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Vom Ährenlesen

[Online seit 11.01.2018]

Nach dem Kriege 1945 waren die Lebensmittel knapp und viele Warengruppen konnte man nur über „Lebensmittelkarten“ erhalten. Bei uns im ländlichen Raum waren viele Menschen noch Selbstversorger, weil sie entweder Landwirte waren oder als Fabrikarbeiter meist noch einige Äckerchen besaßen. Dazu hielt man sich Hühner, Hasen oder ein Schwein.
Hatte ein Bauer seinen Acker abgeerntet, so blieben oft noch Reste im Boden zurück, welche später „untergezackert“(gepflügt) wurden. Wenn es z. B. ein Kornacker war, so sammelte man nach  dem Abmähen des Korns und nach dem Transport zur „Dreschmaschine“ die abgebrochenen Ähren mit einem Sack. Diese wurden dann zum Füttern der Hühner verwendet. War es ein Kartoffelacker, so wurde die Erde nochmals mit einer Zinkenhacke durchsucht und jede vergessene Kartoffel mit Freude eingesackt. Mit den gefundenen Kartoffeln wurde dann das Essen gekocht oder die Schweine und Hühner versorgt. Man nannte diese Suche „Kartoffelstupfeln“. Wollte der Landwirt aber selbst seinen Acker noch nachernten, dann steckte er einen  „Strohwisch“ auf den Acker und dieses Zeichen verbot jegliches Ährenlesen oder “Kartoffelstupfeln“. Der Strohwisch ist ein altes Rechtsmittel, schon vom Mittelalter her bekannt. Er verbot das Betreten oder Beweiden eines Grundstückes für Schäfer. In einer Verordnung heißt es: … nach völliger Aberntung eines Ackers, kann der Besitzer durch einen Strowisch verbieten, dass sein Acker betreten werden darf“.
Natürlich gab es schon oft Notzeiten im Laufe der Geschichte, so dass ärmere Leute sich auf das Nachernten auf Äckern einstellen mussten. Waren es in Reilingen nach dem Kriege die  Feldschützer Krämer, Philipp Hoffmann und Wilhelm Oberacker) welche aufpassten dass dort nicht zusammengelesen werden durfte, so wurde um 1800 dieses Vergehen in Heidelberg viel strenger bestraft.   
Heidelberg, den 4. August 1800. Frevel beim Aehrenlesen
„Zur Verhütung der bei dem Aehrenlesen gewöhnlich sich ereignenden Frevel ist man zu verordnen bewogen worden, dass alle diejenigen, welche sich auf einem Fruchtacker, um daselbst Aehren zu lesen, betreten lassen, ehe und bevor nicht alle Früchte von demselben hinweggebracht sind, ohne Nachsicht zur Rüge notiert und bestraft, derjenige, welcher die Früchte auf dem Acker abzustoßen oder auszutreten sich untersteht, auf der Stelle (bei dem Directio) angezeigt, und ihm nicht nur ein Bündel der abgeboßten (?) Frucht auf den Rücken gebunden, und er damit an dem Rathause eine Stunde lang öffentlich ausgestellt, sondern auch durch den Armendiener mit diesem Merkmal seines verübten Vergehens durch die ganze Stadt begleitet werden soll;  wornach sich jedermann zu achten und vor Bestrafung zu hüten hat.“
Philipp Bickle

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