davon, aber mich den kleinsten, erwischte sie. Mit dem „Kehrwisch“ gab es eine Abreibung. Um mich mit den Händen zu schützen, hielt ich sie auf die verlängerte Rückseite. Mein kleiner Finger ging dabei zu Bruch. Im Sprechzimmer von Dr. Wilhelm Hetzel, sage der Arzt zu mir: „Das ist nicht schlimm! Du wirst doch noch Soldat und Großvater werden!“ Beides ist eingetroffen, aber mein kleiner rechter Finger ist bis heute krumm geblieben! Auf die Idee, heute über den Mais zu berichten, brachte mich Gisela Hoffmann (Neulußheim), welche uns in der letzten Woche das schöne Bild vom zugefrorenen Rhein auf die Redaktion brachte. Sie sagte, sie hätte auch noch ein Bild, das sie in der Familie nur das „Reilinger Welschkornbild“ genannt hätten. Das Bild zeigt einen Schubkarren, schwer beladen mit grünem Welschkorn, welches zu Hause wohl als Grünfutter verwendet wurde. Zu einer kleinen Pause sitzt Mutter Anna Schöner geb. Zahn mit Sohn Karl (geb. 1925) und Tochter Emma (geb. 1923, verh. Stief ) am Ackerrand unter einem Baum. Dem Fotografen schaut auch noch ein Radfahrer zu. Das Bild mag um 1930 entstanden sein. (Für mich ist es eines der schönsten Bilder, welches ich in meiner Tätigkeit als Chronist in den letzten 30 Jahren gesehen habe! Alle Personen sind so natürlich abgebildet, nichts sieht gekünstelt aus. Auch keiner hat „Angst“ vor dem Fotografen!) Die Geschichte des „Welschkorns“ oder „Türkenkorn“ genannten Gewächses ist sehr alt. Die Wiege der Pflanze stand wohl im Reich der Azteken, Inkas und Mayas. Am 4. März 1493 brachte Christoph Kolumbus den ersten Maiskolben in die „Alte Welt“. Von Spanien und Portugal ausverbreitete sich der Mais über Frankreich und Italien bis nach Vorderasien. Schon 1525 wurde Mais in der Türkei (Andalusien) angebaut. Erst über den Umweg gelangte der Mais nach Mitteleuropa, was ihm den Namen „Türkenkorn“ oder „Welschkorn“ („ nicht deutschsprachig“) oder in östlichen Ländern als „Kukuruz“ erbrachte. Zum besseren Entfernen der Körner benutzte man einen „Maisrebler. (Dies war ein Gerät mit einem Zackenrand (Bild aus dem Heimatmuseum Reilingen). Später gab es noch größere Geräte, welche mit einer Kurbel das Entfernen der Körner erleichterten. Die eigentlich weitere Geschichte des Maisanbaues wollen wir uns ersparen. Der Mais diente als Silofutter. Der Mais wurde zu einer Monokultur, sehr zum Schaden der Böden, der Insekten und Tiere. Der Mais wurde zu Stärke und Maismehl verarbeitet. Schließlich wurden Pflanzen noch genverändert angebaut und sogar zu Biosprit oder Biogas verarbeitet. Ganze Felder waren so mit Mais bebaut, Klee und andere Futter- und Bienenkräuter fehlten. Als Wortanspielung sagte man, die Felder wären „vermaist“. Philipp Bickle

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