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Als Urgroßvater die Urgroßmutter freite - Partnersuche damals und heute

[Online seit 09.02.2015]

"Partnersuche immer öfter virtuell!" so lesen wir in der heutigen Sonntagsausgabe unserer Zeitung. "Man kann aus Hunderttausenden Menschen auswählen, und erhöht so die Chance, einen passenden Partner zu finden. Das finden viel bequem, zumal sie mit der Jogginghose auf der Couch sitzen können.....Im Internet weiß man sehr schnell sehr viel voneinander. Man ist offener. Das ist ein entscheidender Vorteil...!"
Freilich gibt es hierzu auch Dienste, welche sich gegen (gute) Bezahlung durch ein bestimmtes System es alle 11 Minuten zu einer glücklichen Begegnung bringen könnten.
Früher gab es auch viele Bemühungen, bis man bedingt durch Standesdünkel, Armut, vermutetem Reichtum oder einer bestimmten Religionszugehörigkeit zugehörig einen passenden Partner finden konnte. Die Reisemöglichkeiten waren eingeschränkt, so dass man seinen Partner in der Schule, in der Kirche, in der Nachbarschaft, beim Kerwetanz oder beim sonntäglichen Spazierengehen (" Bussierweegl", kleiner Poussierweg im Wald) kennenlernte. Bei Schwierigkeiten setzte man ein Inserat in die Zeitung oder ins Kirchenblättchen, um dort die oder den passenden Partner zu finden. Oftmals gab aber auch ein danebenliegendes Grundstück oder ein eigenes Haus einen Antriebsgrund für die zu erwartende Partnerschaft. Wenn man in dem entstehenden Reilinger Familienbuch nach liest, kann man manche Geschichten dazu nachempfinden. Auch der Volksmund sagt: " Wer nix erheiratet oder erbt, bleibt so arm, bis dass er sterbt!" "Wer arme Eltern hat, kann nix dävor, awwer wer arme Schwiehrleit hott, isch sellwa schuld!" Personen, welche unverheiratet waren wurden "alt-leddische" (alt und ledig) genannt, und mussten oft in der Familie des verheirateten Angehörigen gegen "Koschdd" und "Loschieh" mitarbeiten. Aber freilich war auch das "Liebesleben" der neu entstehenden Liebespaare nicht einfach. Ich zitiere hier aus einem "Rezeptbuch", das wohl um 1920 geschrieben wurde.
Aus " Der Brautstand" (Praktisches Rezeptbuch, ein Lehrkurs der zweckmäßigen Hauswirtschaft, Verlag Ehlers, Konstanz a. B. o. J., etwa 1920):"Hat das junge Mädchen dem Bewerber sein Jawort ("Verlobung") gegeben und haben auch ihre Eltern ihrem Bund zugestimmt, so beginnt für die beiden jungen Leute die Zeit des Brautstandes. Mancherlei neue Pflichten und Rechte eröffnen sich. Der Rechte gibt es freilich nicht viele. Der Bräutigam darf, wenn dies ausführbar ist, seine Braut täglich besuchen .Das vertrauliche "Du" hat das "Sie" inzwischen verdrängt. Beim Kommen und Gehen dürfen die Verlobten einander küssen. Sind Freunde zugegen, so wird der Bräutigam seiner Braut nur die Hand küssen. Die Braut soll immer die feinere Empfindende, Zurückhaltende sein, sie soll nötigenfalls ihren Verlobten in nicht mißzuverstehender leiser Abwehr an die erforderliche Zurückweisung mahnen.
Früher war es durchaus unstatthaft, dass Verlobte längere Zeit miteinander allein blieben. Ob dies nun im Hause, auf Spaziergängen usw. war, stets und überall war die Mitanwesenheit der Mutter, der Schwester oder eine sonstigen Verwandten vorgeschrieben. Jetzt denkt man in dieser Beziehung viel freier, und der Verkehr zwischen den Brautleuten wird keineswegs mehr so engherzig beschränkt. Sie können also auch allein spazieren gehen, ein Theater besuchen usw. Nur größere Ausflüge, welche länger als eine Tag währen, sind zu vermeiden."
Philipp Bickle
Verlobtes Paar mit "Aufpasserin " Foto aus Privatbesitz
Verlobtes Paar mit "Aufpasserin " Foto aus Privatbesitz
Verhalten im Gasthaus aus "Merkbüchlein des Anstandes und guten Tones", Leipzig (um 1914)
Verhalten im Gasthaus aus "Merkbüchlein des Anstandes und guten Tones", Leipzig (um 1914)
Um 1914 Heiratsanzeige aus "Blätter für die deutsche Hausfrau " als Beilage zur "Illustrierten Landwirtschaftlichen Zeitung Berlin 1914
Um 1914 Heiratsanzeige aus "Blätter für die deutsche Hausfrau " als Beilage zur "Illustrierten Landwirtschaftlichen Zeitung Berlin 1914

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