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Die Cego-Gesellschaft von Reilingen

[Online seit 23.06.2020]

Die Cego-Gesellschaft von Reilingen


Das Kartenspielen war nicht immer gut angesehen. So schreibt  der schottische Schriftsteller Walter Scott (1771 – 1832): „Wer das Leben damit vertändelt, dass er an einem grün überzogenen Tische Blättchen von bemalter Pappe mit anderen austauscht, um eine Scheidemünze (= wenig Geld) zu gewinnen, den kann nur Thorheit oder Altersschwäche entschuldigen. Es ist gerade, als ob man ein Wiegenpferd („Schockelgaul“) reite, wo einen die äußerste Anstrengung auch nicht um eines Fußes Breite weiter vorwärts bringt; es ist eine geistige Tretmühle, worin man beständig emporsteigt, ohne jeweils einen Zoll breit höher zu kommen.“ „ Diesem strengen Urteil“, so schreibt das „Schatzkästlein des guten Rats“ von 1888,  „pflichten nun alle Menschen nicht bei, sondern finden im Gegenteile im Kartenspiele eine angenehme Erholung, eine leichte geistige Beschäftigung, eine anziehende An- und Aufregung und gesellige Unterhaltung. Man hört sogar die Ansicht, dass zu einer vollkommenen Weltbildung auch die Fähigkeit gehöre, einige der feineren Kartenspiele  (Skat, Whist u. a. , bestimmt auch Cego!)  spielen zu können.“

Cegogesellschaft  Reilingen 1909 (aus dem Heimatmuseum)
Cegogesellschaft Reilingen 1909 (aus dem Heimatmuseum)

Nun diese feinere Herrengesellschaft (!!) traf sich schon mindestens seit 1890 im Nebenzimmer des Löwen. Sie waren wohl „bessere Leut“ und kamen in der Welt herum. Eine Postkarte aus der Sammlung von Theo Busch wurde 1898 von Ostende ( Belgien) an die „Cegoisten“ im „Nebenzimmer des Löwen “gesandt. Die Postkarte  ist beschrieben „Reilingen ( Baden )“, da es noch keine Postleitzahlen gab, steht zur weiteren Anleitung darauf „(  via Coeln – Heidelberg ).

einige der 54 Cegokarten
einige der 54 Cegokarten

1913 wurde erst ein „richtiger“ Verein gegründet. Darin war die soziale Oberschicht Dorfes versammelt:  Pfarrer, Arzt, Kaufleute, Mühlenbesitzer, Bürgermeister, Beamte wie des Accisors  (Steuereinnehmer),  Ratschreiber, Postverwalter, Lehrer, reiche und angesehene Landwirte. Zwei Namen konnte uns Werner Weißbrodt benennen. Im Bildausschnitt ist  sein Großvater (mütterlichseits) und Wirt vom“ Löwen“  Michael  Adolf ( geb. 1873, gest. 1951, obere Reihe rechts außen ) und der Besitzer vom Wersauer Hof  Heinrich Zahn ( geb. 1879, gest. 1931, untere Reihe, erster von  links).
Aus den Statuten:„Mitglieder sind nur solche ansässigen Herren (!!), die einen guten Leumund besitzen und von deren Vermögen, ihres Standes, ihrer Bildung und ihres Betragens eine verträgliche Geselligkeit zu erwarten ist.“

Karte aus Ostende (1898, von Theo Busch)
Karte aus Ostende (1898, von Theo Busch)

Als offizieller  Gesellschaftsabend wurde der Samstagabend gewählt. Man wollte aber für drei weitere Tage in der Woche eine  „verlängerte Polizeistunde“  haben. Dies wurde abgelehnt. Später durften sie dienstagabends bis ein Uhr nachts im Gasthaus bleiben.
1906 feierte man ein großes Fest. Eine befreundete Gesellschaft aus Plankstadt war zu Gast. Es gab Konzert, Musik und Tanz in allen Räumen. Das Gasthaus war  für andere Besucher geschlossen. 1909  ist die letzte Nachricht vom Verein vorhanden. Wie lange der Verein noch bestand, ist nicht bekannt.
Als Konkurrenz bestand damals noch eine „Casino-Gesellschaft“. Aber aus Sicht der „Cego- Mitglieder“ waren diese Leute „unter ihrem Stand“, obwohl Bürgermeister Eichhorn und der Ratschreiber Mitglied der „Casino-Gesellschaft“  waren.  
Bilder: Ausschnitt:  Cegogesellschaft  Reilingen 1909 (aus dem Heimatmuseum)   -  Karte aus Ostende (1898, von Theo Busch)   ---    einige der 54 Cegokarten
Philipp Bickle/Fotos: Philipp Bickle

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