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Von "Schoofherdle" und "Herzdrückern"oder "Wenn ein Birnbaum erzählen könnte!"

[Online seit 06.03.2017]

Karl Weißbrodt und Eugen Leicht vor der hydraulischen Kelter bei der Mostherstellung in der Ziegelgasse
Karl Weißbrodt und Eugen Leicht vor der hydraulischen Kelter bei der Mostherstellung in der Ziegelgasse
Alter, "eingepackter" Obstbaum im Baugebiet
Alter, "eingepackter" Obstbaum im Baugebiet "Herten", um ihn bei den Bauarbeiten nicht zu beschädigen und in dem Neubaugebiet als lebendiges Denkmal der Vergangenheit zu erhalten.
Als ich kürzlich durch das neue Baugebiet in der „Herten“ wanderte, stellte ich fest, mit welchen Mühen man alte Obstbäume verpackt hatte, um sie bei den Bauarbeiten nicht zu beschädigen und sie in dem Neubaugebiet als lebendige Denkmale der Vergangenheit zu erhalten.
Als ich ein Kind war, (so etwa 1945 bis 1955) standen auf den Reilinger Äckern noch viele Obstbäume. Besonders gern erinnere ich mich daran, wenn es Herbst wurde und die saftigen „Schweizer Wasserbirnen“ vom Baume auf die Straße fielen und aufplatzten. Schnell biss man in die saftigen Birnen, bevor sie sich dunkel färbten oder sich die Wespen ebenfalls an dem süßen Saft ergötzten. Eine andere Birnensorte waren die „Herzdrücker“, die freilich kaum zum Essen taugten, aber eine guten Most ergaben.
Unsere Nachbarsleute hatten direkt neben unserem „Puhl-Loch“ (Jauchegrube) einen Baum mit „Schoofherdle“-Birnen ( Schafhirte). Die waren nicht groß, aber wenn sie gelb wurden, schmeckten sie herrlich. Sie fielen über die nachbarliche Grenze in unsere „Mistkaut“ (Sammelstelle für den Ziegen- und Schweinemist.) Da das Stroh eine weiche Unterlage für das Fallgut bildete, blieben die meisten Birnen heil, wurden kurz gesäubert und dann verzehrt. Ich glaube, sie waren trotz der Absturzstelle „Misthaufen“ gesünder als das heute gekaufte, gespritzte Markenobst.
Die Birnen wurden aber auch mit dem Messer in „Schnitze“ geteilt. Sie kamen dann auf eine geflochtene hölzerne Horde („Hörrdl“) und kamen dann zum „Voggl-Bäcker“an der Ecke Kirchen-/Wilhelmstraße, wo sie nach dem Brot- oder Kuchenbacken in den sich abkühlenden Backofen gelegt wurden, um dort schnell gedörrt zu werden. Im Winter gab es dann freitags, „Griesknepf unn Biereschnitz“ mit viel „Brieh“.
Zum Mosten ging man früher zu „Dagenbachs“(Glaserei Dagenbach in der Hauptstraße), zu Küfer Ludwig Althaus ( heute „Rewe“ in der Hauptstraße) oder zu Eugen Leicht, erst links neben der evangelischen Kirche, heute Seniorenheim),später dann in der Ziegelgasse Nr. 33 (in dem Haus des Schwiegervaters Weißbrodt). Wenige Leute hatten auch zu Hause einen „Muser“ oder eine Obstmühle und eine kleine Presse, mit welcher sie Selbstversorger für den eigenen Most waren.
Wenn der Most über Winter getrunken war, kamen die Fässer zu Küfer Eugen Leicht, wo sie geputzt, eventuell repariert, abgedichtet und nachdem sie geschwefelt waren, wieder für den nächsten Mostjahrgang bereit standen. Er beherrschte aber auch die Fertigkeit, neue Fässer selbst herzustellen, wie die alten Bilder aus der Familie Horst Hocker und seiner Ehefrau Helga geb. Leicht zeigen
Philipp Bickle
Küfer Eugen Leicht vor den neuen Fässern
Küfer Eugen Leicht vor den neuen Fässern

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