Wir berichten
Allerlei aus Großmutters Nähkästchen (Teil 2): Der "Nähstein" und die "Holzschraube"
[Online seit 18.02.2020]
Als wir 1985 unser Heimatmuseum einrichteten, gab uns Frau Emilie Römpert geb. Schell, die Mutter des Museumsleiters Bernhard Römpert, wichtige Informationen über alte Nähtechniken, welche schon fast in Vergessenheit geraten waren. Sie war in ihrer Jugend in der Schweiz in einem besseren Haushalt „in Stellung“ gewesen und hatte dort von ihrer Herrin, der „Frau Doktor“, wie sie immer erzählte, viel Praktisches für den Haushalt gelernt. Ein Stück davon wollen wir heute vorstellen: es ist ein“ Nähstein“, gewissermaßen ein Schraubstock“ für die Schneiderin.
Frau Römpert fertigte für unser Museum einen solchen Stein, den wir hier im Bild sehen. Es ist ein Backstein (Pflasterstein), der in Stoff eingenäht wird. Die Oberfläche wird mit weiteren Stoffschichten verdickt, um später daran mit Nadeln das zu bearbeitende Kleidungsstück zu befestigen, so dass es alleine auf dem Stein und Tisch liegen bleibt. So hat die Näherin dann beide Hände frei, um ihre Näh- oder Stopfarbeit an dem defekten Kleidungstück durchführen zu können. Aus hübschem Stoff gefertigt, wurde der Nähstein neben dem selbstgemachten Nähkissen zu einem hübschen Schmuck für Großmutters Nähkästchen.
In einem Schneiderinnenbuch von 1902 lesen wir: „ Ein neuer Nähstein Als ein praktisches Nähgerät hat das Patentbureau Sack in Leipzig den obenstehend abgebildeten elegant und solid hergestellten Nähstein eingeführt. Die schwere Grundplatte gestattet leicht das Anstecken des zu nähenden Stoffes.“
Da wir im Heimatmuseum einen weiteren antiken Nähstein besitzen, hat unsere Museumsleiterin Cornelia Sommer-Stojek einen solchen Nähvorgang in der „guten Stube“ des Museums nachgestellt.
Manchmal verwendete man auch eine gedrechselte „Holzschraube“, mit der man das Kleidungsstück am Tisch befestigen konnte. Unsere Großmütter wussten sich halt zu helfen!!
Philipp Bickle/Fotos: Philipp Bickle
