Wir berichten
Als (Hand-) Leiterwagen und Fahrradanhänger wichtige Transportmittel waren
[Online seit 08.05.2017]
Vor dem 2. Weltkrieg und gleich danach gab es in Reilingen wenig private PKWs. Wer Lasten zu befördern hatte, der nannte meist ein Leiterwägelchen sein eigen. Freitags fuhr ich mit Großvater (so um 1948) mit dem Leiterwagen zum Stumpengraben („owwe naus“). Auf dem Heimweg durfte ich Großvater beim Ziehen helfen. Wenn beim Heimweg man am Sportplatz vorbei war, lief das Wägelchen ganz leicht, denn da war früher eine alte Kraichbachschlinge und die neue Hauptstraße ging da leicht abwärts. Bei Regen sammelte sich dort auch immer eine Menge Wasser an. Zuhause in der Kirchenstraße gab es dann (freitags, fleischfrei!) meist „Grießknepf“ mit Dörrobst und viel „Brieh“.
Großvater Christian Bickle hatte zu Hause auch zwei Ziegen. Für ihre Ernährung hatte er ein Stück Bachdamm (hinter dem Wersauer Hof) am Kaltbach gepachtet. Dort mähte er alle paar Tage Gras ab. Dann rechnete er es zusammen, wickelte das Gras in eine Zeltbahn und trug es auf der Schulter einen Acker entlang zum Leiterwagen. Von dort wurde es dann nach Hause gefahren. Wenn es im Spätherbst Weißrüben gab, wurden auch sie mit dem Handwagen nach Hause gekarrt. Ebenso wurden Kartoffel und Kohlen mit dem Handwägelchen transportiert. Oftmals konnte man hierzu auch Haustiere zum Transport einspannen. Dazu gab es vom Sattler aus Leder hergestellte kleine Kummets.
Besonders beeindruckend fand ich es, als unser Nachbar Johann Hauser ( in der Ziegelgasse 35) beim Arbeiten auf dem Feld einen Hitzschlag erlitt, und man ihn dann mit dem Leiterwägelchen nach Hause transportierte. Das war etwa 1947. Er ist aber wieder gesund geworden.
Mein Onkel Heinrich Bickle in Hockenheim hatte eine schlachtreife Ziege. Sie wurde mit einer Zeltbahn eingepackt und auf dem Wägelchen nach Reilingen transportiert. Nur der Kopf sah heraus. Die noch Milch gebende meines Opas wurde ebenso verpackt und nach Hockenheim verbracht. Fragte da ein Hockenheimer Lausbub: „ Vetter, fahrt ihr Eure Ziegen spazieren“
Unvergessen sei auch die „Ölfrau Christine Keusch“ aus der Wörschgasse 1. Sie fuhr mit ihrem Handwagen von Haus zu Haus und versorgte ihre „Kundinnen“ mit Speiseöl und anderen Haushaltungsmitteln. Später übernahmen dann die luftbereiften Fahrradanhänger den Lastentransport. Heute gibt es in fast jedem Haushalt ein oder mehrere Autos, welche natürlich ausgiebigen Parkplatz benötigen, so dass es nur noch eingeschränkte Parklücken in den Haupt- und Seitenstraßen gibt.
Philipp Bickle